Drachengasse 13, Band 02
Also, wenn es sich um böse Geister handelt .“
Der alte Zauberer faltete die Hände hinter dem Rücken. „Es kommt darauf an, ob man sie wirklich vernichten oder nur abschrecken möchte .“
„Nur abschrecken “ , sagte Hanissa. Das würde für ihre Zwecke reichen.
„Nun, dafür genügt für gewöhnlich eine Mischung aus Salz, Knoblauch, Weihrauch und Einhorntränen. Das schützt vor fast allen bösen Wesen: Geistern, Feen, Fexen … Mit Silberpulver wirkt es noch stärker. Streut man das auf Fensterbretter und Türschwellen, können die Geister diese nicht mehr überschreiten … “ Huibur brach ab und machte ein säuerliches Gesicht.
„Was habt Ihr ?“ , fragte Hanissa.
„Ach nichts .“ Er schüttelte den Kopf. „Ich wurde nur eben daran erinnert, dass mich einige meiner lustigen Studenten letztes Semester in meinem Schrank eingesperrt haben, nachdem ich ihnen davon erzählt hatte .“
Hanissa kicherte leise. „Ihr habt sie sicher streng bestraft .“
Die Miene des Geistes hellte sich auf. „Im Gegenteil. Ich habe sie für ihr Geschick gelobt. Die Mischung war perfekt. Hätte mich Magister Kronzimons nicht zu einer Abendveranstaltung abgeholt, wäre ich womöglich tagelang in meinen eigenen vier Wänden eingesperrt gewesen !“ Er räusperte sich. „Natürlich ist das Pulver vielseitig verwendbar. Bestreut man damit die Ruhestätte eines Geistes, wird es ihn vermutlich von dort vertreiben. Bläst man es ihm gar in den Körper, wird er zerfallen und zumindest eine Weile brauchen, um sich wieder neu zu bilden. Sehr unangenehm, das kann ich dir sagen. Ich habe mich mal einem Selbstversuch unterzogen .“ Huibur schüttelte sich.
Salz, Knoblauch, Weihrauch und Einhorntränen … In Hanissas Kopf rasten die Gedanken. Die ersten drei Zutaten konnte sie leicht aus der Küche stibitzen, die ihre Mutter leitete. Und Einhorntränen hatte sie noch in ihren Vorräten. Dann noch etwas Knallpulver dazu, das Ganze in einen Beutel aus Feenseide einnähen, und wir haben tolle Geisterbomben , dachte sie. Sie würde dafür eine von Mutters guten Tischdecken opfern müssen, aber Corinda würde vermutlich denken, Fleck habe sie gefressen. Und sie tat es schließlich für einen guten Zweck.
Auf einmal hatte es Hanissa sehr eilig. „Danke, Magister Huibur. Ihr habt mir unglaublich geholfen. Ich denke, mehr brauche ich nicht zu wissen. Nun muss ich aber wieder ins Bett. Morgen wird ein anstrengender Tag .“
„Oh, ja, äh, gern geschehen .“ Der alte Zauberer war über die Eile des Mädchens sichtlich verblüfft, aber er sagte nichts weiter, als Hanissa sich Fleck schnappte und mit ihm die steile Treppe des Lehrturms hinunterrannte.
Kapitel 8
Zu den Waffen!
Die Nacht zog sich gerade erst aus Bondingor zurück, da stapften Sando und Tomrin schon die Drachengasse zur Hausnummer 13 hinauf.
Es hatte stundenlang geregnet. Nun war die Stadt abgekühlt. Frühes Morgenrot lag über den kleinen Häusern, von deren Dächern immer noch das Wasser aufs Kopfsteinpflaster tropfte. Bis auf Vogelgezwitscher und gelegentliches Hufgeklapper, das aus irgendwelchen Nebenstraßen drang, war noch alles still. Die Bewohner der Drachengasse lagen friedlich schnarchend in den Betten, während im benachbarten Handwerkerviertel die Bäcker und Fleischer schon ihr Tagewerk begannen.
Sando und Tomrin hatten kaum geschlafen. Zu groß war ihre Sorge um den vermissten Bortha. Stundenlang hatten sie sich in ihren Betten gewälzt, aber keine Ruhe gefunden. Sandos Laune war entsprechend mies, als er mit Tomrin und Pip zu ihrem Geheimversteck ging. Trotzdem bedachte er das Schwert, das Tomrin mitgebracht hatte, mit einem anerkennenden Blick.
„Das Teil ist echt nicht schlecht “ , lobte er. Dabei ließ er den Blick über die Waffe gleiten, die Tomrin an einem Gurt quer über dem Rücken trug. Er sah sie nicht zum ersten Mal, doch sie beeindruckte ihn nach wie vor.
„Ja, du hast recht “ , pflichtete Tomrin ihm bei. „Mein Vater hätte mir kein schöneres Geschenk zum zwölften Geburtstag machen können .“ Er klang noch immer so stolz wie am ersten Tag.
Sando seufzte ein wenig neidisch. „Du hast es gut. Onkel Gump schenkt mir höchstens mal ein Flaschenschiff oder eine Meerschaumpfeife .“
Verdutzt hielt Tomrin inne. „Eine Pfeife? Im Ernst? Aber du rauchst doch gar nicht .“
„Natürlich nicht !“ Sando verzog angeekelt das Gesicht. „Aber für meinen Onkel gehört eine Pfeife einfach dazu. Jeder Zwerg, der etwas auf sich
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