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Drachenlanze - Die Stunde der Diebe

Drachenlanze - Die Stunde der Diebe

Titel: Drachenlanze - Die Stunde der Diebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tina Daniell
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offenbare Hochstapler von einem
Künstler als nächstes probieren würde. Als er wieder fest stand
und sich den kalten Schweiß von der Stirn wischte, sah er, wie
sie ihn halb belustigt, halb befremdet anstarrten.
Wenn das auf das Armband zurückzuführen war, dachte
Delbridge, dann neigte der Kesselflicker, von dem er es
gestohlen hatte, zu grober Untertreibung. Aber, erinnerte er
sich mit Stolz, jahrelange Erfahrung hatte ihn gelehrt, eine
Gelegenheit zu ergreifen, wo immer sie sich bot. Zögern war
ein Luxus, den er sich nicht leisten konnte.
Mit aller ihm möglichen Würde ging Delbridge zwei kühne
Schritte vom Tresen weg, um dann den Arm zu erheben und
auf die Gäste zu zeigen. »Ich habe gesehen, was geschehen
wird. Der Tod lauert in diesem Raum und ist bereits hinter
einem von euch her. Ich könnte euch sagen, wer es ist – oder
ich kann meinen Mund halten und den Mann sterben lassen,
weil mir sowieso keiner glaubt.« Er ließ den Arm wieder
herabsinken und sah sie traurig an. »Ihr tut mir leid.«
Mehrere Zuschauer erblaßten, was Delbridge enorm
befriedigte. Der Mann, der in der Vision aufgetaucht war,
winkte mit dem Arm, als wolle er Delbridge verjagen und sich
wieder seinem Essen widmen. Mit einer Mischung aus
Frohlocken und Entsetzen sah Delbridge, daß er tatsächlich
einen Teller mit gebackener Forelle vor sich hatte!
Einer der Soldaten meldete sich: »Na los, Orakel, sag uns
wenigstens, wer es ist. Ich wüßte gerne, wer von uns über die
Klinge springen wird, damit ich ihm vorher noch einen
ausgeben kann.«
Auch ohne diese spaßige Einladung hätte Delbridge
gehandelt. Als der Mann aus der Vision die Gabel mit Fisch
zum Mund führte, sprang Delbridge hin und hielt ihn am
Handgelenk fest. Der Gast fuhr zornig auf und versuchte,
seinen Arm zu befreien. Delbridge stieß den Teller des Mannes
weg und warf dann die Gabel samt Fisch auf den Tisch.
Anschließend bat er den Nachbarn auf der Bank, während er
innerlich inständig betete, daß das der tödliche Bissen war:
»Bitte, untersuch das gründlich und sag uns, was du findest.«
Der Mann sah seine Begleiter um Unterstützung heischend
an und nahm dann achselzuckend die hingeworfene Gabel, mit
der er in dem Fischbrocken auf dem Tisch herumstocherte.
Schon einen Moment später hatte er etwas gefunden. Mit den
Fingern zog er einen Knochensplitter von der Länge seines
Fingernagels heraus, der zu einer Spitze geformt und geschärft
worden war. Es war das abgebrochene Stück eines
selbstgemachten Angelhakens. Mit erstauntem Blick hielt ihn
der Mann in der Handfläche hoch, so daß ihn jeder sehen
konnte.
Der Mann, in dessen Mahlzeit der Knochenhaken gesteckt
hatte, schluckte hörbar. »Ich glaube, wir brauchen kein Orakel,
um zu wissen, was geschehen wäre, wenn ich das geschluckt
hätte.« Die übrigen Anwesenden schwiegen. Delbridge gab
sich Mühe, angemessen selbstbewußt auszusehen.
Der Mann, dem er das Leben gerettet hatte, wandte sich an
den Wirt. »Shanus, ich weiß nicht, ob du diesem Mann ein
Zimmer gibst, aber ich lade ihn zum Essen ein. Was willst du
haben, mein Freund?«
Delbridge zögerte nicht. »Egal, bloß keinen Fisch«,
erwiderte er, worauf im Raum herzlich gelacht wurde.
Als er sich nach dem Essen in seinem kostenlosen Zimmer
ausruhte, fand Delbridge endlich Zeit zum Nachdenken. Er war
kein besonders weiser Mann, aber er war auch nicht dumm.
Daß hier Magie im Spiel war, war eindeutig, und
genauso
sicher wußte er, daß es der Einfluß des Armbands gewesen
war. Das war wirklich das Tollste, was er je in die Finger
bekommen hatte.
Er hatte keine Vorstellungen von den Fähigkeiten oder
Grenzen des Armbands, aber die Möglichkeiten, es
gewinnbringend zu nutzen, waren enorm. Wenn er erst einmal
wußte, wie er das Ding beherrschen konnte, würde er leicht
eine Vorstellung auf die Beine stellen können.
Beherrschung war allerdings ein Problem. Delbridge wußte
praktisch gar nichts über Magie. Er wußte, daß ein angesehener
Zauberer eine hohe Gebühr für die Untersuchung des
Armbands fordern würde, und es kam gar nicht in Frage, es zu
einem Zauberer von zweifelhaftem Ruf zu bringen. Also blieb
ihm nichts weiter übrig, als selbst herumzuexperimentieren und
seine Eigenschaften durch Versuch und Irrtum herauszufinden.
Dieser Pfad erschien steinig, doch Delbridge sah zunächst
keine andere Möglichkeit.
Inzwischen würde sich die Nachricht, was an diesem Abend
geschehen war, wie ein Lauffeuer in der Stadt verbreiten. Und
was noch

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