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Drachenpfade - Lukianenko, S: Drachenpfade - Ne wremja dlja drakonow

Titel: Drachenpfade - Lukianenko, S: Drachenpfade - Ne wremja dlja drakonow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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Angeborenen konnten uns etwas erzählen, denn auch sie hatten ihr Gedächtnis verloren. Und die Angeborenen wollten sie später nicht mal mehr zurücknehmen.«
    Tel nickte.
    »Die Angeborenen sind alles. Und gleichzeitig sind sie nichts. Absolute Freiheit und totale Versklavung. In ein und demselben Wesen. Sie sind unfähig, sich zu verändern. Bei all ihrer unvorstellbaren Veränderlichkeit. Eine Magie, die dir selbstverständlicher ist als das Atmen oder Sehen, wird dir keinen guten Dienst erweisen. Du hörst auf, den eigenen Armen zu vertrauen. Du schließt dich in dir selbst ein. Du selbst bist die Welt, und die ganze Welt ist in dir, und du beherrschst sie. Das ist eine Versuchung …« Tel schüttelte den Kopf. »… sich als grenzenloser Herrscher zu fühlen. Wahrscheinlich ist den Angeborenen deshalb allein schon der Gedanke an unser Dasein verhasst. Weil wir für uns selbst existieren, wir sind nicht in ihnen und
auch nicht unter ihnen. Sie hassen übrigens auch die Andere Seite. Aber in jene Welt gibt es für sie vorerst kein Hinkommen, unsere Welt dagegen liegt gerade auf ihrem Weg.«
    Ach ja, ein allzu schönes, greifbares Bild hatten die beiden da für ihn gezeichnet! Viktor blickte Loj voller Zweifel an, aber die Zauberin schien aufrichtig gesprochen zu haben. Sie selbst war von ihren Worten überzeugt. Aber sollte Viktor sich diesem Glauben wirklich anschließen?
    »Und deshalb …«, Loj atmete tief durch, »… kommen manchmal Schiffe über das Heiße Meer zu uns. Schöne Schiffe, die Buge mit Adlerköpfen verziert …«
    »Warum gerade mit Adlern?«, fragte Viktor. »Ist das ihr Wappen?«
    »Wappen?« Loj schien verwirrt. »Nein … sie haben keine Wappen. So sind einfach ihre Schiffe, das versteht sich doch von selbst! Na, sie werden doch nicht in normalen Handelsschiffen daherkommen!«
    »Und Flaggen?«
    »Flaggen haben sie. Schwarz mit Gold. Und in der Mitte einen Adlerkopf. Als wir das letzte Mal gegen sie kämpften, haben wir eine Menge Trophäen erbeutet. Aber wir konnten sie nicht bewahren. Sowohl ihre Waffen als auch ihre Harnische und Flaggen – alles löste sich auf. Wie Nebel. Die Magier waren darüber sehr verbittert.«
    »Das ist ja interessant«, warf Viktor nachdenklich ein. »Vielleicht sind sie ja nur Gespenster?«
    »Gespenster? Wenn du sie je getroffen hättest …«, empörte sich Loj. »Physischer kann man kaum sein! Sie können einfach sein, wie sie wollen; das habe ich dir doch schon erklärt.«

    »Und die Leichname ihrer Toten? Bleiben die?«
    »Sie sind verbrannt.« Die Frau schüttelte den Kopf. »Wenn sie tot sind, halten sie die Schwere unserer Welt nicht aus. Deshalb können sie sich hier nicht festsetzen. Und deshalb müssen sie unsere Welt entweder ganz erobern, oder sie werden wieder zurückgeworfen. Willst du sonst noch etwas wissen?«
    Viktor blickte in ihr angespanntes Gesicht und beschloss, dass es jetzt wohl an der Zeit war, seine Fragen zurückzustellen.
    »Da vorne wartet eine Hundertschaft Magier auf uns, die uns in Stücke zerfetzen will«, sagte Tel vorwurfsvoll, »und ihr plaudert hier, als wären wir auf einem Sonntagsausflug. Vielleicht haben sie uns ja schon bemerkt! Vielleicht kommen sie uns schon entgegen!«
    »Beruhige dich, Tel«, sagte Loj. »Sie gehen nirgendwohin. Sie sitzen da unten, haben sich eingegraben und warten. Sie wissen genau, dass wir an ihnen vorbeimüssen. Sie brauchen sich doch gar nicht zu bewegen. Erzähl uns lieber, was du über Oros weißt.«
    »Als ob du dort keine Spione hättest«, brummte Tel.
    »Natürlich habe ich die«, parierte Loj gelassen. »Aber je mehr wir wissen, desto besser. Kennst du vielleicht ihre Abwehrformeln? Losungsworte? Durchgänge und Zugänge? Fallen?«
    Tel schüttelte langsam den Kopf.
    »Es hat keinen Sinn, direkt in die Stadt vorzudringen. Wir müssen nur ans Ufer kommen.«
    »Und dann?«, hakte Loj nach. »Treiben sie uns zum Wasser hin in die Enge und töten uns?«
    »Am Ufer kann ich die Tür öffnen«, sagte Tel in einem Ton, der keinen Widerspruch zuließ. »Und durch diese Tür
können nur Magier des ersten Ranges gehen. Damit schütteln wir eine ganze Menge unserer Verfolger ab.«
    »Der Clan des Feuers hat keinen einzigen Magier ersten Ranges mehr«, erinnerte sich Loj mit einem Mal. »Das heißt … Torn, Ritor und ich. Keine schlechte Verteilung.« Ihre Stimmung hellte sich spürbar auf.
    Tel musterte sie von oben bis unten, presste unfreundlich die Lippen zusammen, sagte aber nichts.

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