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Drachenlanze - Die Stunde der Diebe

Drachenlanze - Die Stunde der Diebe

Titel: Drachenlanze - Die Stunde der Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Daniell
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das Sternenlichttal, die Heimat der
Pegasi. Und fünfundzwanzig Meilen neben der Doppelspitze
bildete der Weiße Fluß sowohl die Südgrenze des Düsterwalds
als auch den Nordrand der Elfennation Qualinesti.
    Damit diese Karte wirklich nützlich wäre, fand Tolpan,
brauchte sie noch viel mehr Eintragungen: kleine Flüsse, Täler,
Höfe, ungewöhnliche Bäume oder Felsen und gute
Lagerplätze. Er zog einen Federkiel, ein Gläschen Tinte und
ein kleines Messer aus seiner Kartenröhre, woraufhin er dem
Kiel dann sorgfältig eine neue, scharfe Spitze schnitt. Danach
legte er seinen Lederbeutel als Unterlage unter die Karte und
zeichnete ein paar Hartriegelbäume. Ihre auffälligen weiß-rosa
Blüten waren so schön, daß man sie unmöglich übersehen
konnte.
    Nach mehreren Minuten sehr präziser Arbeit griff Tolpan
nach dem Sack auf seiner linken Seite. Der enthielt unter
anderem eine Flasche mit kühlem Wasser, das er für unterwegs
mitgenommen hatte. Kartenzeichnen machte ihn
immer
durstig. Aber ein ungewöhnliches Gefühl an seinem
Handgelenk lenkte ihn ab: Das schöne Kupferarmband dort
fühlte sich unangenehm heiß an. Bestimmt kam das von der
Sonne, die darauf schien. Als er hingriff, um das Schmuckstück
abzuziehen, verschwamm die Welt um ihn herum, und Tolpan
kam sich vor, als würde er mitten in den Himmel kullern.
Würzkartoffeln und Enteneier kamen ihm hoch. Er wollte sich
flach an den Felsen werfen, doch er war sich nicht sicher, wo
der lag. In diesem Zustand völliger Orientierungslosigkeit
tauchte aus dem Nichts plötzlich ein Bild in seinem Kopf auf.
Einen kurzen Augenblick nur sah er sich selbst, wie er in
seinen Sack griff und dann nach einem heißen Schmerz
zurückzuckte und eine rote Schwiele an der tintenbeschmierten
Spitze seines Mittelfingers anschwellen sah.
    So plötzlich, wie sie gekommen waren, waren Schwindel
und Vision verflogen. Tolpan blinzelte und sah sich um. Sein
Sack lag hinter ihm, und sein Finger war unversehrt. Er rieb
über die Stelle, nur um ganz sicher zu gehen. Das war aber mal
ein schönes Rätsel. Ganz aus dem Häuschen vor Neugier
schüttete der Kender den Inhalt seines Sacks auf dem kalten
Stein zu seinen Füßen aus. Unter der Flasche, etwas Schnur
und zwei Stücken Trockenfleisch ragten die haarigen Beine
einer Giftspinne hervor!
    »Mann!« rief Tolpan lauthals aus. »Wenn ich meine Hand da
reingesteckt hätte, wäre ich gebissen worden. Das war wie eine
Vision – ich habe gesehen, was passieren würde! Ich hab von
Leuten gehört, die so etwas können, aber ich hätte nie gedacht,
daß ich dazu gehöre.«
    Achselzuckend klopfte er sich ans Brustbein. »Ich frage
mich, ob das die drei Portionen Würzkartoffeln waren. Ich
habe noch nie soviel auf einmal gegessen.« Mit dem
ausgefransten Ende seines Federkiels schnipste Tolpan die
Spinne von dem Stapel seiner Habseligkeiten und sah zu, wie
sie sich eilig unter einem Stein in Sicherheit brachte. Als er die
Sachen in seinen Beutel zurückräumte, kam er nicht umhin, das
Armband an seinem Handgelenk zu bewundern.
    »Das muß ich diesem Flint wirklich zurückgeben. In der
Sonne wird es furchtbar heiß, und mein Handgelenk wird von
dem Kupfer bestimmt grün.« Danach vervollständigte Tolpan
seine Aufzeichnungen auf der Karte (indem er »Spinnenfelsen«
neben die Straße schrieb), schraubte das Tintenfläschchen
wieder zu, nahm einen tiefen Schluck aus seiner
Wasserflasche, packte seine Siebensachen zusammen, warf sie
sich über die Schulter und lief munter weiter nach Süden,
immer weiter von Solace und Flint Feuerschmied fort.
    Unterwegs bemerkte Tolpan, daß die Straße in den dunklen
Wald führte, um ein paar schroffe Berge weiter vorn zu
umgehen. Das schreckte ihn nicht
– Kender sind ganz
allgemein für ihre Furchtlosigkeit bekannt –, aber ihm kam der
folgende Gedanke: Wenn etwas Böses auf der Straße
unterwegs war, wäre dies der Ort, wo es zuschlagen würde.
Nur sicherheitshalber zog er seinen Gürtel und die Packriemen
fester und suchte sich auf der Straße einen glatten,
handflächengroßen Stein. Er war ein recht guter Schütze mit
seinem Hupakstock. So ein geschleuderter Stein konnte einen
größeren Stein zerschmettern oder einen Arm oder ein Bein
brechen. Als er das einfache Geschoß aufhob, tat ihm
derjenige, der ihm möglicherweise in die Quere kommen
würde, einen kurzen Moment lang aufrichtig leid.
    Dieser Gedanke verschwand rasch, als Tolpan bemerkte, daß
Flints Kupferarmband an seinem

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