Drachenmord (Funny-Fantasy-Serie: Gesandter der Drachen) (German Edition)
also. Schön. Dann weißt du also alles über mich, was es zu wissen gibt. Und wer bist du?“
Sie zog den Stöpsel aus einem zweiten Fläschchen und maß aufs Genaueste acht Tropfen einer grünlichen Flüssigkeit ab, die, wie ich dann merkte, alles andere als wohlschmeckend war.
„Ich bin Nerade, die Tochter des Königs von Irmadnûl.“
Ich tat ihr nicht den Gefallen, eine beeindruckte Miene aufzusetzen. Königtümer gibt es rund um die Berge von Danestyr zur Genüge, manche davon kaum so groß wie ein Landgut. Irmadnûl lag irgendwo im Süden. Ich konnte mich nicht daran erinnern, wer es beherrschte, und ob es noch Gold besaß. Jungfrauen konnte es dort nicht mehr allzu viele geben, wenn man schon gezwungen gewesen war, die Prinzessin selbst herauszurücken.
Aus einem dritten Fläschchen rann etwas auf den Löffel, das aussah wie Dracheneiter. Vielleicht war es das sogar. Jedenfalls schmeckte es unbeschreiblich widerlich und trieb mir jäh die Hitze unter die Rippen. Noch ehe ich mich beklagen konnte, ließ der bösartige Schmerz nach, den ich schon beinahe als meinen künftigen Begleiter akzeptiert hatte.
Nerade nickte selbstgefällig, als sie sah, wie sich mein Körper entspannte.
„Unfehlbar wirksam.“
„Was ist es für ein Zeug?“
„Das musst du nicht wissen“, erwiderte sie und korkte alle drei Fläschchen wieder zu. Als sie sich zur Tür wandte, fragte ich: „Gehst du? Ich kann doch wohl kaum schon geheilt sein?“
Von oben herab musterte sie mich.
„Geheilt wovon? Von deiner ungehobelten Art? Von deiner Narrheit? Ich fürchte, da würde eine Verabreichung tatsächlich nicht genügen. Deine beiden gebrochenen Rippen hingegen werden morgen schon so weit verheilt sein, dass du zu deinen Nachforschungen aufbrechen kannst.“
„Du weißt von meinem Auftrag?“
„Ich bin eine Drachenjungfrau.“
Hoch erhobenen Hauptes rauschte sie hinaus. Prinzessinnen behalten gerne das letzte Wort. Das war mir schon früher aufgefallen.
Leider brachte dieser Gedanke die Erinnerung an Elisiana zurück, die ebenfalls eine Königstochter gewesen war. Ich schluckte krampfhaft, bemüht, mein Gedächtnis im Zaum zu halten, doch ungehorsam, wie es von jeher war, zeigte es mir trotzdem, wie Elisiana in den Höhleneingang geschleift wurde, und ich hörte Malmen und Knacken wie von Knochen, die zwischen Drachenkiefern bersten.
Es schüttelte mich.
Elisianas Vater hatte das tragische Verschwinden seiner Tochter damals nicht gut aufgenommen, doch wirklich unangenehm war er erst geworden, nachdem ich ihm gesagt hatte, dass auch das Gold unwiederbringlich dahin war, nach dem er mich ausgeschickt hatte.
Ich seufzte, warf die Decke ab und stand auf. Besser, da hinauszugehen und Hass und Häme zu ertragen, als diese Erinnerungen aufzuwärmen. Mit nichts als den Verbänden um den Leib stapfte ich aus der Tür und erschreckte den Schneidergesellen, der eben mit einer wahren Last teurer Kleider die Treppe hinaufwankte. Mir fielen bestickte Gewänder und Hosen aus Samt vor die Füße.
Der künftige Schneidermeister machte eilends kehrt und fragte nicht einmal, wer wohl die Rechnung begleichen würde. Nun, darüber immerhin musste ich mir keine Gedanken machen. Drachen pflegen sich zu nehmen, was sie haben wollen. Ihr Geiz und ihre Habgier sind sprichwörtlich. Statten sie jedoch ihre Gesandten aus oder belohnen Menschen, die in ihrem Sold stehen (und solche gibt es tatsächlich), dann zählen sie hartes Gold hin. Der Schneider würde also bekommen, was ihm zustand. Dasselbe galt für den Schuhmacher, der eintraf, als ich eben dabei war, mir ein seidenes Unterhemd überzustreifen.
Er hatte wohl meine alten Stiefel zum Muster gehabt und so aufs Messen verzichten können – jedenfalls brachte er zwei Paar Stiefel, die wie angegossen passten und außerdem Pantoffeln aus feinstem Leder, benäht mit Edelsteinen.
Ich hatte angenommen, damit werde es Veshira genug sein lassen, doch nicht bedacht, dass weibliche Wesen ihre eigenen Vorstellungen haben, wenn es um präsentables Aussehen geht.
Im Laufe der Nachmittagsstunden trafen weitere Mitglieder der Zünfte ein, darunter ein Goldschmied, ein Edelsteinschneider und ein Barbier. Meine Haare, deren Zustand Lynfir nicht ganz ohne Grund beanstandet hatte, wurden mit duftender Seife gewaschen, die Spitzen mit einem Messer stumpf gekürzt und dann so lange gebürstet, bis sie trocken und füllig bis knapp über die Schultern fielen. Am frühen Abend waren meine Hände geschrubbt,
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