Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Drachenlanze - Die Stunde der Diebe

Drachenlanze - Die Stunde der Diebe

Titel: Drachenlanze - Die Stunde der Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Daniell
Vom Netzwerk:
er Applaus.
    Und dann hatte er wie ein Geschenk des Himmels diesen
Kesselflicker mit dem magischen Armband und der lockeren
Zunge getroffen.
    Nachdem er den Kesselflicker letzte Nacht niedergeschlagen
hatte, hatte Waldo Solace eilends verlassen, war im Mondlicht
die fünf Meilen nach Osten Richtung Quekiri gewandert, wo er
am Nordrand des Dorfes am Weg gelagert hatte. Dann war er
früh aufgestanden, um den nächsten Hafen am Neumeer
anzusteuern, damit er eine möglichst große Strecke zwischen
sich und den übertölpelten Kesselflicker legen konnte. Aber
der erste Bauer, der ihn mitnahm, fuhr nicht zum Meer. Statt
dessen war er auf dem Weg in sein Heimatdorf, einen
abgelegenen Ort namens Tantalion, der hoch im OstwallGebirge lag und – wenig überraschend – auch das Ende der
Straße darstellte.
    Weil Waldo Segelschiffe nicht besonders liebte
– sie
machten ihm nämlich angst
–, fand er, daß ein abgelegenes
Dorf sich ebensogut wie jeder andere Ort für einen Wahrsager
eignete, der ein bequemes Leben und Anonymität wollte,
zumindest vorerst. Außerdem lautete sein Grundsatz »Schlag
nie etwas aus, was du umsonst bekommst«, und Mitfahren
gehörte dazu.
    Auf der Vorderbank des Wagens war nur Platz für einen,
darum saß Waldo hinten zwischen Jutesäcken voller
Kohlrüben. Trotz des unbequemen Lagers umklammerte er das
glückbringende Kupferarmband und dachte zufrieden: »Ich
glaube, mein Glück wird sich wenden.« Er schob das Armband
zur Sicherheit in seinen Packsack. Während er sich zwischen
die Rüben zurücklehnte, dankte er im stillen dem
unglücklichen Kesselflicker für sein neues Glück.
Eine holprige Stunde später ratterte der Karren in ein kleines
Dorf.
    »Rabental«, rief der Bauer, als der Wagen vor dem
Gemüseladen am Dorfplatz hielt.
Delbridge sprang ab, um seine kurzen Beine auszustrecken.
Während er sich den Straßenstaub von seiner grünen Jacke
abwischte, fragte er: »Wie weit ist es noch bis nach
Tantallon?«
Der Bauer kniff die Augen zusammen, während er sich einen
Rübensack auf die Schultern lud. »Weiß nicht genau. Acht –
nein, wahrscheinlich zehn Meilen nach Norden. Von hier an
wird der Weg etwas beschwerlich, und man kommt langsamer
voran.« Damit betrat der Bauer das Geschäft, um mit dem
Gemüsehändler einen Preis für seine Ware auszuhandeln.
Beim Anblick der frischen Lebensmittel knurrte Delbridge
der Magen, und er schmatzte mit seinen dicken Lippen. Weil
ihm sein Lieblingsmotto in den Sinn kam – »Kaufe nie, was du
stehlen kannst« –, sah er sich schnell um und schnappte sich
eine Ecke gelben Käse von einem Verkaufskarren vor dem
Geschäft. Nachdem er sich den aromatisch riechenden Käse
genußvoll unter seiner Knollennase entlanggezogen hatte,
steckte er ihn in sein weniges Gepäck, um ihn unterwegs zu
verzehren. Dazu nahm er noch zwei glänzende, rote
Gutlandäpfel und schlang beide mit je drei hungrigen Bissen
herunter.
Nicht lange darauf kam der Bauer aus dem Laden und
kletterte wieder auf den Bock. Delbridge ließ sich auf dem
etwas kleineren, aber immer noch harten Haufen Rübensäcke
nieder, um über seine nähere Zukunft nachzudenken, während
sie nordwärts aus dem Ort rumpelten. Argwöhnisch blickte
Delbridge das an, was der Bauer optimistisch eine Straße
genannt hatte; man hätte sie leicht mit einem Ziegenpfad
verwechseln können.
Als erstes würde Delbridge sich in Tantallon neu einkleiden.
Wahrsager trugen bunte, fließende Roben und diese
komischen, kleinen Hüte, die eigentlich nur um den Kopf
gewickelte Tücher waren.
Wahrsager hatten auch ungewöhnlich klangvolle Namen wie
Omardicar oder Hosni. Er entschied sich für Omardicar.
Omardicar, der Allwissende.
Die Bäume saßen voller Knospen. Kleine, grüne Blätter
sprossen aus den Ästen, die vom Winter noch kahl und grau
waren. Die Vorberge zum Ostwall-Gebirge waren überwiegend
mit weiß-rosa Holzapfelbäumen und Pflaumenbäumen, die
schon in voller Blüte standen, bepflanzt. Ihre flauschig
wirkenden Äste kratzten an den Seiten des Holzkarrens, der
über den schmalen Pfad rumpelte, und duftende Blütenblätter
in vielen Farben rieselten auf Delbridge und die Rübensäcke
herunter.
Für ländliche Idylle war Delbridge nicht zu haben. Eingelullt
von der warmen Frühlingssonne auf seinem Gesicht und dem
Schwanken und Holpern des Wagens auf dem unebenen Weg,
lehnte sich der zum Wahrsager gewordene Barde in die
schmutzigen Säcke zurück und schlief ein.
Einige Zeit später wurde er unsanft

Weitere Kostenlose Bücher