Drachengold: Roman (German Edition)
hatte das ganz starke Gefühl, dass er ziemlich viel dabei finden würde , wenn Laurence einen Großteil seiner Zeit Kindern widmen würde.
»Natürlich sollten wir nicht hierbleiben«, fuhr Iskierka fort. »Das wäre großer Unsinn, wenn in Europa ein richtiger Krieg tobt, zu dem wir zurückkehren können. Aber vielleicht können wir ja einige der Matrosen gegen Frauen eintauschen. Das wiederum kommt mir sehr vernünftig vor: Ich habe von Anfang an nicht verstanden, warum wir nicht mehr Frauen in unseren Besatzungen haben.«
»Nun ja, ich auch nicht. Roland ist besonders gewitzt, und man kann ihr alles anvertrauen, sogar seine Edelsteine«, sagte Temeraire. »Aber es ist die Pflicht der Matrosen, bei uns zu bleiben und uns zu helfen, im Krieg zu kämpfen. Und wir dürfen sie auch gar nicht eintauschen, weil sie nicht unser Eigentum sind.«
»Aber warum denn nicht, wenn sie gerne bleiben wollen?«, fragte Iskierka. »Und das wollen sie, denn ich habe Granby zu Laurence sagen hören, dass es eine ganz schön schwierige Aufgabe werden wird zu verhindern, dass die Hälfte der Männer desertiert, wenn erst mal die Frauen anfangen, sie mit Kuhaugen anzuschauen und Silberkelche auf den Abendbrottisch zu stellen.«
»Ja, aber in diesem Fall ist es nicht sehr wahrscheinlich, dass sich uns im Gegenzug auch Frauen anschließen würden«, gab Temeraire zu bedenken. »Auf jeden Fall glaube ich nicht, dass es Curicuillor gefallen würde, wenn wir ihre Leute wegbringen würden. Es ist nicht schwer anzubieten, uns die Frauen im Tausch zu überlassen, wenn wir hierblieben und sie sie sehen kann, wann immer sie will. Das ist, als würde sie gar nicht wirklich auf sie verzichten müssen.«
»Oh, na gut.« Iskierka verabschiedete sich mühelos wieder von diesem Gedanken. »Dann werde ich eben warten, bis wir zu Hause sind, und suche mir dort ein paar junge Frauen für meine Besatzung, mit denen Granby Kinder haben kann.«
Abends fragte Temeraire Laurence: »Du willst doch keine Kinder haben, oder?«
»Äh, wie bitte?«, fragte Laurence, und als Temeraire ihm Iskierkas Plan umrissen hatte, versicherte er ihm rasch, dass er keinerlei Ambitionen in dieser Richtung hatte. »Ich hoffe ja nur«, fügte er hinzu, »dass Iskierka vorhat, sich auch nach Johns Wünschen zu erkundigen, ehe sie diesen Plan weiterverfolgt, aber daran ist vermutlich nicht zu denken.«
Am nächsten Morgen machten sich die Männer zur Abreise bereit. Temeraire flog von ihrem Lager aus zu Curicuillor, um sich zu verabschieden. Diese lag wieder dösend in ihrem Hof, umgeben von einer Gruppe Frauen, die emsig webten. Unter ihren Händen entstanden wunderschöne Stoffe in leuchtendem Rot und Gelb, die Temeraire bewundernd begutachtete. Es war keine Seide, sah aber beinahe ebenso fein aus.
»Es war wohl zu viel verlangt, dass Sie in Ihrem Alter so viel Vernunft an den Tag legen«, sagte Curicuillor bedauernd, als Temeraire ihr mitteilte, dass sie nicht zu bleiben gedächten. »Aber Sie waren trotzdem sehr freundlich und haben sich viel besser benommen, als man das erwarten konnte, wo Sie doch noch so jung sind und aus einem unzivilisierten Land stammen. Ich werde Ihnen Churki mitschicken, damit Sie bei Hof eingeführt werden. Und Choque-Ocllo gibt Ihnen das Khipu mit, auch wenn ich trotzdem nicht sicher bin, ob man Ihre Männer beim Sapa Inka vorlässt.« Dann fügte sie hinzu: »Männer und Frauen haben so ein kurzes Gedächtnis. Aber wir haben nicht vergessen, auf welch entsetzliche Weise Atahualpa ermordet wurde. Meine eigene Mutter hat zu dieser Zeit noch gelebt: Es wurden genug Gold und Silber geliefert, um drei Räume damit zu füllen und ihn auf diese Weise auszulösen. Und trotzdem zerrten ihn diese bösen Männer auf den großen Hof in Cajamarca und legten ihm ein Seil um den Hals. Noch ehe irgendjemand verstanden hatte, was da vor sich ging, war er erdrosselt. Pahuac hat das alles mit ansehen müssen. Er stürzte sich hinterher mit angelegten Flügeln von den Bergen, weil er diesen Mord zugelassen hatte. Natürlich hat er vorher noch alle getötet.«
Temeraire zog entsetzt die Schultern hoch. Er war einmal am Kanal Zeuge geworden, wie ein Mann gehenkt wurde: der Verräter Choiseul, der beinahe Kapitän Hartcourt entführt und Geheimnisse an Napoleon verraten hatte. Diese Hinrichtung hatte ebenfalls vor den Augen seines Tieres Praecursoris stattgefunden. Aber er hatte aufgrund seiner Taten ein solches Schicksal immerhin verdient gehabt. Es waren nicht
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