Drachenlord-Saga 01 - Der letzte Drachenlord
es keinen; derartige Schwankungen hatte es schon früher gegeben. Aber war es in Wahrheit vielleicht der Anfang vom Aussterben der Drachenlords?
Wie wir wissen, ist keinem der Älteren die Geburt dieses Mädchens aufgefallen; selbst keinem der Echtdrachen. Wie viele wie sie hat es gegeben? Und woher sollen wir wissen, daß sie seit Linden die einzige ist?« Sie betrachtete ihren Seelengefährten und sah, wie er plötzlich die volle Bedeutung ihrer Worte verstand.
Seine Augen wurden groß. »Gütiger Gott. Es könnte Tausende – Zehntausende – gegeben haben …«
»Und da die meisten unserer Art sterben, bevor wir alt genug sind für die Erste Verwandlung, wissen wir nichts von ihnen«, sagte Tarina. »Daher bleibt die Frage: Ist dieses Mädchen wirklich der einzige heranreifende Drachenlord?«
18. KAPITEL
Linden warf sich die ganze Nacht im Bett herum und fand keinen Schlaf. Irgendwann im Morgengrauen gab er den Kampf auf. Er schlang die Bettdecke um seinen Körper und setzte sich ans Fenster.
Kief hatte recht. Er durfte seine künftige Seelengefährtin nicht in Gefahr bringen. Um ihrer Sicherheit willen mußte er sich zusammenreißen. Doch der bloße Gedanke an sie war schon quälend. Im Moment hatte er Rathan unter Kontrolle, aber wie lange würde das anhalten? Ihm war klar, daß er sich nicht ganz und gar von ihr würde fernhalten können. Alles in ihm schrie nach ihr.
Götter, es würde nicht leicht werden. Er rutschte auf seinem Stuhl umher. Die Decke rutschte von seinen Schultern; er ignorierte die Kühle auf seiner Haut. Draußen wurde es langsam hell. Gähnend überlegte er, ob er sich noch einmal hinlegen sollte, bevor die Diener kamen, um ihm sein Morgenbad einzulassen.
Er sah zum Bett hinüber. Nein, aufzustehen war die Mühe nicht wert. Er lehnte sich zurück.
Urplötzlich war Rathan da und trieb ihn vor Verlangen fast in den Wahnsinn. In ihm loderte die rasende Leidenschaft zweier sich vereinender Drachenlords, während Rathan ihn anstachelte, seine Seelengefährtin zu suchen und mit ihr zu verschmelzen. Linden schrie auf vor Schmerz. Mit tiefen, langsamen Atemzügen rang er seine drakonische Hälfte nieder. Rathan zog sich zurück, sein Zorn glimmte wie heiße Kohle.
Lindens Stimmung war auch nicht besser. Er konnte Rathans Zorn nicht gänzlich abschütteln. Er warf die Decke aufs Bett, zog eine Hose an und riß die Tür auf.
»Aran! Was zur Hölle ist mit meinem Bad?« brüllte er. Aus den Schlafquartieren der Dienerschaft erhob sich überraschtes Stimmengemurmel. Kurz darauf erschienen zwei halbbekleidete Diener im dunklen Flur. Sie starrten ihn mit müden, rotgeränderten Augen an.
»Nun?« forderte er. Ein Teil von ihm schalt sich, daß er seinen Mißmut an den Dienern ausließ. Er ignorierte es. »Ich will mein Bad und mein Frühstück – sofort!«
Aran, der Majordomus, kam in den Flur; seine Haare standen wirr in alle Richtungen ab. »Jetzt gleich? Aber …«
»Ja, jetzt gleich, verdammt noch mal!« Linden stapfte in sein Zimmer zurück. Im Flur tuschelten die Diener aufgeregt, erstaunt über die plötzliche Verwandlung ihres ansonsten stets gutgelaunten Drachenlords.
Er konnte nicht länger warten. Er rief Kief mit seiner Geiststimme. Der ältere Drachenlord erwachte murrend.
Kief, sagte Linden und versuchte, den Aufruhr in seinen Gedanken niederzuhalten. Tut mir leid, daß ich Euch aufwecke.
Kiefs schlechte Laune verflog. Mitfühlend sagte er: Rathan macht Euch zu schaffen, stimmt’s? Möchtet Ihr, daß wir die heutige Sitzung auf den Nachmittag verschieben, so daß Ihr Eure Seelengefährtin suchen könnt? Um Euretwillen wünschte ich, daß wir die Sitzung ganz und gar absagen könnten, aber …
Linden war erleichtert. Schon gut. Gebt mir einfach den Vormittag. Ich muß zumindest anfangen, sie zu suchen; sonst würde ich den Verstand verlieren, glaube ich.
Ihr habt bis mittag Zeit, sagte Kief. Und viel Glück, Kleiner.
Linden flüsterte »Danke«, dann rief er im Geist seinen Freund, den Barden. Otter? Otter, ich brauche deine Hilfe.
Otters Antwort war so klar, daß Linden annahm, der Barde sei bereits aufgestanden. Jetzt, Jungchen? Es ist noch früh.
Jetzt, sagte Linden.
Bin schon unterwegs.
Obwohl sein Zorn abgeflaut war, war Linden noch immer schlechtgelaunt. Denn ganz gleich wie vorsichtig er seine Harfe transportierte, wenn er in Drachengestalt war, rissen ihm doch immer einige Saiten. Um sich bis zu Otters Eintreffen abzulenken, hatte Linden
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