Drachengold: Roman (German Edition)
können sie nicht?«, fragte Hammond spöttisch. » Sie wussten immerhin, was sie erwartet. Bestimmt haben sie während der letzten zwei Jahre Spione durch Brasilien hierhergeschickt. Wir wissen doch bereits, dass Mme. Récamier in ihrem Auftrag hier ist. Ich habe geglaubt, sie würde Bonaparte verabscheuen, aber nun gehe ich davon aus, dass sie von der Gelegenheit, eine Intrige solchen Ausmaßes zu spinnen, so fasziniert ist, dass sie über ihre Abneigung hinweggesehen hat. Und zumindest hat es sich De Guignes’ Tier nicht in den Kopf gesetzt, den wichtigsten Drachen der Inka gegen sich aufzubringen.«
Laurence konnte den letzten Punkt seiner Beschwerde nicht abstreiten. Temeraire und Maila Yupanqui waren kurz davor, sich gegenseitig an den Hals zu gehen. Man hätte bezweifeln müssen, dass sich jemals irgendetwas bewegen würde, wenn Maila nicht allzu bereit gewesen wäre, sich mit dem Rest der Gruppe, allen voran Iskierka, auf freundschaftlichen Fuß zu stellen. Mit Iskierka führte er regelmäßige Gespräche unter vier Augen, wofür er seinen Wunsch vorschob, seine Englischkenntnisse zu verbessern.
»Mir fällt kein einziger Grund ein, warum Iskierka ihm sein anfängliches Verhalten so schnell verziehen hat«, sagte Temeraire.
»Und mir fällt kein einziger Grund ein, warum wir auf den alleinigen Vorteil, den wir auf unserer Seite haben, verzichten sollten«, sagte Hammond, »und Sie würden mir einen großen Gefallen tun, wenn Sie sich nicht einmischen würden.«
Und so blieb Temeraire übellaunig, was sich noch verstärkte, als Iskierka kurze Zeit später landete und verkündete: »Ich bin mit Maila herumgeflogen: Er hat mir eine Mine gezeigt, wo sie das Gold direkt aus dem Boden holen – ganze Wagenladungen voll. Und er hat mir erzählt, dass sie sogar noch mehr als jetzt fördern könnten, aber sie haben nicht genügend Arbeiter dafür, und diese Tätigkeit kann nur von Menschen ordentlich verrichtet werden.«
»Laurence, glaubst du, dass es eine solche Mine auch in England gibt?«, fragte Temeraire ihn leise, kurz nachdem er Iskierkas Bericht verächtlich abgetan hatte, was zu einem Streit geführt hatte. Jetzt saßen sie an verschiedenen Enden der Halle. »Oder vielleicht in unserem Tal in Neusüdwales?«
»Das halte ich für alles andere als wahrscheinlich«, antwortete Laurence. »Goldminen sind nicht häufig. Nach dem zu urteilen, was wir auf unserer Reise über den australischen Kontinent gesehen haben, halte ich es eher für denkbar, dass sie da Opalminen haben.«
»Oh!«, sagte Temeraire. »Wie diese Steine, die man dir auf deinen Umhang genäht hat? Das wäre ja fantastisch. Ich hätte lieber Opale als Unmengen von Gold. Laurence, willst du deinen Umhang nicht doch mal tragen, vielleicht einfach nur, wenn du über den Platz läufst, wo man dich sehen kann?«
Laurence konnte ihn nur mit viel Mühe von diesem Einfall abbringen, indem er ihn darauf hinwies, dass diese Gelegenheit nicht wichtig genug war. Ausgerechnet an diesem Nachmittag jedoch landete Iskierka und verkündete triumphierend: »Nun, ich habe alles arrangiert, und zwar besser, als es sich irgendeiner von euch hätte wünschen können: Die Inka-Herrscherin will dich sehen, Granby! Oh, ach ja, Temeraire: Du und Laurence, ihr könnt auch mitkommen, wenn ihr wollt.«
Temeraire war einen Augenblick lang versucht, wegen dieser beiläufigen Art der Einladung eingeschnappt zu sein, doch dann strahlte er und sagte zu Laurence: »Dann solltest du jetzt wohl besser deinen Umhang holen. Ich bin mir sicher, die Herrscherin wird dann sofort erkennen, wer der ranghöchste Offizier dieser Expedition ist.«
»Bitte achten Sie unbedingt darauf, dass Sie sich ihr nicht ohne Aufforderung nähern«, sagte Hammond besorgt. »Nicht, ohne ganz ausdrückliches Ersuchen. Und wenn möglich, dann nähern Sie sich ihr überhaupt nicht, es sei denn natürlich, Sie gewinnen den Eindruck, dass eine solche Weigerung vielleicht als Beleidigung aufgefasst werden könnte …«
»Ich verstehe nicht, warum nicht Sie an meiner Stelle gehen sollten«, sagte Granby. »Ich bin völlig ungeeignet für diplomatische Gespräche, und wenn die Inka immer noch Angst haben wegen ihres Ärgers mit diesen Spaniern vor zwei Jahrhunderten, dann würden sie sicher lieber einen Botschafter als einen Offizier empfangen.«
»Aber natürlich musst du gehen«, wischte Iskierka alle Einwände beiseite. »Du bist mein Kapitän; natürlich will sie dich gerne kennenlernen.«
»Wir
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