DrachenKind (German Edition)
Wir werden heute einen kleinen Ausflug machen, mitten in den Ewigen Wald, zu den Kräuterwiesen. Bitte seht euch die Karte an.“
Mia wünschte ihnen auch einen guten Morgen, dann setzte sie sich neben Seath und studierte genau wie sie die Karte. Eric sah in ihren Gedanken dass sie jeden Quadranten der Karte systematisch auswendig lernten. Er bewunderte ihre Disziplin und als er sich die Karte ansah verstand er, warum sie es taten. Sie zeigte in feinsten Zeichnungen den Wald, seine Hügel und Seen, jede Einzelheit, die man nur mit einer Feder zeichnen konnte. Eric schloss die Augen. Die Karte tauchte vor seinem inneren Auge auf, wurde immer schärfer, so als würde er an einem Objektiv vor seinen Augen herumstellen. Die Karte war gespeichert.
„Nicht schlecht. Manchmal beneide ich die Drachen um ihre Gedächtnisse. Im Alter wird das nicht immer unbedingt besser.“
Seath und Eric kicherten. Dann nahm Seath ihren Zeigefinger und zeichnete eine Linie, quer über die Karte.
„Also gut…Hier sind wir, wir möchten da hin. Zu diesem hellen Fleck, den Kräuterwiesen. Ist ein recht riskanter Trip, aber ich denke ihr beiden seid schon ziemlich bewandert in Sachen Verteidigung. Und ansonsten haben wir ja noch dich!“
Sie nickte Eric zu, der warf ihr einen fragenden Blick zu.
„Wieso mich?“
„Du wirst uns hinfliegen, ich hoffe jedenfalls, dass du Lust hast…Und bis jetzt ist mir kein Geschöpf bekannt das einem Drachen ernsthaften Schaden zufügen kann…“
Noch während sie das sagte, rauschten die Erzählungen über die Folgen eines entführten Jack durch seinen Kopf.
„Mach dir da keine Sorgen, du kannst gut auf ihn aufpassen, und wir auch. Und er selber auch, da bin ich mittlerweile mehr als sicher. Also, bitte hol dein Schwert, Jack kann eines von mir bekommen. Ich werde es eben holen, wir treffen uns dann oben vor dem Tempel, in Ordnung?“
Jack und Eric nickten gleichzeitig, dann machten sie sich auf den Weg zurück in ihr Zimmer. Jack kam einfach mit, er hatte keine Lust alleine herumzulaufen und er genoss jede Sekunde zusammen mit seinem Freund. Er war der Ansicht dass niemand jemals wissen konnte, wie viel der Nächste ihm bedeutete. Erst wenn das geliebte verschwunden war, lernte man es zu schätzen. Er wollte diesen Fehler auf keinen Fall begehen. Er dachte an den Brief, den Mia ihm geschrieben hatte.
Fast eine Viertelstunde später standen sie seit langer Zeit das erste Mal wieder im direkten Licht der Sonne, die gerade dabei war sich hinter den kleinen Wolken zu verbergen. Eric blinzelte. Am Fuße der langen Treppe standen Mia und Seath. Seath hatte zwei Schwerter in der rechten Hand. Als sie sie kommen sah, winkte sie erfreut und die beiden beeilten sich.
„Da seid ihr ja endlich…Wir haben nicht den ganzen Tag Zeit, immerhin gibt es da ein paar Dinge, die uns da im Wege stehen könnten…Aber das erkläre ich später. Eric, wie viel Platz brauchst du?“
„Auf jeden Fall mehr als hier vor der Treppe ist.“
„Gut, dann gehen wir auf die Wiese. Du kannst mir dein Schwert geben, ich werde es tragen.“
Sie gingen nebeneinander zu der Wiese, auf der Eric auch bei seiner Ankunft gelandet war. Niemand war zu sehen, vielleicht einfach noch ein wenig zu früh. Eric schätzte die Zeit auf gerade mal fünf Uhr morgens. Als sie alle vier auf dem Gras standen und Mia die Schwerter alle zusammengebunden hatte, entfernte sich Eric einige Meter von ihnen. Dann schloss er die Augen. Dieses Mal fühlte es sich anders an: Die Hitze welche er schon kannte, war noch intensiver, ein heißer Puls zerzauste den anderen drei die Haare. Er fühlte sich noch besser als bei den anderen Verwandlungen. Er hatte sich nie wirklich zurückverwandeln wollen, fühlte sich so viel wohler. Jetzt übertrafen sich seine Gefühle gegenseitig und er war kurz davor, einen lauten Freudenschrei auszustoßen, beherrschte sich aber. Es schien, als wäre er gewachsen; ein kleines Stück zwar, aber er war größer geworden. Er spannte die Flügel und streckte sich wie ein Kater, der lange unter dem Sofa geschlafen hatte. Dann sah er auf seine Freunde herab.
„Das fühlt sich gut an! Ich glaube ich bin gewachsen, wenigstens ein kleines Stück…“
Seath starrte ihn glückselig an. Endlich hatte sie die Gelegenheit einen echten Drachen zu bestaunen. Der, der da vor ihr stand, übertraf ihre Vorstellung von kleinen Dinosauriern mit Flügeln bei weitem. Sie hatte immer nur aus Erzählungen gehört, wie diese mächtigen Wesen aussehen konnten
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