Drachenlanze - Der Bund der ...
Händen Wasser zu schöpfen.
»Trink etwas«, wies Colo Kit an. »Das wird dir guttun.«
Beide tranken, bis der Durst gestillt war. Colo hielt es für das
beste, sich tagsüber vom Fluß fernzuhalten und in einem
weiten Bogen durch den Wald zu der Stelle zurückzukehren,
wo die Windhose entstanden war.
Sie hatten nur ein Schwert – das von Beck –, welches Kitiara
die ganze Zeit über hatte festhalten können. Auf ihrem Weg
durch den Wald trugen sie es abwechselnd und hackten sich
damit den Weg frei, wenn er vom Unterholz versperrt war.
Nach einem kurzen, aber anstrengenden Marsch durch den
Wald erkannte Kit die Gegend, wo sie am Vortag die Pferde
angebunden hatten. Hier standen majestätische Bäume mit
gelben Blättern. Einige Lichtungen waren voller Steine. Als sie
auf eine solche Lichtung traten, blieben sie und Colo wie
angewurzelt stehen: Ein schrecklicher Anblick erwartete sie.
Schlaukopf – oder Trauerkloß – baumelte an einem hohen
Baum. Sein Körper war nackt, jedoch von Schnitten, Eiter und
Blut überzogen. Sein Gesichtsausdruck war regelrecht
friedlich, doch die Augen waren herausgeschnitten. Sie lagen
unter ihm auf dem Boden, wo ein paar Vögel daran gepickt
hatten.
Daneben lag die treue Cinnamon ausgestreckt und gräßlich
ausgeschlachtet auf der Erde. Sie lag mit offener Flanke auf der
Seite, so daß ihre Gedärme in der Sonne verfaulten. Trauerkloß
war getötet worden, bevor man ihn aufgehängt hatte, aber
Cinnamon war langsam gestorben und qualvoll verblutet,
während die Aasfresser des Waldes schon über sie hergefallen
waren.
Kitiara konnte den Anblick nicht ertragen. Sie fiel auf die
Knie, bedeckte ihr Gesicht mit den Händen und kämpfte gegen
die in ihr aufsteigende Übelkeit an.
Colo schlich vor, wobei sie sich aufmerksam umsah. Als sie
Cinnamon erreichte, versetzte die Waldläuferin dem toten Tier
einen festen Tritt, scheuchte jedoch nur Fliegen auf. Sie stieß
auch Trauerkloß an. Obwohl der Mann mit dem traurigen
Gesicht wie verrückt hin- und herpendelte, machte er keine
weitere Bewegung und kein Geräusch. Schlaukopf war schon
seit Stunden tot.
Nachdem sie sicher war, daß niemand in der Nähe war,
stapfte Colo zu Kit zurück und stieß sie von hinten an.
»Was soll das?« fuhr Kit hitzig auf und sprang mit wütender
Miene hoch.
»Wir haben keine Zeit für solchen Schulmädchenkram«,
sagte Colo ärgerlich.
»Das war das Pferd meines Vaters«, flüsterte Kit.
»Na und? Wer ist dein Vater?«
»Gregor Uth Matar«, sagte Kit niedergeschlagen. Ihr Vater
schien jetzt weiter entfernt denn je.
Bei dieser Mitteilung wirkte Colo überrascht. »Der, mit dem
Ursa geritten ist?«
»Ursa?« erwiderte Kit noch erstaunter als ihre Begleiterin.
»Was meinst du damit? Er hat mir nie etwas davon erzählt, daß
er mit meinem Vater geritten ist.«
»Was weiß ich«, meinte Colo vorsichtig. »Vielleicht irre ich
mich auch. Ich bringe oft Namen durcheinander.«
»Erzähl mir, was du weißt«, drängte Kit.
»Ich weiß gar nichts«, wehrte sich Colo. Sie stand Kitiara
Auge in Auge gegenüber und ließ sich nicht im geringsten
einschüchtern.
Obwohl Kit gerne weitergebohrt hätte, mußte sie zugeben,
daß sie Colo vertraute, die ihr das Leben gerettet hatte, und das
schon zweimal. Vielleicht irrte Colo sich wirklich. Und
überhaupt – wie konnte Ursa mit ihrem Vater geritten sein und
es nie erwähnt haben?
»Wir haben jetzt sowieso keine Zeit für so etwas«,
wiederholte Colo.
»Was soll das heißen?«
»Dein Pferd haben sie getötet, die anderen aber nicht. Das
bedeutet, daß noch drei Pferde frei im Wald herumlaufen
könnten. Wir müssen mindestens eins von ihnen einfangen,
wenn wir eine Chance haben wollen, sie einzuholen.«
Kit dachte einen Augenblick nach. »Wenn die Banditen sie
nicht mitgenommen haben, sind die Pferde wahrscheinlich
unserem Geruch gefolgt und beim Wasserfall und der
Slighöhle angekommen. Das heißt, wenn wir immer in diese
Richtung gehen, ist es gut möglich, daß sie uns über den Weg
laufen.«
»Richtig«, sagte Colo und ging wieder auf den Wald zu. Kit
warf noch einen letzten Blick zurück auf Trauerkloß und
Cinnamon. Colo drehte sich um. »Kommst du?«
»Ja«, sagte Kit und eilte ihr nach.
Nachdem sie zwei Stunden langsam vorgedrungen waren,
gelangten sie zu dem Hügel in Sichtweite des Wasserfalls, dem
Ort, wo sie am Abend zuvor gelagert hatten und angegriffen
worden waren.
Der Anblick, der sie erwartete, war noch unheimlicher als
der auf der anderen
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