Drachenlord-Saga 01 - Der letzte Drachenlord
hatte.
Direkt wie immer kam Danaet sofort zur Sache. »Einige Dockarbeiter tuscheln über Euch, Rynna – über Euch und den großen blonden Kerl, mit dem Ihr gestern gearbeitet habt. Wer ist er?«
Maurynnas Gesicht wurde heiß. »Ich weiß nicht. Ich dachte, das könntet Ihr mir sagen. Jebby hat ihn geschickt. Sie wird es wissen.« Sie senkte den Blick, unfähig, Danaets ärgerlichem Starren standzuhalten.
»Ich habe Jebby gefragt; sie hat überall gesucht, aber niemanden gefunden, den sie Euch hätte schicken können.«
Einen Moment war Maurynna zu überrascht, um etwas sagen zu können. »Was? Aber wenn sie ihn nicht hergeschickt hat, dann …«
»Dann ist er kein Mitglied der Hafengilde. Und Ihr wißt, wie die Gilde über Arbeiter denkt, die ihr nicht angehören. Die Gilde könnte sich künftig weigern, für uns zu arbeiten, und was machen wir dann? Ich hoffe nur, daß er nicht den vollen Lohn erhalten hat.«
»Er hat gar nichts bekommen«, sagte Maurynna. Sie nickte dem entgeisterten Danaet zu. »Ich dachte, daß Jebby ihn geschickt hätte und daß er Mitglied der Gilde wäre, und wollte ihm dasselbe zahlen wie den anderen. Aber er verschwand, lange bevor ich die Männer auszahlte. Er bekam nichts, geschweige denn einen vollen Lohn.«
Danaet fluchte. »Verdammt. Dann muß er ein Dieb sein. Wahrscheinlich hat er unsere Waren ausspioniert und sich obendrein die Schlösser und so weiter angesehen, während er hier war.«
Maurynna wurde wütend. »Danaet, wer immer er war, ich weiß, daß er kein Dieb ist. Er kann gar nicht im Lagerhaus gewesen sein – nicht mal in der Nähe –, denn er war praktisch die ganze Zeit an meiner Seite.«
»Das habe ich gehört«, sagte Danaet trocken. »Trotzdem glaube ich, daß er ein Dieb ist. Mädchen! Was für Freunde Dir Euch immer zulegt! Der Kerl ist wahrscheinlich genauso schlimm wie dieser Flunder, oder wie er heißt. Und selbst wenn er kein Dieb ist, was fallt Euch ein, einem Dockarbeiter schöne Augen zu machen? Das ist äußerst unschicklich. Wahrscheinlich ist er von seinem Clan verstoßen worden. Verdammt noch mal, Ihr seid Mitglied einer der mächtigsten Kaufmannsfamilien in den Fünf Königreichen. Wollt Ihr wirklich, daß sich die Leute darüber den Mund zerreißen, daß Ihr Euch mit einem gewöhnlichen Dockarbeiter einlaßt?«
Zähneknirschend stand Maurynna auf. Nur das Wissen, daß Danaet es gut mit ihr meinte, gab ihr die Kraft, sich die Worte zu verkneifen, die ihr auf der Zunge brannten.
»Ihr täuscht Euch in ihm. Und ich tue, was ich für richtig halte, danke.« Als sie den verletzten Ausdruck in Danaets Gesicht sah, bekam sie ein schlechtes Gewissen. Seufzend ging sie mit zwei langen Schritten durchs Büro und umarmte ihn freundschaftlich. »Danaet, bitte sorgt Euch nicht. Ich muß ihn wiederfinden, das ist alles. Irgend etwas war eigenartig … Glaubt mir, ich weiß, was ich tue.«
Danaet seufzte. »Hoffentlich. Ich möchte nicht, daß Ihr verletzt werdet oder daß man Euch das Schiff wegnimmt. Und spart Euch, an den anderen Docks zu suchen, Rynna. Man hat ihn nirgendwo am Fluß finden können.«
Maurynna blieb an der Tür stehen. »Woher wißt Ihr das?«
Wieder seufzte Danaet. »Ich bat Jebby, ihn zu suchen. Ich wußte, daß Ihr ihn wiedersehen wollt, und ich wollte verhindern, daß Ihr von einem Dock zum nächsten rennt. Das wäre unschicklich. Und dort draußen gibt es genügend Leute, die für Eure Kapitänsspangen töten würden.
»Mein Ehrenwort – er arbeitet an keinem der Docks. Und keine andere Löschmannschaft kennt jemanden, auf den die Beschreibung auch nur annähernd zutrifft.«
19. KAPITEL
»Drei Docks, Jungchen«, sagte Otter, »und wir haben sie noch immer nicht gefunden.«
Sie lenkten ihre Pferde durch die dichtbevölkerten Straßen am Wasser. Zu Otters Belustigung drehte sich hin und wieder jemand um und starrte Linden nach. Immer schüttelte die Person den Kopf, fest davon überzeugt, daß sich ein Drachenlord nicht unter das gemeine Volk an den Docks begeben würde.
Es gab Händler, gutgenährt und aalglatt, Seemänner mit dem wankenden Gang, der von langen Monaten auf See kündete, und Myriaden anderer Leute, einige statthaft, andere, denen Otter nur ungern in der Dunkelheit begegnet wäre. Alle trotteten schwerfällig dahin und stöhnten über die Hitze.
Otter wischte sich den Schweiß von der Stirn. Die Luft war so drückend schwer, daß er sich vorkam, als würde er unter Wasser atmen. Er hatte nicht
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