Drachengasse 13, Band 01: Schrecken über Bondingor (German Edition)
für ihre Zauberexpertin einkaufen .“ Dabei deutete sie auf den Zettel, den sie mitgebracht hatte. „Hier stehen die Zutaten, die ich für meinen Trank brauche. Ich habe dazugeschrieben, wo ihr sie bekommt. Sobald ihr alles habt, treffen wir uns wieder hier, in Ordnung ?“
„Und was machst du ?“ , fragte Sando. Er spähte auf die Liste, die er mit wachsendem Unglauben vorzulesen begann. „Während wir unser sauer erspartes Geld für … ein Tütchen Feenblütenstaub, Einhorntränen und Weidenwurz ausgeben ?“
„Ich bereite hier alles vor “ , antwortete Hanissa. „Wenn wir uns die Arbeit teilen, geht es schneller – die Zeit läuft uns davon. Also: Ihr kauft ein, ich sorge für den Rest .“
Kurz darauf eilten Sando und Tomrin wieder durch Bondingors Straßen. Die Liste in der Hand, klapperten sie die Händler ab, die Hanissa ihnen genannt hatte. Dabei kamen sie in Geschäfte, die selbst Sando nie zuvor gesehen hatte. Sie besuchten muffig riechende Keller und staubige Dachbodenkammern, brodelnde Alchemistenküchen und Hinterhofbuden, die nicht größer als Sandos Zimmer über Gumps Brandung waren. Überall reihten sich Pulverdosen hinter hölzernen Tresen, getrocknete Kräuter hingen von niedrigen Decken, und Gläser voll eingelegter Kuriositäten zierten die Regale.
„Zauberbedarf “ , murmelte Tomrin, als sie einen dieser eigenartigen Läden wieder verließen. „Ich hätte nie gedacht, dass ich mal Geld für Einhorntränen ausgeben würde .“
Sando nickte und sah nach der nächsten Zutat auf ihrem Zettel. „Oder für … gestampfte Ratte ?“ Ungläubig starrte er den Eintrag an. „Meint die das etwa ernst ?“
Tomrin zuckte nur mit den Achseln. „Osrum schwört darauf. Er sagt, Jungdrachen mögen das .“
„Mag ja stimmen, aber … “ Sando wirkte ein wenig fassungslos. „Getrocknete Weißdornblätter, Irrlichtkristalle – das klingt wenigstens nach Dingen, die gute Magie bewirken können. Aber Rattenbrei? Pfui !“
„ Du musst den Zaubertrank ja nicht probieren “ , sagte Tomrin. Ein Grinsen breitete sich auf seinem Gesicht aus. „Im Gegenteil, du lässt besser die Finger davon. Sonst ist dein Onkel nachher der Größere von euch beiden .“
„Blödmann .“ Sando knuffte ihn in die Seite. Lachend setzten sie ihren Weg fort.
Auf halbem Weg zum Marktplatz sahen sie die Verwüstung aus nächster Nähe, die Fleck in der Nacht verursacht hatte: Die Metzgerei Glücksschwein war ein einziges Schlachtfeld! Durch ein großes Loch in der Hauswand konnte man in den Laden sehen. Die Tür, die hinter der hölzernen Theke ins Lager führte, taugte nur noch als Brennholz. Man musste kein Hellseher sein, um zu ahnen: Der Nachtfresser hatte kaum ein Stück Frischfleisch übrig gelassen.
Vor dem Laden standen zwei Soldaten der Stadtgarde und überwachten ein paar Männer, die versuchten, das wenige Hab und Gut zu bergen, das noch heil war. Eine kleine Menge Schaulustiger beobachtete sie dabei. Auf einem Hocker neben dem Eingang saß ein dicker Geselle mit breiter Mütze und niedergeschlagener Miene. Das musste der Metzger sein.
„Lass uns schnell weitergehen, ja ?“ , bat Tomrin leise. Der Anblick der Zerstörung machte ihm ein schlechtes Gewissen. Sie wussten, wo sich der Nachtfresser verbarg, aber sie hielten es geheim. Natürlich taten sie das, um Fleck zu helfen. Aber dieser arme Kerl hatte es in der vergangenen Nacht ausbaden müssen.
„Mhm .“ Sando nickte. Ihm schien es nicht anders zu gehen.
Sie wollten den Ort des Geschehens gerade verlassen, da erscholl lautes Hufgeklapper aus einer Seitenstraße. Ein prachtvolles Schlachtross bog um die Ecke und schritt auf das unglückliche Glücksschwein zu. Selten hatte Tomrin ein schöneres Tier als diesen geschmückten und gerüsteten Braunen gesehen.
In seinem Sattel saß ein Mann, der nicht weniger nobel wirkte. Es war ein braun gebrannter Hüne. Schulterlanges blondes Haar fiel ihm wallend in den Nacken und glänzte im Licht der Morgensonne. Seine Kleidung war schwarz, und sie bestand fast nur aus Leder, das mit silbernen Nieten besetzt war. An seiner Seite hing ein Schwert, das so riesig war, als könne man damit ein ganzes Rind mit einem einzigen Hieb durchschlagen. Der Mann lächelte ununterbrochen, sodass seine strahlend weißen Zähne zu sehen waren. Und anstatt die Zügel des Pferdes zu halten, hatte er die Arme vor der Brust verschränkt. Macht Platz, hier komme ich , schien seine ganze heldenhafte Gestalt zu rufen.
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