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Drachenpfade - Lukianenko, S: Drachenpfade - Ne wremja dlja drakonow

Titel: Drachenpfade - Lukianenko, S: Drachenpfade - Ne wremja dlja drakonow Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Lukianenko
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»Da nützt das alles nichts. Mit dem Hüter dort musst du selbst fertig werden. Aber ist das wirklich nötig? Was meinst du?«
    »Hüter?«
    »Mach dir keine Hoffnungen, Viktor. Ich werde dir nichts über ihn verraten. Das musst du schon selbst herausfinden.« Der Fresssack schnaufte beleidigt. »Es macht keinen Spaß mit dir. Den Drachen konntest du nicht besiegen … Langweilig ist das.« Er drehte Viktor herausfordernd den Rücken zu.
    »Bleib stehen!« Viktor streckte seinen Arm aus, um den dreisten Kerl an der Schulter zu packen – und wachte von einem heftigen Ruck auf.

    Er lag auf Steinen am äußersten Saum der Meeresbrandung. Vor seinen Augen nahm er einen weichen, goldfarbenen Widerschein wahr. Die Steine waren warm und glatt und schienen von innen heraus zu leuchten.
    Viktor hob den Kopf. So sah sie also aus, die Dracheninsel!
    In diesem Augenblick vergaß er Loj vollständig und sogar Tel.
    Über ihm erstreckte sich ein niedriger stürmischer Himmel, an dem sich schwarze Wolken türmten. Die bleiernen Wellen warfen sich mit hungrigem Zorn ans Ufer, leckten gierig über die goldfarbenen Steine, und der zurückweichende Schaum nahm einen matt limonenfarbenen Glanz an. Ein schmaler Weg, der mit jenen goldfarbenen Gesteinsbrocken ausgelegt war, begann direkt am Wasser. Er führte um einen abgerundeten Vorsprung herum, stieg allmählich an und verlor sich dann aus dem Blick.
    Rechter Hand lag das Meer, und links erhob sich ein steiler Felsen, kohlschwarz und glänzend wie frisch mit Wasser übergossen. Er war vollkommen glatt, ohne die kleinste Spalte oder Unebenheit, wie es in der Natur nie vorkommt; er schien wie die Schöpfung geheimer magischer Kräfte. Der Weg brach vor Viktors Füßen ab und mündete geradewegs in den Schaum der Brandung.
    Trotz des dichten Wolkenschleiers war es ziemlich hell, entweder von den goldenen Steinen oder von den Sonnenstrahlen, die auf irgendeine Weise doch durch die schwarze Decke über dieser Welt drangen.
    Viktor hob den Kopf. Der Weg kletterte wie eine Spirale in vielen Windungen den gigantischen schwarzen Schieferkegel hinauf, der unmittelbar aus den Meereswellen aufragte.
Zum Gipfel hin wurde die Schwärze der Hänge durch heraustretende scharfe Bergkämme durchbrochen, die von derselben Goldfarbe waren wie der Weg.
    Und der Weg selbst war nur am Anfang glatt. An den Hängen des gewaltigen Berges erblickte Viktor Höhlen voller Feuer, über die hier und da schmale Brücken hinüberführten. Teilweise waren die Windungen des Weges fast vollständig hinter schwarzen Staketen spitzer Felsbrocken verborgen, die wie unheimliche Wächter entlang des Wegrands errichtet waren und den goldenen Widerschein fast ganz verschluckten.
    Viktor sah Trichter von Wirbelstürmen, die reglos in der heißen Luft hingen; seine Haut spürte, wie die Winde zu unvorstellbar schrecklichen Attacken bereit waren. Und die friedvoll heranrollende Brandung konnte sich jeden Augenblick in einen wütenden Angriff wahnsinniger Wellen verwandeln.
    Und noch höher, auf dem flachen Gipfel des Kegelberges, sah Viktor ein Schloss. Es sah aus, als wüchse es aus den Knochen der Erde heraus. Es schien die Verlängerung der schwarz-goldenen Berghänge zu sein; und gleichzeitig konnte Viktor sich einfach nicht von der Illusion befreien, dass das Schloss nicht auf dem Felsen stand, sondern in der Luft schwebte, dass eine dünne Schicht aus Nichts seine Fundamente von der flachen Schnittstelle des Gipfels trennte.
    Die Mauern des Schlosses waren von undurchdringlichem Schwarz. Sie waren nicht glänzend tiefschwarz wie das umliegende Felsgestein und auch nicht wie kostbarer Achat, sondern schwarz wie jene immerwährende Finsternis, aus der einst alles Wahrhaftige geschaffen wurde, ehe noch »Es werde Licht!« erklang. In diesen Mauern ertrank
jeder Lichtstrahl. Selbst das Eigenlicht, das von den goldenen Steinen der Insel ausging.
    Und über dem Kranz zinnenbewehrter Mauern und spitzer Wehrtürme hingen matte, perlmuttfarbene Kuppeln. Ihre weichen Rundungen schufen einen wundersamen Kontrast zu der Schärfe und Zackigkeit der Außenmauern. Für einen Moment kam es Viktor sogar so vor, als ob er riesenhafte, frisch gelegte Eier sähe, Eier, aus welchen ans Licht der Welt zu gelangen es nur den großen Echsen, den Doppelgängern der Geflügelten Herrscher gebührt.
    Viktor sah das Schloss von einem günstigen Punkt aus; es führte noch ein zweiter Weg dort hinauf, und er konnte nicht feststellen, auf welchem er

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