Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Titel: Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
Vom Netzwerk:
umzukehren!”
    “Achtung, Stoßwelle!”
    Du kannst mich mal, verehrter Chef, denkt Bruno grimmig. Wenn einer Styx helfen kann, dann nur ich, eventuell noch Skamander! Die andern stellen sich mit den Wantentrailern so dämlich an, als führen sie im Lustpark mit diesen komischen Rollern, wo man nach links lenken muß, wenn man rechtsherum will. Bruno gönnt sich dies bißchen Eitelkeit ohne Gewissensbisse. Keiner wird je bestreiten, daß er der Trailerkönig ist. Oft genug konnte er den Kosmander überreden, ihn zu Doppelwachen einzuteilen, wenn Segelmanöver den Flugtag ausfüllten. Nur die Segelwache ist es, die Bruno ein Gefühl der Vollwertigkeit, ja sogar der Überlegenheit gibt. Dafür erträgt er gern die Spötteleien und Sticheleien, an die hat er sich gewöhnt. Und so richtig bösartig meint es keiner aus der Besatzung, auch das weiß Bruno. Er ist eben allein wegen seiner auffälligen Unübersehbarkeit die ideale Zielscheibe aller möglichen Witzeleien, aber wenn es in die Wanten geht, macht ihm keiner was vor, dann heißt es: Bruno hier und Bruno da, wie macht man dieses, Bruno, und wie könnte man jenes tun, Bruno – und keiner außer Skagit wagt eine Blödelei, wenn sie draußen sind.
    Und das genügt ihm. Bruno ist bescheiden und kommt mit diesem Minimum an Achtung aus, mehr noch – es macht ihn beinahe glücklich. Er hat sich mit seiner Rolle innerhalb der Mannschaft nicht nur abgefunden. Beinahe kokettiert er schon ein wenig mit seiner Behäbigkeit und Tollpatschigkeit, denn wäre er nicht in den Augen vieler der bemitleidenswerte Bordtrottel, würden sie den Kontrast zu Bruno dem Trailerkönig wohl gar nicht so deutlich wahrnehmen…
    Bruno späht angestrengt nach unten und kann das Auge des Wirbels ausmachen, der Styx verschlungen hat. “Beim Großen Sirius, das wird knapp!” flüstert er heiser. Die Geschwindigkeit des Fallstroms beträgt mindestens zweihundert Kilometer in der Sekunde. Zwar bewegt sich der Wantentrailer bei weitem nicht mit so großem Tempo, aber sein Absturz wird kontinuierlich beschleunigt.
    Die Stoßwelle donnert über Bruno hinweg und schleudert seinen Schlepper wieder aus dem Zentrum des Sogs. Er flucht, bringt den Trailer aber gleich wieder auf Kurs. Heute wird er ihnen das erstemal beweisen können, daß er mehr ist als nur ein Trailerkönig. Vielleicht wird man seinen Namen sogar kurz in den Pflichtinformationssendungen auf der Erde erwähnen, doch das interessiert ihn wenig. Nur die Leute der Ikaros können seine Leistung einschätzen, nur wenn sie ihn anerkennen, bedeutet es ihm etwas, nur ihr Urteil zählt, denn sie sind sein Zuhause, nicht die Erde, wo man ihn mit schlecht verhohlener Neugier oder gar Abneigung anstarrt, wenn er sie einmal kurz besucht, um dieses oder jenes zu erledigen, was sich nur dort erledigen läßt.
    Der Strudel des Katarakts, der sich aus einer der Millionen von Grannen gebildet hat, die wie ein Rastermuster die Sonne bedecken, rotiert träge. Er reicht bis in die Konvektionszone hinein, wo die Sonnenmaterie von vertikalen Energieströmungen zum Brodeln gebracht wird wie kochender Eintopf. Dorthinein stürzt Styx' Wantentrailer, und der Gefährte. schweigt immer noch. Bruno schluckt krampfhaft, als er sich bewußtmacht, daß die behäbig wirkenden Plasmawolken und -strömungen dort unten Geschwindigkeiten von mehreren hundert Kilometern in der Sekunde haben, daß die vielen kleinen Wirbel der aufeinanderstoßenden Materiewolken seinen Schlepper wie mit Krakenarmen in die Tiefe zerren und ganz woanders wieder ausspucken können, weit außerhalb der Funksicht des Drachenkreuzers, der zur Zeit sowieso nicht in der Lage ist, ihm zu Hilfe zu eilen…
    Wieder geht ein Schauer geladener Teilchen auf den Wantentrailer nieder: Bläulich und fahlgrün tanzt das tote, kalte Licht der Elmsfeuer durch die Kabine. Unwillkürlich schlägt Bruno mit der Hand nach den Flämmchen, die auf seine Brust überspringen, obwohl er genau weiß, daß es nichts nutzt. Für Sekunden stottert sein Herz wie ein Motor mit defekter Zündung.
    Immerhin ist es ein dramatischer Abgang, denkt Bruno mit Galgenhumor, dann aber packt ihn nackte Angst, und er reißt den Steuerbügel zurück, um aus dem Feld herauszukommen. Er braucht gar nicht auf die Instrumente zu sehen – der nachlassende stechende Schmerz unter dem Brustbein signalisiert ihm, daß das Manöver gelungen ist.
    “Mann, Styx, wenn du wüßtest, was ich deinetwegen riskiere!” flüstert Bruno atemlos, dann

Weitere Kostenlose Bücher