Drachenlanze - Die Stunde der Diebe
das deine eigenen Einfälle, mit denen
du mir das Leben versauern willst?« fragte er, rein rhetorisch.
Tolpan schüttelte den Kopf. »Deine Frau kenne ich bestimmt
nicht, außer wenn sie gestern abend im Gasthaus in Solace war.
Ich bin nicht von hier.«
»Meine Frau im Gasthaus? Nein, das würde ja Geld kosten
und dann auch noch Spaß machen. Mein Gott, selbst auf der
Straße werde ich heimgesucht«, brummte der Mensch.
Tolpan ging vom Karren wieder dorthin, wo der tote
Hobgoblin lag, der auf dem Hupakstab des Kenders
aufgespießt war. »Igitt«, machte er mit vor Abscheu
verzogenen Lippen. Er wälzte den Körper auf die Seite, stellte
einen Fuß auf die Rippen und zog die Waffe heraus. Dann trug
er sie mit den Fingerspitzen auf Armeslänge vor sich zum
Straßenrand, wo er sie in einem kleinen Schneerest säuberte.
Bei diesem Anblick schnaubte der Mann und wendete seine
Aufmerksamkeit dem Wagen zu. Vorsichtig ging er um den
Körper zu seinen Füßen herum. »Was sind das überhaupt für
Wesen?« fragte er, während er den grausigen Anblick finster
betrachtete.
»Hobgoblins. Brauchst kein schlechtes Gewissen zu haben,
daß du einen umgebracht hast. Die sind durch und durch böse.
Ich meide sie nach Möglichkeit, weil man sie sonst sehr
wahrscheinlich töten muß. Und wenn ihr Gestank mal
irgendwo dran ist, geht er nie wieder ab. Ich sehe schon, ich
werde heute abend einen neuen Hupak machen müssen – der
hier wird nie wieder derselbe sein.«
Tolpan kehrte zum Karren zurück und kletterte auf den
Kutschersitz. »Was ist denn so schlimm an deiner Frau?«
»Diese Biester erinnern mich an sie: böse, ränkeschmiedend,
unvernünftig. Sie wird mir das Leben noch mehr zur Hölle
machen, wenn sie dieses Unglück hier herausbekommt.«
»Warum willst du ihr davon erzählen?« fragte Tolpan.
„Wenn sie sieht, wie wenig Geld ich auf dieser Reise
verdient habe, wird sie ahnen, daß etwas schiefgegangen ist.
Und mit ihren bohrenden Fragen kriegt sie die Wahrheit schon
aus mir heraus
– wie der Schlachter, der sein Hühnchen
ausnimmt.« Der Mann schloß die Augen und erschauerte tief.
»Das hört sich nicht sehr nett von ihr an«, sagte Tolpan und
ließ sich auf den Sitz plumpsen. »Sie kann dir schließlich nicht
die Schuld dafür geben, daß Hobgoblins häßliche Sachen
machen oder daß die Straßen voller Schlamm sind.«
Der Mann fuhr sich seufzend mit der Hand durch sein
schütteres Haar. »Da kennst du meine Frau nicht. Sie wird
behaupten, ich wäre mit Absicht in den Hinterhalt gefahren,
nur um sie zu ärgern, oder so einen Quatsch.«
»Dann müssen wir dich eben aus dem Schlamm ziehen und
auf den Weg bringen. Was machst du denn überhaupt?«
»Ich bin Kesselflicker«, erwiderte er. »Ich repariere Töpfe
und Pfannen, schärfe Messer, putze Lampen. Ich mache
praktisch alles.«
Tolpan sprang herunter, trat vom Karren zurück und stützte
sich auf seinen Hupak und sah sich die Bescherung an. Er
betrachtete den alten Klepper, der an dem braunen Gras
herumzupfte. »Warum läßt du nicht das Pferd den Wagen
rausziehen?«
Der Kesselflicker lachte. »Die alte Mähre? Bella hat gerade
noch die Kraft, ihr eigenes Gewicht auf ebener Strecke zu
schleppen, aber einen Wagen aus einem Schlammloch ziehen?
Außerdem haßt sie Matsch, schon immer. Sobald sie welchen
an ihren Hufen spürt, bleibt sie einfach stehen.«
»Warum ersetzt du sie nicht?«
»Hepsiba sagt, sie ist noch gut genug. Außerdem habe ich
die Alte gern. Das Pferd, meine ich.«
Tolpan ging um den Karren herum und bohrte das Ende
seines Hupaks in den Matsch des Grabens, bis er festen Boden
fand. »Hmm, etwa so tief wie mein Unterarm. Das ist nicht
besonders viel. Wenn du den Wagen von hinten anschiebst,
kann ich Bella bestimmt überreden, ein paar Schritte zu
machen.«
Der Mann lehnte sich an die Seite des Wagens an. »Ich kann
nicht begreifen, wozu man sich solche Mühe geben sollte,
gegen sein Schicksal anzukämpfen. Wenn die Vorsehung mich
hier haben will, dann werde ich auch hierbleiben, egal wie sehr
du oder ich uns bemühen.«
Tolpan musterte ihn einen Augenblick, bevor er sprach.
»Das ist Unsinn. Warum sollte die Vorsehung wollen, daß
dein Wagen in einem Graben voll Matsch steckt?«
»Keine Ahnung, aber so ist es eben! Ich werde mich doch
nicht gegen mein Schicksal erheben.« Als wenn die Sache
damit abgetan wäre, zog der Kesselflicker ein kleines Messer
aus der Tasche und begann, seine Fingernägel zu säubern.
Der Kender überlegte einen
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