Drachenlord-Saga 01 - Der letzte Drachenlord
wer sie gebaut hat und welchem Zweck sie dienen. Einige Leute behaupten, es sei ein magischer Ort, eine Art Glücksstätte.«
Linden nickte; dies paßte zu dem, was er an dem Trilith empfunden hatte. »Redet weiter. Ich bin an solchen Dingen, ahm, interessiert.«
Der Hauptmann sah beklommen aus. Es war offensichtlich, daß er allem, was mit Zauberei zusammenhing, lieber aus dem Weg ging. »Mehr weiß ich darüber nicht, Euer Gnaden. Es soll eine Art Glücksstätte sein – das Gegenteil von dem anderen Monument in den Wäldern. Zumindest heißt es in den Überlieferungen, daß es ein zweites Monument gibt. Niemand, den ich kenne, hat es je gesehen. Vielleicht existiert es gar nicht.
Angeblich ist dieses zweite Monument verflucht. Die alten Leute behaupten, daß es Pech bringt, wenn man nur davon spricht. Nur gut, daß Ihr es nicht entdeckt habt, Euer Gnaden, falls es wirklich existiert. Angeblich liegt es von den Steinsäulen aus irgendwo landeinwärts entlang der Krähenroute. Und ganz gleich, ob es existiert oder nicht, niemand betritt diesen Teil des Waldes, wenn er nicht unbedingt muß. Menschen fühlen sich dort unbehaglich.«
Linden fragte: »Woher wißt Ihr das alles, Jerrel?«
Der Soldat grinste. »Mein Großvater jagte mir mit diesen Geschichten immer Angst ein, Euer Gnaden. Er erzählte von unheimlichen Schattenwesen, die den Ort angeblich heimsuchen. Als junge Spunde haben meine Freunde und ich einander immer herausgefordert, dort mitten in der Nacht hinzugehen. Glücklicherweise ist der Ort zu weit entfernt – sonst hätten wir es womöglich wirklich versucht! Hin und wieder hört man heute noch Geschichten darüber.«
Die drei Drachenlords sahen einander fragend an.
Habt Ihr etwas in der Art gespürt, fragte Kief.
Ehrlich gesagt, nein. Ich habe mich in dem Teil des Waldes, in dem ich mich aufhielt, sehr wohl gefühlt.
Er mußte verträumt geklungen haben, denn sowohl Kief als auch Tarlna musterten ihn mit hochgezogenen Brauen und murmelten »Oh?«, um sich anschließend bedeutungsvolle Blicke zuzuwerfen.
Linden versuchte, nicht zu lächeln. Ich habe bei meinem Ausritt Lady Sherrine von Colrane getroffen. Wir haben an ihrer Lieblingsstelle im Wald gepicknickt.
Gepicknickt, wiederholte Tarina süffisant. Natürlich.
Kief verbarg ein Lächeln hinter vorgehaltener Hand. Linden hätte schwören können, daß er ihn kichern gehört hatte.
Dann sagte Tarina laut: »Ihr werdet Eure anderen Damen eifersüchtig machen.« Mit einem Kopfnicken deutete sie auf den Straßenrand.
Linden blinzelte verwirrt. »Meine anderen –? Oh – sind wir schon da?«
Er sah zu der großen Ulme hinüber, die an der Kreuzung der Hauptstraße und einer kleinen Seitenstraße stand. Unter dem Baum standen zwei Mädchen; er hatte sie fast jeden Morgen auf dem Weg zur Ratssitzung gesehen. Aus ihren Kleidern schloß er, daß sie aus einer wohlhabenden Kaufmanns oder Künstlerfamilie stammten. Er vermißte sie, wenn sie einmal nicht da waren. Sie waren die einzigen Gesichter, die er in den Menschenmassen erkannte, die allmorgendlich die Straße säumten, um die Drachenlords vorbeiziehen zu sehen. Irgendwie stachen sie aus der Menge heraus.
Wie gewöhnlich trug die ältere – ein fälliges Mädchen von fünfzehn oder sechzehn – die kleinere auf dem Arm, damit sie besser sehen konnte. Mit ihren braunen Locken und den Stupsnasen sahen sie eindeutig wie Schwestern aus.
Das jüngere Mädchen sah ihn und winkte. Er winkte zurück und erwiderte ihr Grinsen. Wie jeden Morgen fing das Mädchen an zu kichern. Ihre Schwester setzte sie ab und winkte ebenfalls. Obwohl er sich in seinem Sattel umdrehte, verlor Linden die beiden aus dem Blick, als sie weiterzogen.
»Ich frage mich, wer die beiden sind«, sagte Linden zu niemand Bestimmtem.
Kief zuckte mit den Schultern. »Ich bezweifle, daß Ihr das jemals herausfinden werdet. Den beiden werden wir wohl kaum im Palast begegnen, oder?«
»Nein«, stimmte Linden ihm zu und dachte: Zum Glück. Ich wünsche niemandem, sich in diese Schlangengrube begeben zu müssen, schon gar nicht diesen süßen Mädchen.
Er würde sich eben damit begnügen müssen, den beiden jeden Morgen zuzuwinken – und sie um die Einfachheit ihrer Leben zu beneiden.
12. KAPITEL
Kas Althume betrat das Studierzimmer, in dem Peridaen und Anstella über einer Partie Schach saßen. Da er sah, daß die beiden in ihr Spiel vertieft waren, ging er ans Fenster, das auf Peridaens Anwesen am Fluß hinausging.
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