Drachenkampf - Zwergenkrieger
mein Rappe, du bist frei«, flüsterte Elyn, und ihre Augen waren voller Tränen. »Lauf, wie Elgor es dir gestattet hätte, wenn er noch hier wär ...« Plötzlich wallte die Trauer in Elyn auf, und bittere Tränen erstickten sie fast, und schluchzend hielt sie sich an Nachtschatten fest, der geduldig dastand, leise wieherte, während eine Prinzessin seinen Hals umfing und um einen toten Bruder weinte.
Vier Tage später, an einem frühen Nachmittag, kam König Aranor mit seinem Gefolge angeritten, die Augen stumpf vor namenloser Trauer. Er war vor gut einem Monat aufgebrochen, und alles stand zum Besten in seinem Reich. Er hatte eine Einigung mit den Naudron erzielt, welche die ewigen Streitigkeiten zwischen ihnen endlich ruhen ließ, hatte dabei den Austausch von Geschenken, Pferde gegen Falken, vereinbart, um den Vertrag zu besiegeln. Doch all das war nun wertlos, denn vor drei Tagen, als er aus nordöstlicher Richtung zur Burg zurückkehrte, war ein Bote herangaloppiert, der schlimme Nachricht brachte: Sein Sohn war im Kampf gefallen, und seinem Volk drohte Krieg.
Auf der Treppe vor der großen Eichentür stand Arianne und an ihrer Seite Bram. Auch Elyn erwartete den König, desgleichen Mala. Müde saß Aranor ab, reichte einem Helfer die Zügel von Flammenfell. »Such all jene, die Elgor auf seiner unglückseligen Fahrt gen Kachar begleiteten«, befahl er einem in der Nähe stehenden Pagen. »Ich möchte sie bei Sonnenuntergang im Kriegssaal sehen.«
Mit schweren Schritten stieg Aranor die Treppe hinauf, und Arianne trat vor und umarmte ihn und küßte ihn auf die Wange, die Augen feucht von Tränen. Auch Elyn trat zu ihrem Vater, umarmte ihn, als habe sie Angst, ihn ebenfalls zu verlieren, aber ihre Augen blieben trocken. Aranor bückte sich und nahm Bram in die Arme, drückte das Kind an sich und wandte das Gesicht ab, damit niemand Zeuge seiner Trauer wurde. Und Brams kleine Hände zogen an Aranors rotgoldenem Bart, vom Alter bereits grau gezeichnet; und Mala wollte ihm das Kind wegnehmen, doch Aranor schüttelte den Kopf, denn Elgor, als er noch ein Knäblein war, hatte das gleiche getan. Das war der Moment, als Trauer den König übermannte, und während Tränen sein Gesicht benetzten, schloß er Bram in seine starken Arme und wanderte über den Burghof und zum Tor hinaus und zu den Gräbern. Und niemand folgte ihm auf diesem Weg. Und nur Bram hörte, was er zu sagen hatte.
Aranor betrat einen Raum, der von den Strahlen einer tiefstehenden Sonne erhellt wurde, und an einem kleinen Tisch vor einem Fenster saß Elyn, ihr Breitschwert in der einen, einen Wetzstein in der anderen Hand, und schliff die Waffe zu solch bitterer Schärfe, daß die aufragende Klinge sogar das Sonnenlicht zu zerschneiden schien und die rotgoldenen Strahlen zersplitterten, wo Sonne und Stahl sich trafen. Methodisch, langsam zogen ihre Hände den eingeölten Wetzstein an der Schneide entlang. Hinter ihr an einem Ständer hing weiches graues Lederzeug, bereit für die Schlacht, ihr Ochsenhorn an einer Schulter. Wie Aranor sehen konnte, glänzte auch ihr Bogen von Wachs, und Pfeile ragten aus Köchern. Außerdem lehnte dort auch ihre Speerlanze mit frisch geschärfter Spitze.
Vor dem offenen Feuer stand Arianne, starrte in die Flammen, als suche sie dort eine Vision, die sich jedem Blick entzog. Sie schaute nicht auf, als Aranor neben sie trat. Und er nahm ihr Kinn in seine Hand und drehte ihr Gesicht herum. Ihre Augen lagen in dunklen Höhlen und waren erfüllt von unendlicher Traurigkeit. Aranors Hand sank herab, und seine Worte kamen leise: »Tochter, man meldet mir, du ißt kaum noch und bleibst die ganze Zeit in deinen Räumen und willst nicht bei den anderen unten sein.«
Das Singen des Wetzsteins füllte die kurze Pause.
Arianne wandte ihr Gesicht erneut dem Feuer zu, und ihre Wimpern zitterten vor ungeweinten Tränen. Ihre Stimme war leise, und tiefe Qual schwang darin mit: »O Vater, warum hat Adon ihn mir weggenommen? Mein Herz hat aufgehört zu schlagen. Mein Atem geht nicht mehr. Mein Blut stockt. Ich möchte sterben.«
Erneut streckte Aranor eine Hand nach ihr aus, umschlang zärtlich ihre Schultern und drehte sie, damit sie ihn ansah. »Ich werde nicht für den Allvater antworten, meine Tochter, denn nur Er allein kennt Seinen Plan, nur Er kann den Schleier von dem lüften, was gewesen ist und was sein wird. Aber eins weiß ich, Kind: Du mußt weitermachen, du mußt stark sein, denn Bram braucht dich. Und der kleine
Weitere Kostenlose Bücher