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Drachenmonat

Drachenmonat

Titel: Drachenmonat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ake Edwardson
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es schon fast Abend. Und Geld hatten wir auch keins. Großmutter könnte uns vielleicht etwas für die Busfahrt geben, aber heute Abend half das nichts mehr.
    »Ihr müsst jetzt ein Bad nehmen«, sagte sie, während sie den Teig für die Pfannkuchen rührte.
    »Du kannst zuerst baden«, sagte ich zu Kerstin.
    Sie nickte schweigend und verließ langsam die Küche. Sie ging fast wie eine Schlafwandlerin.
    Dann hörte ich, wie sie Wasser in die Wanne laufen ließ. Das Bad war im oberen Stockwerk, es rauschte in den Wasserrohren. Ich dachte an den Luftschacht in Siv Beckmans Haus. Sie hatten uns vermutlich doch nicht angezeigt. Am Fenster hatte ich wahrscheinlich Lasse gesehen. Er rechnete damit, dass wir es schafften. Sonst hätte er uns niemals gehen lassen. Und jetzt waren wir bei Großmutter.
    Sie goss den Pfannkuchenteig in einen Bratentopf.
    »Schade, dass wir keinen Speck haben«, sagte sie.
    »Ich freu mich trotzdem auf die Pfannkuchen«, sagte ich.
    Großmutter schob den Topf in den Backofen und schloss die Klappe. Dann setzte sie sich mir gegenüber an den Küchentisch.
    »Du bist das also, der mit Kerstin losgezogen ist«, sagte sie, aber sie sah nicht böse aus. »Es war meine Idee«, sagte ich.
    »Dass es so weit kommen würde!«, sagte sie. Ich schwieg.
    »Wo soll das nur enden«, sagte Großmutter. »Arme Kinder, die armen, armen Kinder. Dass es so weit kommen würde.«
    »Morgen fahren wir nach Hause«, sagte ich.
    Sie schien mich nicht gehört zu haben.
    »Dass es so schrecklich werden würde.« Sie sah mich an, ohne mich zu sehen.
    »Kerstin möchte so schnell wie möglich zu ihrer Mutter«, sagte ich.
    »Und alles hat damit angefangen, dass er es nicht geschafft hat, sich um seine Familie zu kümmern«, sagte Großmutter. »Was für ein Unglück. Was für eine Schande. Dass er sich nicht schämt!«
    »Wer?-«
    »Kerstins Vater natürlich«, sagte Großmutter. Jetzt sah sie mich an. »Mein Sohn. Er ist verschwunden, das hat Kerstin doch sicher erzählt?- Er ist einfach abgehauen.«
    »Ja, aber sie hat nicht viel erzählt.«
    »Aber du weißt, dass er im vergangenen Sommer verschwunden ist?-«
    »Ja.«
    »Danach hat Rut zu trinken angefangen. Kerstins Mutter. Sie ist mit all dem nicht fertig geworden. Vorher haben sie wohl auch ein bisschen getrunken. Ich glaube, Konny wollte Gesellschaft haben, wenn er trank, aber bei Rut hat es dann überhandgenommen.«
    Ich schwieg. Eigendich wollte ich all das Schreckliche nicht hören. Kerstin hatte nicht davon erzählen wollen.
    Über uns schwappte Wasser in der Badewanne. Das Rauschen in den Wasserrohren war verstummt. Kerstin war jetzt wohl in der Badewanne. Ich hatte auch Sehnsucht nach einem heißen Bad. Im Zug war es kalt gewesen.
    »Und dann ist er abgehauen«, sagte Großmutter. »Du lieber Gott! Er hat nicht ein einziges Mal von sich hören lassen. Kannst du das verstehend«
    »Nein.«
    »Und die Polizei hat ihn auch nicht gefunden. Kannst du das verstehend Wie kann man sich so vor der Polizei verborgen haltend«
    Manchmal geht das, dachte ich, wollte es aber nicht laut aussprechen.
    »Hat ihn denn niemand gesehen?«, fragte ich stattdessen.
    »Das Einzige, was wir wissen, ist, dass er auf einem Jahrmarkt gearbeitet hat. Aber gefunden haben sie ihn dort auch nicht.«
    »Was?«
    »Kerstins Vater soll als Schausteller gearbeitet haben. Mehr weiß ich auch nicht.«
     
    22
     
    Das Badezimmer war noch voller Dampf nach Kerstins Bad, fast wie ein warmer Nebel. Der Spiegel war beschlagen. Ich wischte ihn ab und sah zum ersten Mal seit einer Woche mein Gesicht. Ich war immer noch ich.
    Ich ließ mir Wasser ein und setzte mich hinein. Das Wasser war heißer, als ich gedacht hatte, und ich musste eine Weile warten, bis ich ganz untertauchen konnte.
    Ich hatte nichts zu Kerstin über ihren Vater gesagt. Nichts vom Jahrmarkt.
    Kerstin war in einem alten Morgenmantel nach unten gekommen, der ihr einige Nummern zu groß war. Vielleicht gehörte er ihrem Vater. Vielleicht hatte er ihn als Junge getragen.
    Sie hatte froh und ganz rot nach einem heißen Bad ausgesehen.
    Kerstins Großmutter hatte ich nichts von dem Jahrmarkt erzählt.
    Ich schloss die Augen und tauchte noch tiefer ein, so dass nur noch wenig von meinem Kopf aus dem Wasser ragte. In meinen Ohren rauschte es, wenn ich die Hände ein wenig bewegte, klonk-klonk-klonk. Unter Wasser wurden alle Geräusche lauter. Wer über der Wasseroberfläche taub war, konnte unter Wasser genauso gut hören wie jemand, der

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