Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition)

Titel: Drachenkreuzer Ikaros: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Szameit
Vom Netzwerk:
Kornfeld, in das heftige Sturmböen fahren. Viel mehr ist es die unvorstellbare Größe, die man erst ahnt, wenn man sich der Sonne so weit genähert hat, daß sie wie eine endlose, das All zerschneidende flimmernde Fläche erscheint, was Bruno von der Hohen Aue mehr ängstigt als die ebenso unvorstellbare Hitze ihrer Gas-und Plasmamassen.
    Quadrangel hat mich an Bord zurückbefohlen, weil er Angst um sein Versuchsobjekt hat, denkt Bruno und verzieht die fleischigen Lippen zu einem hämischen Grinsen. Der wird mich nicht verraten, dazu ist er schon viel zu weit gegangen, und auch der Kosmander wird über meine Befehlsverweigerung hinwegsehen, wenn ich mit Styx im Schlepptau an Bord zurückkehre, er wird mich sogar belobigen vor versammelter Mannschaft.
    Bruno hat sehr gut gemerkt, daß Flakke seit Wochen alles tut, um Spannungen innerhalb der Mannschaft zu verhindern oder wenigstens zu dämpfen. Er ahnt auch, warum. Flakke scheint es ähnlich zu gehen wie ihm. Ohne die Ikaros ist er verloren. Und so kämpft er hartnäckig und unauffällig um die Moral seiner Leute, drückt beide Augen zu, wenn es nicht mehr anders geht, und Bruno hält es gut für möglich, daß sich Flakke auch über die Dienstvorschriften hinwegsetzte, wenn es helfen würde, die Lebensspanne des Drachenkreuzers zu verlängern. Vielleicht ist er gar ein wenig stolz auf seinen Proximer Bruno von der Hohen Aue, der ihm soeben beweist, daß der alte Geist der Ikaros noch nicht ganz in die galaktische Weite davongeweht wurde.
    Wie ein Adler stößt Brunos Wantentrailer in den flirrenden Strudel hinein. Die Funkverbindung zur Ikaros ist längst abgebrochen, der UV-Laser des Richtstrahls hat den Schlepper verloren und würde von den mächtigen Feldern des Flare-Ausbruchs ohnehin abgelenkt werden – die Entfernung zum Drachenkreuzer ist schon zu groß, mehrmals gaben die Ortungsgeräte einen schrillen Pfeifton von sich, der Bruno davon in Kenntnis setzte, daß sie das Basisschiff verloren hatten. Bisher haben sie den für Bruno schon unsichtbaren Punkt irgendwo zwischen den Loops der Bogenprotuberanzen immer wieder aufgefunden, bisher…
    Bruno schluckt Speichel, um das trockene Kratzen im Hals loszuwerden. Styx' Schlepper ist bereits mit bloßem Auge zu erkennen, nicht nur als weißglühender Punkt, der rasend schnell auf die Sonne zustürzt, sondern wieder als Ellipsoid, mit den aus der Saling gerissenen Wanten, die wie ein flatternder Schweif auf und nieder peitschen. Der Trailer trudelt noch immer steuerlos durch den Wirbel.
    Wenn Styx nun schon längst tot ist? durchfährt es Bruno eiskalt. Er tastet den Kommulaser auf den Schlepper des Kameraden. “Styx! Melde dich, wenn du mich hörst! Ich bin dicht hinter dir! Ich habe dich gleich, hörst du? Melde dich, Styx!”
    Styx schweigt. In den Kopfhörern sind nur das Prasseln und das Knattern der Flare-Entladungen zu hören.
    Ein seltsamer Gedanke flackert in Brunos Gehirn auf: Wenn ich jetzt abstürzen würde, könnte ich bis an den unteren Rand der Photosphäre vordringen, der Wantentrailer würde diese Temperaturen noch aushalten, vielleicht würde er sogar eine günstige Fallströmung erwischen und noch ein Stück in die Konvektionszone absinken – ich würde Dinge sehen, die noch nie ein Mensch zu Gesicht bekommen hat, aber ich könnte auch niemandem davon erzählen; aus dieser Hexenküche gibt es kein Entrinnen. Doch vielleicht würde mich eine Eruption wieder hinaus in die Chromosphäre schleudern… Da schüttelt Bruno benommen den Kopf. Wie kann er an so etwas denken! Nicht eine der Keramitsonden ist jemals wieder aufgefunden worden, die Wahrscheinlichkeit, daß ein Plasmaausbruch sie mit nach oben reißt, ist allem Anschein nach gleich Null.
    Bruno zwingt sich zur Konzentration. Solch abwegige Ideen suchen ihn nicht selten heim. Manchmal glaubte er den Sog körperlich zu spüren, der ihn immer wieder zur Sonne hinabzieht, wie ein lockender Ruf war es, wie eine schmeichelnde, süße Stimme. Quadrangel mißt dem keine sonderliche Bedeutung bei – Schnuckchens Halluzinationen beunruhigen den Arzt weit stärker, denn für Schnuckchens Merkursüchtigkeit hat er absolut keine Erklärung und kann sie nur als sehr sonderbare Streßreaktion interpretieren. Streß bei Schnuckchen – Bruno hat nur den Kopf geschüttelt. Der Elloraner ist der ausgeglichenste Mensch an Bord, denn bei ihm spielt sich alles nur an der Oberfläche ab. Er ist wie die Sonne: Die Hülle ist in ewiger Bewegung, da brodelt,

Weitere Kostenlose Bücher