Drachenmagier
zur Vernunft zu kommen.
Aber er war
außer sich.
»Faß mich nicht an!«
knirschte er. Seine Miene war kälter und finsterer als die
frostige Düsternis,
die er bekämpft hatte. »Faß mich ja nicht
wieder an!«
Alakes Augen füllten
sich mit Tränen. »Es tut mir leid«,
wisperte sie tonlos. »Ich wollte Euch
nichts tun. Wir fürchteten. Ihr könntet verletzt
sein…«
Haplo verschluckte,
was er noch hatte sagen wollen, und starrte die bedauernswerte Alake
grimmig
an. Dann richtete er sich mit einem Seufzer auf und
schüttelte den Kopf. Sein
Zorn verrauchte. Für einen kurzen Moment schienen die Schatten
sich zu lichten.
»Bitte nicht mehr
weinen. Ich bin derjenige, dem es leid tut«, sagte er
müde. »Ich hätte dich
nicht anschreien sollen. Es kam mir vor, als wäre ich
woanders… An einem
schrecklichen Ort…«
Er runzelte die Stirn,
und die Dunkelheit senkte sich wieder über ihn. »Ich
reagiere instinktiv mit
Angriff. Daran kann ich nichts ändern, also haltet euch fern
von mir, wenn ich
schlafe, damit kein Unglück passiert. In Ordnung?«
Alake schluckte und
brachte sogar ein Lächeln zustande. Sie
würde ihm verziehen haben, auch wenn
er sie in Stücke gerissen hätte. Es war ihr an der
Nasenspitze anzusehen, und
ich glaube, Haplo merkte auch, wie es um sie stand. Er wirkte verdutzt,
überrascht und einen Augenblick lang fast hilflos. Ich
hätte gelacht, wenn mir
nicht zum Heulen gewesen wäre.
Im ersten Moment
wollte er wohl etwas sagen, aber dann muß er eingesehen
haben, daß jedes Wort
zuviel gewesen wäre, also schwieg er und widmete sich dem
Steuermechanismus.
Devon half Alake aufzustehen. Sie strich ihr Kleid glatt.
»Hast du dir weh
getan?« fragte Haplo mürrisch, ohne sie anzusehen.
»Nein«, antwortete sie
mit brüchiger Stimme.
Er nickte.
»Schön und gut«,
meldete ich mich zu Wort. »Ist es dein Verdienst,
daß die Drachenschlangen weg
sind? Hast du sie vertrieben? Und können wir jetzt unseren
eigenen Kurs
steuern?«
Er sah mich an. Seine
Augen sind nicht wie die eines gewöhnlichen Sterblichen. Sie
durchbohren einen
wie Nadeln.
»Nein, ich habe sie
nicht vertrieben. Wir können auch nicht unseren eigenen Kurs
steuern.«
»Aber das Biest ist
verschwunden! Ich fühle den Unterschied. Wir alle
fühlen es. Wenn du das
Steuer nicht übernehmen willst, versuche ich es. Ich verstehe
was davon…«
Das war gelogen, aber
ich wollte sehen, was passiert. Kaum legte ich die Hände auf
das Steuerrad, war
er schon neben mir. Er umfaßte meinen Arm mit
stählernem Griff.
»Laß es sein,
Grundel.« Es war keine Drohung, er sagte es sehr
kühl, sehr ruhig. Mein Magen
krampfte sich zusammen. »Ich glaube nicht, daß es
klug wäre. Die
Drachenschlange ist nicht fort, sie war nie wirklich hier. Trotzdem
beobachten,
belauschen sie uns vielleicht gerade jetzt. Ihre Magie ist
stark. Ich möchte
nicht, daß dir etwas zustößt.«
Vermutlich sollte es
heißen, die Drachenschlangen könnten mir etwas
antun, aber nach einem Blick in
diese Augen kamen mir auch andere Deutungen in den Sinn. Sein
Griff wurde
fester. Langsam ließ ich das Steuerrad los und er meinen Arm.
»Und jetzt sollten
wir, glaube ich, alle in unsere Kabinen
zurückkehren«, sagte er.
Wir rührten uns nicht.
Alake und Devon waren am Boden zerstört, ihre letzte Hoffnung
dahin. Ich fühlte
immer noch seine Hand auf meinem Arm und sah die Male seiner Finger.
»Du hast
mit ihnen gesprochen«, platzte ich anklagend heraus.
»Ich hab’s gehört! In
deiner Sprache! Oder ist es ihre Sprache? Ich
wette, du steckst mit ihnen
unter einer Decke.«
»Grundel!« rief Alake. »Wie
kannst du so etwas sagen!«
»Schon gut.« Haplo
zuckte mit den Schultern und verzog den Mund zu einem schiefen
Lächeln.
»Grundel traut mir nicht über den Weg,
stimmt’s?«
»Nein!« Er sollte es
ruhig wissen.
Alake runzelte die
Stirn und schnalzte mißbilligend mit der Zunge. Devon
schüttelte tadelnd den
Kopf.
Haplo betrachtete mich
immer noch mit diesem seltsamen Lächeln.
»Falls es dich tröstet, Grundel, ich
traue dir auch nicht. Elfen, Zwerge, Menschen. Ihr seid befreundet,
eure Völker
leben in Frieden, behauptet ihr. Allesamt eine große,
glückliche Familie.
Erwartet ihr, daß ich das glaube, nach allem, was ich gesehen
habe? Oder ist
das hier eine Falle, die meine Feinde mir gestellt
haben?«
Wir wußten nichts zu
sagen. Alake sah unglücklich
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