Drachenlord-Saga 01 - Der letzte Drachenlord
ist traurig. Er ist so nett«, sagte Kella. »Ich möchte seine Freundin sein. Glaubst du, das würde ihm gefallen? Ich winke ihm immer zu, und er winkt zurück. Er nennt mich ›Kleine‹.«
Maurynna lächelte. »Ich glaube, er hätte dich gern zur Freundin«, sagte sie. Dann wurde ihre Stimme vor Aufregung heiser: »Schau – wir sind fast da.«
Eine einzelne Ulme stand an der Straßenecke, der sie sich näherten. Eine der Wachen stand in ihrem Schatten.
»Geh ruhig voraus«, sagte Maylin, »ich weiß, daß du es kaum erwarten kannst.«
Maurynna nahm Kella von ihren Schultern. »Das letzte Stück mußt du laufen.«
»Wollen wir um die Wette rennen?« fragte Kella.
»Meinetwegen.«
Maylin schüttelte den Kopf. »Du willst bei dieser Hitze rennen? Du bist verrückt.«
Maurynna lachte. Kella rief: »Auf die Plätze, fertig, los!« Das kleine Mädchen rannte so schnell sie ihre Beine trugen. Maurynna trabte direkt hinter ihr.
Maylin, die in einem der Hitze angemessenen Tempo ging, sah den lachenden Läuferinnen nach. Kella erreichte den Baum als erste. Maurynna sagte etwas zu dem Wachposten, der unter der Ulme stand.
Wieso standen heute keine Leute an der Straße? Hatten sie schon genug von den Drachenlords?
Der Wachposten schüttelte den Kopf. Maurynnas Schultern sackten herunter. Dann drehten sie und Kella sich um und trotteten mit hängenden Köpfen zurück.
Maylin blieb stehen. »Was ist los?« fragte sie, als die beiden sie erreichten.
»Der Wachposten meinte, die Sitzung beginnt heute erst am Mittag«, sagte Maurynna.
»O nein.« Maylin sah ihre Cousine an und las ihre Gedanken. »Rynna, ich wünschte, wir könnten mit dir warten, aber Mutter braucht uns. Aber wenn du …«
Maurynna schüttelte den Kopf. »Ich bin versucht, aber es wäre dumm, hier stundenlang herumzustehen. Geht ruhig ins Geschäft zurück. Ich glaube, ich werde zum Schiff gehen.«
Maylin suchte ihren Blick, doch Maurynna sah sie nicht an, sondern drehte sich um und ging.
»Arme Rynna«, sagte Kella.
»Ich habe ein schlechtes Gewissen«, sagte Maylin. »Ich meine, ich schraube ihre Erwartungen in die Höhe, und dann so was. Ich wünschte, sie würde uns begleiten.« Sie wird diesen Dockarbeiter suchen, ich bin mir ganz sicher. Hoffentlich stellt Otter sie bald Linden Rathan vor. Er ist vermutlich der einzige, der sie von diesem Kerl fernhalten kann.
Bis auf einige an Deck arbeitende Seemänner lag der Landungssteg der Seenebel verlassen da. Das Wasser glitzerte. Möwen kreisten über dem Schiff, ihre Schreie schrill in der morgendlichen Stille.
Otter schüttelte den Kopf. »Sieht nicht gut aus, Jungchen.«
Linden fragte hoffnungsvoll: »Haben sie noch nicht angefangen? Sollen wir auf sie warten?«
»Sie sind fertig. Siehst du, wie hoch das Schiff im Wasser liegt? Es ist leer. Vermutlich arbeitet die Löschmannschaft an einem anderen Schiff.«
»Verdammt«, sagte Linden enttäuscht.
Otter klopfte ihm auf die Schulter. »Keine Sorge, wir werden sie schon finden. Das sagt mir mein Gefühl.«
Linden lächelte verdrossen. »Hoffentlich hast du recht.«
»Ich weiß, daß ich recht habe. Laß uns am Fluß entlanggehen.
Am Wasser ist es wenigstens etwas kühler. Also – nach Norden oder nach Süden?«
»Norden«, sagte Linden und dachte an die kühle, saubere Luft von Drachenhort.
Als sie am Hafen ankam, bereute Maurynna, daß sie gelaufen war. Sie hätte zum Haus zurückgehen und ein Pferd nehmen sollen.
Vor ihr ragte das Gebäude des Erdon-Lagerhauses mit dem Silberdelphin an den Türen auf. Sie öffnete eine der schweren Türen, dankbar für die Kühle dahinter, und schleppte sich zu einer Kiste. Mit einem Plumps ließ sie sich darauf nieder, wischte sich mit dem Unterarm über die schweißnasse Stirn und sagte an die in Hörweite umstehenden Arbeiter gerichtet: »Seeleute sollten nicht zu Fuß gehen – schon gar nicht bei solcher Hitze.«
Die Arbeiter lachten. Einer sagte: »Niemand sollte bei diesem Wetter zu Fuß gehen müssen, Käpt’n. An Tagen wie diesen beneide ich euch Seeleute darum, übers offene Meer schippern zu können.«
Danaet kam aus dem Büro. Die Arbeiter machten sich wieder an ihr Tagewerk. »Ich dachte, ich hätte Eure Stimme gehört, Käpt’n Erdon. Könnte ich mit Euch sprechen – im Büro?«
Verwundert folgte Maurynna dem Mann. Käpt’n Erdon? Aus Danaets Mund?
Sobald sie das Büro betraten, schloß Danaet die Tür. Etwas sagte Maurynna, daß sie nicht mögen würde, was er ihr zu sagen
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