Drachenlord-Saga 01 - Der letzte Drachenlord
nehmen sollte. Wenn Ihr so sehr von Eurem Plan überzeugt seid, sagt Ihr besser nicht, was Ihr vorhabt.«
Die Verärgerung seines königlichen Schutzherrn erschreckte Kas Althume. Peridaen hatte noch nie in einem solchen Ton mit ihm gesprochen. Gut, dann mußte er sich bei dem Thema also vorsehen. Er verlieh seiner Stimme ein Mitgefühl, das er nicht empfand. »Verzeiht, Hoheit. Das war mir nicht klar. Und es tut mir weh, daran zu denken, welchen Schmerz ich Anstella zufügen werde. Aber Ihr müßt einsehen, daß dies ein Geschenk der Götter ist, Peridaen. Eine solche Gelegenheit wird sich uns nie wieder bieten.«
»Ich weiß.« Peridaen starrte auf den Tisch. Er sah plötzlich mitgenommen aus. »Ich weiß. Aber hat Ankarlyn den versklavten Drachenlord nicht umgebracht?«
»Indirekt. Ankarlyn hat seinen Drachenlord nach dessen Erster Verwandlung auf unkluge Weise mißbraucht – ein Fehler, den wir nicht wiederholen werden. Der Seelengefährte des versklavten Drachenlords tötete ihn und beging danach Selbstmord. Wenn wir dieses Spiel geschickt spielen, werden weder Linden Rathan noch ein anderer Drachenlord mitbekommen, was vorgeht.«
»Mögen die Götter uns beistehen«, sagte Peridaen schwermütig. »Falls wir das Spiel spielen.«
Sherrine saß allein am langen Tisch im Speisezimmer des Stadthauses der Colranes und stocherte in ihrem Essen herum. Der bloße Gedanke an Essen verursachte ihr Übelkeit. Sie schob den Teller beiseite.
»Räume es ab«, herrschte sie das Dienstmädchen an.
Einen Augenblick später war die Mahlzeit vom Tisch verschwunden. Das Dienstmädchen eilte aus dem Zimmer. Sherrine hörte Stimmengemurmel. Zweifellos tratschten die Diener wieder über ihre üble Laune.
Was nun? Sie starrte auf ihre Hände und drehte gedankenverloren die Ringe an ihren Fingern. Vor ihr lag ein langer, einsamer Abend – und eine noch einsamere Nacht.
Völlig in Trübsal versunken, hörte sie zunächst nicht das plötzliche Stimmengewirr vor dem Haus. Dann …
»O Götter – nein!«
Sherrine stand auf und packte mit beiden Händen die Tischkante. Nicht ihre Mutter. Nicht heute.
Ihre Mutter schritt mit der herrischen Blasiertheit einer Königin ins Zimmer. Sherrine stieß sich vom Tisch ab und zwang sich, gerade zu stehen.
Eine schöne Augenbraue wölbte sich in höhnischer Verachtung. »Ich wußte, daß du versagen würdest. Aber nicht, daß es auf so spektakuläre Weise geschehen würde, das muß ich zugeben. Fallengelassen wegen einer Seefahrerin. Unfaßbar!«
Sherrine erstarrte. Hinter ihrer Mutter stand die Tür noch immer offen, und obgleich ihre Mutter nicht die Stimme gehoben hatte, wußte Sherrine aus Erfahrung, daß Anstellas Sticheleien nicht ungehört blieben. Der plötzlichen Stille im ganzen Haus nach zu urteilen, lauschte die gesamte Dienerschaft. Und Sherrine machte sich keine Illusionen darüber, daß die Diener aus Verbundenheit zu ihr Stillschweigen bewahren würden. Morgen abend würde die Geschichte in allen Adelshäusern Casnas kursieren.
»Fallengelassen wegen einer Seefahrerin«, wiederholte ihre Mutter. »Und nach Hause geschickt wie eine diebische Küchenmagd – wegen einer gewöhnlichen Dime. Und bestimmt hast du alles demütig über dich ergehen lassen, stimmt’s?«
Die Worte waren schlimm genug, doch am schlimmsten war die höhnische Verachtung, die in der Stimme ihrer Mutter mitschwang. Und sie fand nicht die richtigen Worte, um sich zu verteidigen. Sie verachtete sich wegen ihrer Schwäche.
»Diesmal hast du dich übernommen. Du hieltest dich für so gerissen und hast nicht gemerkt, daß Linden Rathan sich nur amüsierte, bis er etwas Besseres fand.« Ihre Mutter schüttelte höhnisch lächelnd den Kopf. »Und du kannst nichts dagegen tun, nicht wahr?« stichelte sie.
Sherrine senkte den Blick vor der verhaßten Wahrheit. Es gab nichts, was sie tun konnte. Sie war machtlos.
»Ich wußte von Anfang an, daß deine Dummheit dir im Weg stehen würde. Deinesgleichen kommt nur mit Zauberkräften an einen Drachenlord heran«, sagte ihre Mutter mit einem abschließenden Hohnlächeln. »Du bist eine einzige Enttäuschung für mich, Mädchen; das bist du schon immer gewesen. Pah, ich werde mit dir nicht länger meine Zeit verschwenden.«
Bei den letzten verletzenden Worten raffte ihre Mutter ihren Rock und verschwand. Sherrine stand nur zitternd da, unfähig sich zu bewegen, und fühlte sich, als wäre ihre Seele entzweigerissen worden.
Dann rebellierte etwas in ihr. Sie
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