Drachenlord-Saga 01 - Der letzte Drachenlord
umgeht. Um eine Verletzung und unangenehme Fragen zu vermeiden, hielt ich es für das beste zu flüchten.« Er hob eine Hand, den Einwand vorwegnehmend, den Peridaen sogleich erheben wollte. »Vergeßt nicht weder Pol noch ich waren bewaffnet. Das Beschwören eines so mächtigen Zaubers verbietet die Gegenwart von kaltem Eisen. Zu dem Zeitpunkt, als uns die beiden Reisenden entdeckten, hatten wir das meiste von dem, was wir wissen wollten, bereits erfahren – und wir hatten das«, sagte der Magier und deutete mit einem Kopfnicken auf das Großschwert auf dem Tisch.
»Ja, das. Und was wollen wir damit anfangen? Wir können es nicht hierlassen. Sollte einer der Diener es entdecken … Verflucht, Kas, Ihr geht zu große Risiken ein! Das war nicht Teil unseres Plans.«
Kas Althume bedachte ihn mit einem kühlen Lächeln. »Pläne existieren, um sie zu ändern, verehrter Prinz. Macht Euch keine Sorgen. Dieser Schatz wird bis zum richtigen Zeitpunkt an einem sicheren Ort versteckt.«
Aufgeregte Stimmen und das Geräusch von den Flur entlangeilenden Leuten weckten Maylin. Sie setzte sich auf, erschrocken vom dicken flauschigen Federbett auf ihren Beinen und dem Gefühl von feinstem Leinen auf der Haut. Wo war sie? Dann stürzte die Erinnerung auf sie ein, und sie sprang hastig aus dem Bett.
Ihr geliehenes Nachthemd raffend, um nicht zu stolpern, eilte Maylin zur Tür und rannte in den Flur hinaus. Sie kam gerade rechtzeitig, um Kief Shaeldar, von dessen Kleidern Wasser tropfte, die Treppe hochstürmen und nach links in den Flur laufen zu sehen. Er trug Linden Rathan, als wäre der große Drachenlord nicht schwerer als ein Kind. Eine Traube von Dienern eilte ihm hinterher wie ein Schwann aufgeschreckter Hühner. Einer von ihnen kam ihr bekannt vor; ein Mann mit kantigen, harten Zügen.
Habe ich den heute nacht nicht irgendwo gesehen? Nein, kann nicht sein. Er war nicht draußen im Regen. Dann dachte sie: Götter – sind Drachenlords stark. Niemand, der so klein wie Kief Shaeldar ist, sollte eigentlich jemanden von Lindens Größe tragen können.
Bei jeder anderen Gelegenheit wäre der Anblick von Lindens langen Beinen, die über Kief Shaeldars Arme baumelten, lustig gewesen. Aber nicht heute nacht. Maylin rannte den Flur hinunter, als eine Tür zu einem der Schlafzimmer geöffnet wurde.
»Hier rein,« rief Tarina Aurianne aus dem Zimmer. »Beeil dich.«
Maylin erhaschte nur einen flüchtigen Blick auf Lindens Gesicht, als Kief Shaeldar mit ihm in das Zimmer eilte. Als sie ihrerseits das Zimmer erreichte, wurde ihr die Tür vor der Nase zugeschlagen. Sie überlegte kurz, ob sie klopfen sollte. Aber welche Befugnisse es ihr auch einbringen mochte, Maurynnas Cousine zu sein, sie glaubte nicht, daß diese Befugnisse so weit reichen würden. Deswegen drehte sie sich um und ging in ihr Zimmer zurück.
Dieses Mal fühlte sie sich einsam in dem großen Bett. Sie wünschte, Maurynna, ihre Mutter oder sogar Kella wäre bei ihr. Immer wieder warf sie sich herum, grub den Kopf ins Kissen, zählte Schafe – aber nichts vertrieb die Erinnerung an Lindens Gesicht: schlaff, reglos, grau, die Lippen blutverkrustet.
5 0 . KAPITEL
Die Drachenlords Kief Shaeldar und Tarina Aurianne und Lindens Freund Otter Heronson sahen Tasha verzweifelt an und erhofften sich Antworten, die sie ihnen nicht geben konnte.
»Könnt Ihr ihm helfen, Heilerin?« fragte Kief Shaeldar.
Tasha schüttelte den Kopf. »Euer Gnaden, Ihr sagt, daß Ihr Euer Heilfeuer bei ihm eingesetzt hättet und daß es kaum geholfen habe. Was kann eine EchtmenschHeilerin dann noch ausrichten? Besonders nach all der Zeit. Wäre ich doch nur bei dem Fest gewesen. Alles, was ich sagen kann, ist, daß es nach Vergiftung aussieht. Und wenn Ihr damit recht habt, daß Magie im Spiel ist …«
Hilflos spreizte sie die Hände. Es war ein Gefühl, das ihr seit einiger Zeit nur zu vertraut war, und sie hatte es allmählich satt. »Das Beste, was ich tun kann, ist zu versuchen, den Symptomen mit Heilkräutern entgegenzuwirken.«
Zum ersten Mal, seit Tasha in der Residenz der Drachenlords eingetroffen war, sprach Tarlna Aurianne.
»Wird er überleben?«
Tasha holte zischend Luft. »Ich weiß es nicht. Ich kann es wirklich nicht sagen – aber es sieht nicht gut aus. Immerhin ist schon ein ganzer Tag vergangen, seit Ihr ihn hergebracht habt, und es ist nicht die geringste Besserung eingetreten. Ich kann Euch nur sagen, daß ich mein Bestes versuche.«
Kief Shaeldar nickte.
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