Drachenlord-Saga 01 - Der letzte Drachenlord
sagte mit zornbelegter Stimme: »Tut einfach, was man Euch sagt.«
»Nein, das tue ich nicht. Linden wäre beinahe an dem Mittel gestorben, das Ihr mir für ihn gegeben habt. Ihr habt mir nicht gesagt, was passieren könnte«, sagte Sherrine.
»Das war ein unglücklicher Zufall. Er hätte ein Gegenmittel bekommen, wenn ich nicht unterbrochen worden wäre. So, und jetzt geht zum Fußende des Altars – nach heute nacht werdet Ihr so mächtig sein, wie Ihr es in Euren kühnsten Träumen nicht zu hoffen gewagt habt – und Linden Rathan wird Euch auf ewig gehören.«
Er wußte, daß sie sich damit überzeugen lassen würde. Dennoch lag ein rebellischer Glanz in ihren Augen, und ihr Blick wanderte immer wieder zu der Gestalt auf dem Altar.
»Ihr wollt doch Linden, oder? Einige Dinge muß man sich eben mit Blut erkaufen, Sherrine. Dies ist eines davon. Entscheidet Euch jetzt.« Er wartete. Er glaubte zu wissen, wie sie sich entscheiden würde. Sollte er sich täuschen, stand Pol zwischen ihr und ihrem Pferd. Ob sie wollte oder nicht, Lady Sherrine würde heute nacht die ihr zugedachte Rolle spielen.
Ihre Lippen bebten. Dann straffte sie den Oberkörper und ging an ihm vorbei, um ihren Platz am Altar einzunehmen.
Endlich war es soweit. Nur eine letzte Sache mußte noch erledigt werden, dann konnte die Zeremonie beginnen. Kas Althume nickte Pol zu. Sofort eilte der Diener zu den Satteltaschen, die vor dem Altar lagen, und zog das Kästchen mit dem Seelenfänger-Juwel heraus. Er wollte es öffnen.
»Nicht, Pol!« sagte der Magier scharf. »Du darfst es nicht mehr berühren. Es ist jetzt zu mächtig für dich, denn dich umgibt kein magisches Schutzfeld. Wenn du es berührst, wirst du das Juwel und dich selbst zerstören. Gib mir das Kästchen.«
Mit spitzen Fingern reichte Pol es ihm. Kas Althume klappte es auf und zog das schwarze Seidentuch fort. Licht sprudelte aus dem Kästchen und strömte auf den Sandboden wie Wasser aus einer Zisterne. Sherrine hielt den Atem an, als er das Seelenfänger-Juwel herausnahm und es zum sternenbesprenkelten Nachthimmel hochhielt. Dann legte er es dem zitternden, noch immer unter dem Umhang versteckten Jungen auf den Kopf. »Braves Kerlchen«, murmelte er amüsiert. Dann sagte er laut: »Es geht los.«
Er stimmte einen beschwörenden Singsang an, bat die dunklen Mächte um Kraft und Beistand. Im Gegenzug versprach er ihnen Blut und Tod. Die Worte, gesprochen in einer Sprache, die so alt war, daß man sie schon zu Ankarlyns Zeiten fast vergessen hatte, rollten wie Donner über seine Zunge.
Die Kraft wuchs. Endlich würden seine Träume wahr werden. Die Ära der Drachenlords näherte sich ihrem Ende.
Dann ließ ihn ein Rascheln im Wald innehalten. Mit letzter Kraft schleppte sich ein Pferd auf die Lichtung. Als der Reiter aus dem Sattel sprang, erkannte Kas Althume, daß es Prinz Peridaen war.
»Rann! Rann!« schrie Peridaen, während er den Hügel hochstürmte.
»Onkel Peridaen?« fragte Rann unter dem Umhang. Er versuchte sich aufzusetzen, doch Kas Althume drückte ihn hinunter. Der Junge wehrte sich, und der Umhang verrutschte.
Entsetzt wich Sherrine einen Schritt zurück, als sie das hochrote Gesicht erkannte. »Rann?«
Peridaen hatte fast den Hügel erklommen. »Sherrine, lauf weg! Er will dich zu seiner Sklavin machen!«
Sherrine flüchtete wie ein aufgeschrecktes Rehkitz. Kas Althume rief: »Pol!« und hielt unterdessen Rann fest. Pol holte Sherrine mit wenigen Schritten ein und versetzte ihr einen Schlag gegen die Schläfe. Benommen fiel sie ihm in die Arme.
Kas Althume hob den Dolch, doch bevor der Magier zustoßen konnte, hatte Peridaen ihn erreicht und stürzte sich auf ihn. Während sie um das Messer rangen, rief der ältere Prinz: »Lauf weg, Rann! Los! Lauf weg!«
Der Junge sprang vom Altar und lief in den Wald. Wütend rammte Kas Althume dem Prinzen eine Faust in den Bauch. Peridaen fiel auf den Altar. Kas Althume stürzte sich auf ihn und hielt den Prinzen fest.
»Wieso müßt Ihr dazwischenkommen, Ihr Narr?« rief der Magier. »Aber es funktioniert auch mit Euch, Peridaen. Denn dasselbe DrachenlordBlut, das in Ranns Adern fließt, fließt auch in Euren!« Er fuhr mit der Klinge über Peridaens Kehle.
Blut spritzte auf, Peridaen gab einen letzten gurgelnden Laut von sich, dann erlosch das Licht in seinen entsetzt starrenden Augen. Kas Althume nahm das Seelenfänger-Juwel und badete es im Blut des Menschenopfers, während er von neuem den beschwörenden
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