Drachenkaiser
sichtbare und vor allem waffenstarrende Präsenz manchem Einwohner der nahen Stadt Unwohlsein bereitete.
Ihr war es gleich, sie kümmerte sich nicht um die Belange anderer. »Gehen wir näher«, sagte sie schleppend zu Leida und Litzow, die neben ihr standen. Sie schritten die Stufen in den unteren Garten hinab. Die Furcht, ihren Gemahl doch als Toten vorzufinden, wuchs und trieb ihr kalten Schweiß in die Hände.
Er ist nicht tot!, herrschte sie sich selbst an. Ihr Herz schmerzte ungewohnt.
Eine Absperrung war um das Wrack errichtet worden, Polizisten liefen in dem Areal umher, schössen Fotos, untersuchten die Trümmer oder standen Zigaretten rauchend zusammen und unterhielten sich. Drei Gestalten stachen durch ihre schlichten schwarzen Mäntel aus der Masse der Uniformierten hervor.
»Ich wette, dass es der Geheimdienst ist«, sagte Leida. »Man sollte ihnen sagen, dass man durch schwarze Kleidung nicht automatisch unauffälliger wirkt. Es sei denn, man befindet sich auf einer Bee…« Sie unterbrach ihre unpassende Bemerkung mit einem künstlichen Husten.
Sie näherten sich der Absperrung, und ein Polizist kam auf sie zu, sprach sie an.
»Er sagt, wir hätten hier nichts verloren und sollten verschwinden«, übersetzte Silena für ihre beiden Begleiter. Dank Grigorijs Bemühungen verstand und sprach sie Russisch. »Holen Sie mir Ihren Vorgesetzten. Ich bin Anastasia Zadornova und verlange, auf den neuesten Stand der Untersuchungen zum Verbleib meines Mannes und den Vorgängen gebracht zu werden, die zum Absturz führten«, sagte sie zu ihm. Ihre Unsicherheit verbarg sie hinter Schroffheit und hoffte, dass ihre Maskerade nicht durchschaut wurde.
»Ich weiß, wer Sie sind, Gaspascha Zadornova.« Einer der Männer in den schwarzen Mänteln löste sich aus der Gruppe und stapfte durch den Schnee zu ihnen. »Ihre Luftschiffe lassen keinen Zweifel daran.« Er streckte ihr die Hand hin. »Mein Beileid.«
Sag das nicht! Silena reagierte nicht. »Noch habe ich den Leichnam meines Mannes nicht gesehen, also ist das Kondolieren etwas verfrüht«, blaffte sie ihn an. »Außerdem haben Sie sich nicht vorgestellt. Ich nehme an, Sie gehören der Ochrana an?«
Er verbeugte sich leicht und steckte die Hand in die Manteltasche. »So ist es, Gaspascha Zadornova. Igor Vatjankim ist mein Name. Ich betreue die Ermittlungen zum Tod Ihres Gatten.«
»Zum Verschwinden«, verbesserte sie automatisch mit zitternder Stimme. Sie demaskierte sich selbst. »Zum Verschwinden«, sagte sie, dieses Mal fest.
Vatjankim bedeutete dem Soldaten, die beiden Frauen durchzulassen, und schritt auf das Wrack zu. »Kommen Sie. Sie sind die Fachfrau, wenn es um die Zeppeline geht. Mit Ihrer Hilfe wissen wir bestimmt mehr und schneller etwas. Der angeforderte Ingenieur aus Sankt Petersburg verspätet sich.«
»Reden wir Englisch, damit meine Freunde etwas verstehen.« Silena folgte ihm, Leida und Litzow liefen neben ihr her. »Wieso wollte man uns wegschicken?«
»Der Polizist wusste es nicht besser.« Vatjankim zündete sich eine Zigarette an. »Sie machen uns mit Ihren Zigarren am Himmel ganz schön nervös«, sagte er über die Schulter und stieß den blauen Dunst aus. »Der Zar hat seine Luftwaffe in Bereitschaft versetzen lassen. Nur damit Sie es wissen.«
»Schön für den Zaren«, gab Silena eisig zurück. »Hat er Angst, dass ich herausfinde, er könnte an dem feigen Anschlag beteiligt sein? Oder die Ochrana?«
Vatjankim lachte auf. »Gaspascha Zadornova, ich wollte Ihren Mann in Sankt Petersburg verhaften, und es wäre mir beinahe gelungen. Hätte ich ihn erschießen wollen«, er blieb stehen und sah sie an, »so wäre es mir gelungen. Er stand fast so dicht vor mir wie Sie jetzt.« Er sog am Mundstück.
»Sie werden mir sicher den Grund für die angeordnete Verhaftung nennen.« Insgeheim dachte sie, dass die Ochrana ihr eine Komödie vorspielte, um sie und den Rest der Welt glauben zu machen, Grigorij sei tot. In Wahrheit saß er gewiss in einer Zelle.
»Beteiligung an revolutionären Unruhen und Konspiration gegen den Zaren«, antwortete Vatjankim. »Wir beschatteten ihn, seit er gelandet war. Aber wir haben ihn nicht abgeschossen, auch wenn er sich auf der Flucht vor mir befand. Der Zar möchte der Welt zeigen, dass in seinem Land alles mit rechten Dingen zugeht. Und so ermitteln wir die wahren Schuldigen am Tod von Zadornov.«
»Um ihnen einen Orden zu verleihen«, warf Litzow trocken ein.
Vatjankim hob die Schultern und stieß
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