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Drachengold: Roman (German Edition)

Drachengold: Roman (German Edition)

Titel: Drachengold: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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eifersüchtigen Beschützerdrangs um Taruca schlang. Dieser erhob jedoch keine Einwände, sondern saß mit seligem Ausdruck da und hielt einen seiner Enkel auf dem Schoß, ein kleines Kind, das noch nicht sprechen konnte und nachdenklich an einer Rassel aus Gold nuckelte, für die man bei vorsichtiger Schätzung in England leicht tausend Pfund hätte bekommen können, trotz der Zahnabdrücke darin.
    »Ich bin Ihnen unendlich dankbar, Kapitän«, sagte Taruca, als Laurence und Hammond die Gelegenheit hatten, mit ihm zu sprechen, wenn auch über Curicuillors Vorderbein hinweg. »Ich habe es nicht glauben können, bis ich die Stimme meiner Kinder hörte. Aber Sie haben mich nach Hause gebracht. Dies ist meine Tochter, Choque-Ocllo.« Er streckte seine Hand tastend nach einer älteren Frau aus, die neben ihm saß. »Ich habe ihr von Ihrem Wunsch erzählt, den Sapa Inka zu sehen.«
    Choque-Ocllo nickte ihnen gemessen zu und sagte: »Ich wüsste nicht, warum sich das nicht arrangieren lassen sollte. Schließlich ist seit Atahualpa viel Zeit vergangen, und diese Männer waren ganz offenkundig Gesetzlose. Aber Ihr König hat einen großen Ayllu gesandt, um in seinem Namen zu sprechen, und Sie haben bewiesen, dass Sie einen anderen Charakter haben. Es wäre nur richtig, wenn der Sapa Inka Sie empfängt. Auch wenn es schade ist, dass Sie keine Frauen mitgebracht haben. Dieses Mädchen dort kann doch noch kein Kind geboren haben.«
    Hammond warf Laurence einen verwirrten Blick zu, nickte jedoch und sagte: »Madam, die Strapazen einer so weiten Expedition und einer Seereise dürfen nicht ohne guten Grund einer Frau zugemutet werden. Ich hoffe, die Abwesenheit von Damen erscheint Ihnen nicht als Beleidigung, und ich versichere Ihnen, dass dies keinesfalls bedeutet, wir würden unseren Gastgebern kein Vertrauen entgegenbringen.«
    »Beleidigung?«, fragte sie. »Nein, keineswegs; aber es macht einen Unterschied, wenn Sie den Sapa Inka treffen wollen. Doch ich gebe Ihnen eine Botschaft mit – mein Sohn Ronpa hier webt sie bereits, wie Sie sehen können. Und mein Vater wird seinen persönlichen Bericht hinzufügen. Wenn man Sie nicht direkt zum Sapa Inka vorlässt, dann wird zumindest der Gouverneur von Collasuyo – so heißt diese Provinz – Sie empfangen, und er ist ein hoher Berater des Sapa Inka.«
    Die Botschaft bestand aus einer in bestimmter Art und Weise geknoteten Kordel, die Taruca Khipu nannte, von der aus lange Fäden in bestimmten Farben abgingen. Der junge Mann war sehr geschickt darin, die Kordel aus einem Haufen Wolle herzustellen, und er knüpfte die Knoten in unregelmäßigen Abständen. Als er fertig war, reichte er Taruca das Khipu. Ungeachtet seiner Blindheit fuhr der alte Mann mit seinen Fingern darüber, erkundigte sich ein oder zwei Mal nach der Farbe bestimmter Stränge, und band dann rasch eine eigene Folge von Knoten.
    »Ja, hier kann man die Worte ertasten«, sagte Taruca und legte Laurence’ Hand auf die Knoten. »Heutzutage machen manche jungen Leute lieber Zeichen auf Papier, so wie Sie Europäer es tun: Ich kann mir vorstellen, dass das schneller geht, aber die traditionelle Art ist am besten, wenn die Informationen wichtig sind. Was, wenn das Papier nass wird oder zerreißt oder von Insekten zerfressen wird? Auf so etwas sollte man sich nicht verlassen.«
    »Ich wünschte, es gäbe eine Möglichkeit herauszufinden, welche Stellung seine Tochter hat, dass sie eine solche Botschaft schicken kann«, flüsterte Hammond Laurence zu, als sie wieder auf ihre ursprünglichen Plätze zurückgekehrt waren, während er unentschlossen die Menge an geknoteten Kordeln zwischen seinen Fingern drehte. »Bringen wir eine Nachricht vom weiblichen Oberhaupt einer Familie, von einer Edelfrau oder von …« Hilflos zuckte er mit den Schultern.
    »Jede Form von Empfehlung kann uns nur nützlich sein«, sagte Laurence, »ganz gleich, welcher Natur. Und, Sir: Sie müssen sich nur mal umsehen: Dies ist kein privater kleiner Haushalt, sondern ein großes Anwesen. Sie können sich doch sicher nach der Anzahl der hier lebenden Menschen erkundigen, nicht wahr?«
    Als Hammond sich mit dieser Frage an Choque-Ocllo gewandt hatte, hoben mehrere der Drachen gleichzeitig die Köpfe und kamen ihr mit einer Antwort zuvor – nur dass sie offenkundig leicht abweichende Zahlen nannten, was zu einem Streit zwischen ihnen führte. Während sich die Drachen herumzankten, erklärte Choque-Ocllo: »Einige von ihnen wollen die Kinder nicht

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