DrachenKind (German Edition)
klein, aber wichtig: Die Natur entdeckt keine Möglichkeiten, sie schafft sich welche, durch Entwicklung, durch das Prinzip der Kausalität. Sie entdeckt nicht, findet nicht, beeinflusst nicht sich selbst. Sie ist ein Prozess, in dem alles Leben ein Teil des Ganzen sein muss, ihr selbst. Die Lebewesen in ihr sind aber dazu im Stande, zu entdecken, zu lernen. Das nennt sich Intelligenz, an manchen Stellen. Sie können Möglichkeiten entdecken, sie finden, bewusst und absichtlich darauf zu arbeiten, wenn ihr Grad an Intelligenz ausreichend ist. Die Natur kann das nicht, sonst hätte sie nie zugelassen, dass ein Individuum beginnt, mehr zu sammeln, als es brauchen kann. Das war der Punkt, an dem das Ende besiegelt wurde. Die Situation, als zum Ersten Mal kein Gleichgewicht zwischen Notwendigkeit und Möglichkeit bestand. Der Mensch eben, will immer mehr, als er kriegen kann, will die Möglichkeiten voll ausschöpfen, die Notwendigkeit spielt keine Rolle mehr. Diese vier Regeln, oder Gesetze, wie auch immer du sie nennen magst, sind insgesamt eine variable Konstante, eine Einheit, die sich sowohl verändert als auch immer besteht. Bis an unser Ende, dann wird wieder nur die Kausalität übrig sein.“
Eric sah sie an. Er hatte nichts dergleichen erwartet. Er konnte keinen klaren Gedanken mehr fassen, die Erklärung hatte ihn mehr als verwirrt. Er konnte es nicht beschreiben, dieses Gefühl von Verständnis und Ratlosigkeit. Er hatte die Gesetze verstanden, jedes einzelne, aber er konnte sich nur schwer vorstellen, dass sie ausreichten, um eine ganze Welt in Ordnung zu halten. Staaten stellten ihre eigenen Gesetze auf, sie missionierten, bekehrten, bestachen, belogen, betrogen. Nur, um ihre Gesetze, die von ihnen geschaffenen Regeln zu verbreiten. Und in dieser Welt gab es keine Gesetze, nur diese Regeln? Sie waren so logisch, so verständlich. Und trotzdem waren sie eine Philosophie, aus der sich viele andere ableiten ließen. Aber kein einziges Gesetz, welches denen einer Zivilisation aus seiner Zeit entsprechen würde. Ihm kam ein Gedanke, und er fragte:
„Wäre es falsch zu denken, dass es sich bei diesen Gesetzen nicht um Gesetze handelt, sondern um eine Antwort?“
Seath strahlte ihn an.
“Ja, das ist richtig. Es ist eine Antwort auf sehr viele Fragen, fast alle, die ein das kleine aber feine Wort „warum“ enthalten. Es ist wie eine Gleichung. Das Ergebnis ist offen, das ist das fünfte Gesetz. Es gibt kein Ende, weil immer eines übrig bleibt: Die Kausalität. Das Ende ist und bleibt offen, wenn ein Gleichgewicht herrscht. Aber das Gleichgewicht ist gestört und zwar durch ein paar ganz bestimmte Menschen, oder eher nur noch Kreaturen. Du kannst ja mal raten, wen ich meine. Und wenn die Gleichung nicht gleich ist, wird am Ende nur ein Ergebnis infrage kommen. Grob gesagt das Ende.“
Eric dachte sich schon, wer gemeint war. Dieser Herrscher und seine sechs und alles, was dem untergeordnet war. Er schmunzelte missbilligend. Sie waren also auch Menschen gewesen. Der Mensch war eben sein eigenes Ende, daran war nicht zu rütteln. Wer waren denn nun Die Sechs? Oder der Herrscher?
„Ich bin nicht sicher, wer der Herrscher ist. Ich will dich nicht erschrecken, aber vielleicht ist er einfach nur das Gegenstück zu dir, ich weiß es nicht. Aber wer Die Sechs sind, das will ich dir gern sagen: Es sind diejenigen, welche die vier Gesetze erkannt und verstanden haben, sie haben sie gefunden. Und sie selbst unterlagen dann deren Folgen, sie wollten mehr, als sie bekommen durften. Bis dahin gab es niemanden, der über einen anderen Bestimmte. Eltern passten auf ihre Kinder auf, erzogen sie, aber sie bestimmten nie ihr Leben. Sie beeinflussten, bestimmten nicht. Merk dir dieses Beispiel. Dann kam eben eine Person, die sich selbst als etwas sah, was sie nicht war: Etwas Besonderes in dem Sinne, dass sie mehr Wert hatte als andere. Klar, es gibt keine zwei, die absolut identisch sind, jeder ist Teil der Vielfalt und somit etwas Besonderes. Manche haben mehr als andere, aber das verändert nicht ihren Wert. Diese Einstellung führte dazu, dass sich immer mehr habgierige Menschen um ihn scharrten. Und wenn man etwas nicht im Guten erreichen kann, dann nimmt man eben die Gewalt zur Hilfe. Sie sehen sich als die Lösung der gestörten Gleichung, meinen, der Mensch sei ein Gift in der Natur und sie seien die Heilung. Vielleicht hatten sie Recht, was das Gift angeht, aber da sie selber auch Menschen sind, konnten sie keine
Weitere Kostenlose Bücher