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Drachenkaiser

Drachenkaiser

Titel: Drachenkaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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den blauen Rauch aus. »Ich habe gesagt, warum wir hier sind. Sie müssen es nicht glauben.« Er blieb stehen. »Schauen Sie sich in aller Ruhe um und teilen Sie mir mit, was Sie denken, dass geschehen ist. Danach sage ich Ihnen, was wir wissen.« Er warf Silena einen nachdenklichen Blick zu. »Ich muss Sie enttäuschen, was Ihren Glauben an ein Überleben Ihres Gatten angeht: Wir haben seine Leiche und die anderen Toten im Palais aufbewahrt. Ich bringe Sie zur Identifizierung dorthin. Aber bereiten Sie sich auf einen furchtbaren Anblick vor.« Er zeigte mit dem glühenden Ende der Zigarette auf die ausgebrannten Trümmer.
    Als ob ich mir das nicht vorstellen könnte. Es kommt euch nur recht, um mich zu täuschen. »Danke. Aber wir sehen uns zuerst um.
    Ich möchte herausfinden, was wirklich geschehen ist.« Silena hatte sich die Spitze nicht verkneifen können. Sie strich durch die Unglücksstelle, zückte Block und Bleistift. Leida und Litzow taten es ihr nach und machten sich Notizen zu dem, was sie sahen. Jede Kleinigkeit wurde festgehalten; der Oberst fotografierte fleißig.
    Ein Soldat brachte ihnen ein Tablett mit Kaffee und Tee, das sie dankbar annahmen. Sie stellten sich in den Windschatten eines Gondelfragments und tranken.
    »Die Kälte im Sankt Petersburger Umland ist eine andere als in Wales oder Schottland«, sagte Litzow, in dessen Schnurrbart sich durch die Atemluft Eiskristalle gebildet hatten. Er sah auf seine Stichpunkte. »Ich beginne, wenn es den Damen recht ist?« Er erntete Kopfnicken. »Die Anastasia wurde von mehreren Explosivkörpern getroffen, die keine besonders große Sprengkraft hatten, aber in ihrer Summe genügten, sie zum Absturz zu bringen.« Er nahm einen geschwärzten Metallsplitter aus der Tasche und hielt ihn hoch. »Standardraketen, gedacht für die Luftschiffabwehr, feststoffgetrieben, mit Aufschlagzünder. Jedes europäische Land baut diese Dinger.«
    Leida nahm das Schrapnell. »Die Anastasia muss nicht sehr hoch geflogen sein, sonst wäre sie nicht getroffen worden.«
    »Wir wissen, dass sie schnell aus Sankt Petersburg abgereist ist. Bis nach Kronland sind es geschätzte dreißig Kilometer – Zeit genug, auf eine große Höhe zu steigen«, resümierte Silena. Obwohl es eisig kalt war, war sie froh, im Freien zu sein, abseits der Leichen. Jede Minute, die sie von der Gegenüberstellung trennte, war eine gute Minute, denn allmählich meldeten sich auch bei ihr Zweifel, dass ein Mensch diese Tragödie überleben konnte. Sie schob die Vernunft zur Seite. Ich will da nicht hin. »Warum taten sie es nicht?«
    »Eis«, sagte Litzow und schlürfte Kaffee. Der aufsteigende Dampf schmolz den Reif in seinem Bart. »Die werden absichtlich nicht zu hoch gestiegen sein, um die Maschinen zu schonen. Die kalten Motoren auf Höchstgeschwindigkeit zu jagen, war schon ein Wagnis an sich«, referierte Litzow mit wachsender Begeisterung. »Der Tragkörper hat mehrere Einschläge hinnehmen müssen, auch die Gondel hat eine Rakete in den Rumpf bekommen. Die Anastasia muss durch den Heliumverlust abgestürzt sein, dazu hat sich die Hülle entzündet. Ich habe Phosphor- und Kraftstoffgeruch bemerkt, was erklärt, warum die schwer brennbare Haut in Flammen aufging.«
    Er schien am Ende seines Vortrages angekommen zu sein, was Silena gar nicht gefiel. Die Leichen warteten auf sie, und sie wollte deswegen noch mehr Minuten schinden. »Ihrer Meinung nach kam das Luftschiff wie bis nach Oranienbaum?«
    Er blätterte. »Die Ruder waren so eingestellt, dass das Luftschiff in seiner Gleitbewegung nach Süden zog und erst in Oranienbaum aufschlug anstatt in der Ostsee.« Er berührte die Gondel. »Gutes Mädchen. Hast mehr ausgehalten, als sie angenommen haben.« Der Stolz des Konstrukteurs schlug durch.
    Silena steckte ihre eigenen Aufzeichnungen weg. Sie hatte viel weniger notiert als der Oberst. Er hat alles gesagt. Was ihr nicht gefiel, war, dass er ihr keinen Ansatz auf Hoffnung geliefert hatte, Grigorij könnte am Leben sein. Aber ich empfinde nicht so, als hätte ich ihn verloren, dachte sie trotzig. Er muss einfach leben! Wenn ich ihn zwischen den Toten liegen sehe, weiß ich nicht, wie es weitergehen soll!
    »Scheint ein normaler Absturz zu sein.« Leida trank ihren Kaffee. »Ich habe mir die zwei Leichen angeschaut, die sie noch nicht abtransportiert haben. Die Verletzungen weisen nicht darauf hin, dass sie nachträglich ermordet wurden.« Sie schaute zu den Männern der Ochrana. »Das hätte

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