Drachenmagier
der Gnade seines unbekannten Gegners
ausgeliefert. In blinder Panik versuchte er, sich zu befreien. Die Axt
entglitt
seinen schweißnassen Fingern.
Zwei Augen, Schlitze
rotgrünen Feuers in der Dunkelheit, öffneten
sich. Die Schatten um diese Augen
nahmen Gestalt an, und Haplo ahnte mehr, als er es sah, die
Umrisse eines
gewaltigen Reptilschädels. Er spürte auch eine
Erschütterung in der Schwärze,
ein Aufwallen von Zweifel und Verwunderung.
»Ein Patryn?« Die
Stimme klang raunend, zischelnd.
»Ja«, antwortete
Haplo. Er war auf der Hut. »Ich bin ein Patryn. Wer oder was
bist du?«
Die Augen schlössen
sich. Es herrschte wieder Dunkelheit, lastend, bedrohlich,
lauernd. Haplo
tastete mit der Hand umher, in der Hoffnung, die
Steuervorrichtung zu finden.
Seine Fingerspitzen
streiften kalte, schuppige Haut. Eine schmierige Feuchtigkeit blieb an
seiner
Hand haften. Er schüttelte sich vor Ekel und
versuchte, den Schleim, der wie
Säure brannte, an der Hose abzuwischen.
Die Augen öffneten
sich wieder, beinahe wie Fenster zu den Feuerteichen Abarrachs. Es
waren
riesige Augen, die den Eindruck erweckten, als könne
er in die schwarzen,
stabförmigen Pupillen hineingehen, ohne sich zu
bücken.
»Der Erhabene hat mich
beauftragt, dich willkommen zu heißen und dir zu sagen:
›Die Zeit ist gekommen.
Dein Feind ist erwacht.‹«
»Ich habe keine
Ahnung, wovon du sprichst«, meinte Haplo ausweichend.
»Welcher Feind?«
»Wenn es
dir gefällt, den Erhabenen mit deinem Besuch zu
beehren, wirst du alles
erfahren. Es ist mir jedoch erlaubt, ein Wort zu sprechen, das
vielleicht dein
Interesse zu wecken vermag. Das Wort lautet: Samah.«
»Samah!« stieß Haplo hervor.
»Samah!«
Er konnte es nicht
glauben. Es ergab keinen Sinn. Tausend Fragen drängten sich
ihm auf die Zunge,
aber plötzlich begann sein Herz wie wild zu schlagen. Das Blut
schoß ihm in den
Kopf, Feuer durchströmte sein Gehirn. Er tat einen Schritt,
taumelte und
stürzte der Länge nach zu Boden, wo er regungslos
liegenblieb.
Das grünrote Feuer der
Augen erlosch.
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Kapitel 12
Irgendwo auf dem Segensmeer
Nun haben wir also
diesen Menschen am Hals, diesen Haplo. So gern ich ihm trauen
würde, ich kann
es nicht. Nur das Vorurteil eines Zwergs gegen jeden
Ausländer? Das wäre
vielleicht früher der Grund gewesen. Heute jedoch –
ich würde Alake oder auch
Devon mein Leben anvertrauen. Leider scheint mein Leben aber nicht in
ihrer
Hand zu liegen, sondern in Haplos.
Es ist eine
Erleichterung, hinschreiben zu können, was ich wirklich von
ihm halte. Mit
Alake ist nicht mehr zu reden, ihre romantischen Gefühle
für den Kerl sind ihr
mehr zu Kopf gestiegen als einem Zwerg das Wetttrinken bei
einem
Hochzeitsgelage. Was Devon betrifft – anfangs war er
mißtrauisch, aber nach der
Sache mit den Drachenschlangen… Na, man könnte
glauben, ein Elfenrecke aus
vergangenen Zeiten sei wiedergekehrt, um ihn zu den Waffen zu rufen.
Alake behauptet, daß
ich nur eingeschnappt bin, weil Haplo uns klargemacht hat,
daß wir dumm gewesen
sind und keine edlen Heldinnen. Aber wir Zwerge sind von Natur aus
skeptisch
und wahren eine gewisse Zurückhaltung
gegenüber Fremden. Wir trauen keinem,
den wir nicht mindestens seit ein paar hundert Zyklen kennen.
Dieser Haplo hat noch
kein Sterbenswörtchen darüber verlauten lassen, wer
er ist und woher er kommt;
ein-, zweimal ist ihm eine äußerst verwunderliche
Bemerkung herausgerutscht,
und auch im Hinblick auf die Drachenschlangen hat er sich
merkwürdig benommen.
Ich gebe zu, in einem
Punkt habe ich mich geirrt – Haplo ist aller
Wahrscheinlichkeit nach kein von
ihnen geschickter Spion. Man wird nicht recht schlau aus dem Mann. Ein
Schatten
verhüllt ihn und seine Worte. Er bewegt sich in einer
selbstgeschaffenen
Dunkelheit, die ihm wohl zum Schutz und zur Verteidigung dient. Doch
manchmal
zerreißt gegen seinen Willen ein Blitz die Wolken –
man erschrickt, es geht
einem aber auch ein Licht auf. Wenn ich es recht bedenke, war Haplos
Reaktion,
als wir ihm von den Drachenschlangen erzählten, ein solcher
Blitz. Man hätte
fast glauben können, unser Schicksal läge ihm am
Herzen, solche Mühe gab er
sich, uns zu überzeugen, die einzige Rettung sei, das Schiff
zu übernehmen und
Richtung Heimat zu fliehen. In Anbetracht dessen kommt mir
das, was später
geschah, noch seltsamer vor.
Wie auch immer – Ehre,
wem
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