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Drachengold: Roman (German Edition)

Drachengold: Roman (German Edition)

Titel: Drachengold: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Naomi Novik
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geringsten Zweifel daran gehabt hätte, dass ich dich erfolgreich verteidigen kann, wären wir doch gar nicht erst gekommen.«
    Laurence seufzte. Temeraire beharrte in einer Art und Weise auf diesem letzten Punkt, die Laurence Sorgen bereitete, denn diese Selbstgefälligkeit verhieß nichts Gutes für Temeraires Zukunft, wenn seine Dienstpflichten ihn in gefährliche Situationen führen würden. Laurence blieb dort stehen, wo sie waren, und verbeugte sich vor der Herrscherin, die ihn mit einem nachdenklichen Ausdruck auf dem Gesicht musterte. Sie war keine besonders schöne Frau, schon gar nicht mit all diesen Narben. Ihre Augen waren außergewöhnlich dunkel, und in ihnen verborgen lag ein berechnender Ausdruck.
    »Ich bin Anahuarque Inka, und ich begrüße Sie in Pusantinsuyo«, sagte die Herrscherin auf Englisch mit nur leichtem Akzent. Dann wechselte sie in ein überraschend ausgezeichnetes Französisch und forderte sie auf, es sich bequem zu machen. Dick ausgestopfte Webkissen wurden gebracht und vor ihnen ausgebreitet, damit sie sich setzen konnten.
    »Auf jeden Fall macht uns das unmissverständlich klar, wie weit wir uns nähern dürfen«, murmelte Granby Laurence zu und ließ sich sehr vorsichtig auf einem der Kissen nieder, ehe er erschrocken zusammenfuhr. Die Herrscherin erhob sich von ihrem Thron und stieg die Stufen zur Halle hinunter. Als ihre Krieger und Drachen schon aufgeregt zu scharren begannen, setzte sie sich auf ein anderes Webkissen, keine fünf Schritte von Granby entfernt.
    »Haben Sie es bequem?«, fragte sie und sah ihn neugierig an. »So ist es doch Sitte bei Ihrem Volk, nicht wahr? Man setzt sich, wenn man miteinander spricht, nicht wahr?«
    »Oh, ähem«, sagte Granby. »Nun, also, danke, ja, ich sitze ausgesprochen gut …«
    »Und wie ist Ihre Reise verlaufen? Die Straßen waren doch in einem guten Zustand und die Speicher üppig gefüllt?«, erkundigte sie sich.
    Granby warf Laurence einen verzweifelten Blick zu, aber sie hatte sich ganz eindeutig an ihn persönlich gewandt. »Ja, Ma’am … Eure Majestät?«
    Hier hätte er das Gespräch nur zu gerne beendet, aber Iskierka senkte ihren Kopf, gab ihm damit einen Schubs und zischte: »Sag noch was, Granby. Warum benimmst du dich denn so töricht? Sie wird denken, dass du nicht besonders helle bist.«
    »Ich bin auch keineswegs helle, jedenfalls ganz sicher nicht in Gesprächen, und noch weniger, wenn sie auf Französisch geführt werden!«, erwiderte Granby recht hitzig, überlegte aber angestrengt, ob ihm nicht noch irgendetwas Schlaues zu sagen einfiele. »Die Vorratshäuser sind ganz bemerkenswert, Eure Majestät«, fügte er hinzu. »Wir mussten unterwegs kaum einmal auf die Jagd gehen … Oh, zur Hölle«, fiel er wieder ins Englische zurück und murmelte Laurence zu: »Durften wir uns denn überhaupt entlang der Route bedienen?«
    »Ich bin froh, das zu hören«, antwortete Anahuarque jedoch, und es hatte nicht den Anschein, als ob sie etwas dagegen einzuwenden hätte, wie sie sich verpflegt hatten. »Die Ernte im Süden war gut, wie ich gehört habe. Das haben Sie doch berichtet, nicht wahr, Ninan?«
    Sie wiederholte ihre Frage, an einen ihrer angespannten Krieger gerichtet, auf Quechua: Der angesprochene Gentleman – ein großer, finster dreinblickender junger Mann, dessen Hand auf dem Knauf seiner Pistole ruhte, die in einer Schärpe um seine Taille steckte – fuhr zusammen und antwortete erst nach kurzem Zögern. Die Herrscherin verfiel wieder ins Französische und fragte Granby, ob er denn mit dem Quartier zufrieden sei. Schließlich diskutierten sie das Wetter und den bevorstehenden Wechsel der Jahreszeiten, und immer bemühte sie sich, ihre Leibgarde ins Gespräch mit einzubinden.
    Laurence war seit seiner frühesten Kindheit daran gewöhnt gewesen, seinen Kopf daheim übers Treppengeländer zu hängen und die politischen Abendessen seiner Mutter zu beobachten und zu belauschen, noch ehe er alt genug geworden war, um selbst am Tisch Platz zu nehmen. So war ihm hier schon bald klar, dass die scheinbare Banalität ihrer Gesprächsthemen kein Zufall war, sondern von meisterlicher Handhabung zeugte. Man hätte die Schlichtheit der besprochenen Dinge darauf schieben können, dass Anahuarque sich einer anderen Sprache als ihrer eigenen bediente, aber dann hätte es weitaus mehr Stottern und Pausen gegeben, und davon konnte nicht die Rede sein.
    Während die Unterhaltung also ihren Lauf nahm und Granby den Löwenanteil

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