Drachenlord-Saga 01 - Der letzte Drachenlord
murmelte Kas Althume. Er legte die Fingerspitzen aneinander und dachte nach. Dies war eine Gelegenheit, die nicht ungenutzt bleiben durfte. Zwar war der Ausgang ungewiß, doch es schien, als stünden die Götter in dieser Runde auf seiner Seite. Schon das unerwartete Geschenk von Ranns Pflegerin hatte ihn entzückt. Daß Sherrine sich mit Linden Rathan überwarf, während gleichzeitig eine bestimmte Kostbarkeit aus Pelnar eingetroffen war, verschaffte ihm nun den zeitlichen Spielraum, den er brauchte. Erneut widerstand der Magier dem Impuls, nach dem unscheinbaren Kästchen zu greifen.
Es geschehen immer drei Dinge zugleich, behaupteten alte Ehefrauen. Ein Seelenfänger-Juwel, das Kaltfeuer eines Drachenlords, um das Juwel aufzuladen – und nun das.
Er zog die Schublade auf, nahm einen kleinen Sack mit Silbermünzen heraus und warf ihn dem Spion zu. Der Mann fing ihn mit gierigem Blick auf.
»Geh«, sagte der Magier. »Du hast der Bruderschaft einen wertvollen Dienst erwiesen.«
»Der Bruderschaft«, wiederholte der Mann, dann verneigte er sich huldvoll und verließ das Zimmer.
Kas Althume lauschte den verklingenden Schritten seines Besuchers und entschied, was zu tun war. Das Mädchen mochte alle glauben gemacht haben, sie hätte sich nur zum Wohle der Bruderschaft mit dem Drachenlord eingelassen, doch Kas Althume wußte es besser. Er hatte gesehen, wie sie Linden Rathan in einem scheinbar unbeobachteten Moment angeschaut hatte. Das Mädchen war bis über beide Ohren in den großen Drachenlord verliebt.
Kas Althume kannte Sherrine nicht sehr gut, doch im Laufe seines unnatürlich langen Lebens hatte er viele Menschen wie sie kennengelernt – Männer und Frauen, deren Liebe durch ein böses Wort in glühenden Haß umschlagen konnte. Sie würde bitterste Rachegelüste hegen, falls sie sich nicht wieder in Linden Rathans Bett schwatzen konnte. Wie ironisch, daß sie nicht wußte, daß sie eigentlich nur ihre Erste Verwandlung abzuwarten brauchte.
Er ging zu dem Schrank im hinteren Teil des Zimmers, nahm den Schlüssel, der an einer Silberkette um seinen Hals hing, schloß die kunstvoll verzierten Holztüren auf und holte die in dem Schrank versteckte Kristallkugel und die Flasche mit schwarzer Tinte heraus. Er stellte die Kristallkugel auf einen Tisch und füllte sie. Einen Moment später, nachdem er die nötigen Zaubersprüche gemurmelt hatte, beugte er sich über die Kugel und versuchte, die verzerrten Bilder zu deuten, die sich formten und wieder auflösten.
Doch der Zauber, der die Drachenlords umgab, war stärker als der seine. Nur ein Bild konnte er klar und deutlich erkennen – Linden Rathans von kalter Wut gezeichnetes Gesicht. Kas Althume zuckte unfreiwillig zusammen, als er den Zorn in den grauen Augen sah, die ihn direkt anzuschauen schienen.
»Gut, gut, gut«, sagte der Magier leise. »Scheinbar habe ich Euch unterschätzt, mein guter Drachenlord. Ihr seid nicht so weich, wie ich gedacht hatte. Tatsächlich erkenne ich Stahl unter Eurer gutmütigen Fassade – doch selbst der härteste Stahl kann zerbrochen werden. Wie aber überzeuge ich Lady Sherrine, daß sie uns hilft, Euch zu zerstören?«
36. KAPITEL
Der Weg zum Palast war ihm nie so lang vorgekommen. Kief und Tarina ritten neben ihm. Während die beiden sich angeregt unterhielten, überlegte Linden, wie er ihnen erzählen sollte, was geschehen war. Und dort vorn kam der Baum, wo Maylin und Kella ihm immer zuwinkten. Er fragte sich, ob sie auch heute dasein würden, bezweifelte es aber. Dennoch straffte er den Rücken und suchte die Menschenmenge nach ihnen ab.
Zu seiner Überraschung waren die beiden an ihrem gewohnten Platz. Seine Stimmung hob sich. Vielleicht hatte Maurynna eingesehen, daß er nur um ihre Sicherheit besorgt war, und hatte Maylin zur Vernunft gebracht. Lächelnd hob er eine Hand, doch er sah, daß Kella ihm nicht wie üblich zuwinkte. Das Kind saß bei seiner Schwester auf dem Arm und schaute ihn mit großen traurigen Augen an, dann drehte es den Kopf weg. Das tat ihm mehr weh als Maylins funkelnder Blick, der ihm beinahe die Haut vom Rücken geschält hätte. Im nächsten Moment waren die beiden im Pulk der Schaulustigen verschwunden.
Linden nahm die Zügel auf und preßte die Lippen zusammen.
Was war denn das, Linden? Eure neuen Angehörigen scheinen wütend auf Euch zu sein, sagte Kieferstaunt. Das Mädchen hatte genug Giß im Blick, um einen Echtdrachen zu erlegen.
Das war, um mich wissen zu lassen, was
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