Drachengold: Roman (German Edition)

Fleisch verschmähen. Bei dieser Kälte sollten sie eher mehr als ihre üblichen Mengen zu sich nehmen, selbst wenn sie nicht fliegen.«
    Laurence hörte diesen Vorschlag gar nicht gerne, aber Gong Su mischte sich ein – die Flieger würden es wohl nie lernen, an Bord eines Schiffes höflich zu überhören, was auf der anderen Seite eines Schotts gesprochen wurde. Der Koch regte an, man könne glühende Kohlen in einem der Kessel auf den Boden legen und so für eine heiße Suppe sorgen, ohne das Risiko einer offenen Flamme einzugehen.
    Aber Riley schlief, und Purbeck wollte nichts Derartiges hören. »Da könnte man auch gleich das ganze Schiff anzünden«, winkte er rundheraus ab, ohne eine Spur der sonstigen Höflichkeit, mit der er Laurence bislang stets begegnet war. »Dann bräuchten wir wenigstens nicht mehr abzuwarten, wann es denn so weit ist, dass das Feuer übergreift. Und, verdammt noch mal, auch die Drachen werden nicht losgemacht. Wir würden uns augenblicklich querlegen, wenn sie auf dem Deck herumsprängen. Sie müssen sich gedulden wie wir anderen auch.«
    »Ich würde nicht darum bitten, wenn ich sicher wäre, dass Iskierka noch länger durchhalten wird«, entgegnete Granby aufgebracht.
    »Wenn sie so außer Kontrolle gerät, dass sie uns versenken würde, nur um die Gelegenheit zu bekommen, sich selbst in Gefahr zu bringen, dann müssen Sie nur Bescheid sagen, und wir kommen mit einem Heckgeschütz zu ihr und jagen ihr eine Kugel in den Schädel, ehe sie uns auf den Meeresgrund schickt«, bemerkte Purbeck kalt. Laurence musste Granby ziemlich kräftig am Arm packen und davonziehen.
    Und als endlich Riley zurück an Deck kam, war er ebenfalls nicht angetan von dem Vorschlag. »Ich kann ein solches Risiko nicht eingehen«, sagte er. »Und ich wundere mich sehr über dieses Ansinnen«, fügte er hinzu, denn selbst sein nachgiebigeres Gemüt hatte sich durch die Erschöpfung und den ständigen, zehrenden Kampf darum, das Schiff an der Wasseroberfläche zu halten, verhärtet.
    »Ich bin versucht, Gong Su zu sagen, er soll es einfach tun«, stieß Granby erbost aus, während Laurence ihn wegzog und mit ihm zusammen zum Drachendeck zurückkehrte. »Sie können mich alle mal gernhaben! Was denken die sich denn, so zu tun, als würden wir zu unserem eigenen Vergnügen um etwas bitten? Außerdem ist das Schiff schließlich dafür gedacht, Drachen zu transportieren, oder haben sie sonst noch irgendeinen Auftrag? Iskierka eine Kugel in den Schädel zu jagen – also bitte! Eher würde ich Purbeck erschießen.«
    Er machte sich nicht einmal die Mühe, seine Stimme zu mäßigen, und außerdem war ihm im Sturm das Gefühl für Lautstärke abhandengekommen. Wie ein schwerhöriger Mann, der seine Stimme erhebt, um sein eigenes Defizit auszugleichen, hatte er geschrien, und da in ebenjenem Moment der tosende Sturm kurz abgeflaut war, wurden Granbys Worte genau dorthin getragen, wo sie nichts zu suchen hatten. Riley erstarrte, Purbeck sah verächtlich aus. Der fortwährende Sturm hätte ansonsten wohl die Erinnerung getrübt und sofortiges Handeln erforderlich gemacht, aber in diesem Augenblick brach die Wolkendecke auf, und das erste Sonnenlicht seit fünf Tagen ergoss sich über das Deck.
    »Warum sich noch irgendjemand dafür entscheidet, diesen Weg zu nehmen, will mir nicht in den Kopf, wo es doch keine Prisen gibt und stattdessen solche Stürme«, brummte Temeraire und schlang schwarze Seehechte hinunter, während er mitten in der Luft stehen blieb; er hatte es überhaupt nicht eilig, zum Schiff zurückzukehren. Er war sich sicher, dass er noch wochenlang nicht wieder richtig trocken und warm werden würde. Die blasse, schwache Sonne war dieser Aufgabe nicht gewachsen, denn sie sorgte lediglich für einen Streif leuchtender Farben, die sich zwischen den tief hängenden Wolken am Horizont ausbreiteten, und so fühlte sich Temeraire nach wie vor bis auf die Knochen durchnässt.
    Iskierka zog weiter über ihm wilde Kreise und stieß Flammen aus, sodass sie durch die selbst gemachten Feuerreifen schnellen konnte und sich auf diese Weise trocknete. Temeraire wäre arg in Versuchung geraten, sie zu fragen, ob sie so etwas auch für ihn an den Himmel zaubern könnte, wenn es nicht unter seiner Würde gewesen wäre, sie um einen Gefallen zu bitten. Außerdem war sie so schon eingebildet genug, weil sie ein Feuerspucker war, und brauchte ganz sicher nicht noch weitere Aufmerksamkeit.
    »Gibt es von diesen Fischen noch