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Drachenreiter

Titel: Drachenreiter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Funke
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ihnen. Aber davon verstehen die Menschen nichts. Sie stellen sie auf, als hätten sie sie selbst gemacht! Ph!« Der Zwerg rümpfte verächtlich die Nase. »Eingebildetes Volk. Bei denen hier«, Kiesbart schob seinen Hut zurück und blickte zu den versteinerten Drachen hinauf, »... ist die Schale noch nicht dick. Könnte man leicht aufklopfen!«
    »Aufklopfen?« Ben sah den Zwerg ungläubig an.
    »Genau.« Kiesbart rückte sich den Hut zurecht. »Aber ich werd einen Teufel tun. Mir gefallen sie viel besser versteinert.«
    »Lung!«, rief Ben und sprang so plötzlich auf, dass Fliegenbein von seinem Knie rutschte. »Lung, hör dir das an.« Verschlafen hob der Drache den Kopf. Auch Maja schreckte hoch.
    Kiesbart packte Fliegenbein erschrocken am Arm. »Was will das Menschlein?«, raunte er. »Ich hab doch gar nichts gemacht. Ich hab nicht mal meinen Hammer rausgeholt. Du bist mein Zeuge.«
    »Der Zwerg sagt, er kann sie aufwecken!«, rief Ben aufgeregt.
    »Wen aufwecken?«, murmelte Lung und gähnte.
    »Die Drachen!«, rief Ben. »Die versteinerten Drachen. Er sagt, der Stein ist nur eine dünne Schicht. Wie eine Schale, versteht ihr?«
    Ungläubig blickten Schwefelfell und Burr-burr-tschan von ihrem Picknick auf.
    »Ich glaub, der Zwerg will nur unsere Erlaubnis, hier rumzuhämmern«, sagte Schwefelfell und biss einem Pilz den Stiel ab. »Schale abklopfen, Blödsinn.«
    »Kein Blödsinn!« Kiesbart baute sich beleidigt vor den Tatzen der versteinerten Drachen auf. »Ich werde es euch beweisen.« Der Zwerg zog seinen Hammer aus dem Rucksack und kletterte an einem Zackenschwanz hoch, bis er auf dem versteinerten Rücken stand. »Es dauert!«, rief er herunter. »Aber ihr werdet schon sehen!«
    Die Drachen blickten ihn zweifelnd an. »Können wir dir helfen?«, fragte Maja.
    Der Steinzwerg schüttelte nur verächtlich den Kopf. »Ihr? Mit euren Riesentatzen? Nein, nein. Nicht mal das Menschlein hat dafür genug Gefühl in den Fingern.« Mit wichtiger Miene rückte Kiesbart sich den Hut zurecht. »Nur wir Steinzwerge können so was, niemand sonst.«
    »Na, gute Nacht«, brummte Schwefelfell und wandte sich wieder ihren Pilzen zu. »Dann wird wohl erst einer aus seiner Schale springen, wenn ich keine Zähne mehr habe.«
    »Einen Tag!«, rief Kiesbart und schwenkte seinen Hammer aufgebracht in ihre Richtung. »Einen Tag, vielleicht noch weniger. Du wirst schon sehen.«
    Fliegenbein seufzte und machte es sich auf Bens Schoß bequem. »Sie sind ein furchtbar eingebildetes Volk, diese Steinzwerge«, flüsterte er dem Jungen zu. »Alles wissen sie besser, alles. Aber es könnte sein, dass er es schafft. Mit Steinen kennen sie sich wirklich aus.«
    »Einen Tag?« Lung gähnte und blickte noch einmal zweifelnd hinauf zu dem kleinen Zwerg. »Du nimmst den Mund wirklich sehr, sehr voll. Weck uns, wenn du tatsächlich auf Leben stößt, versprochen?«
    »Ja, ja«, antwortete Kiesbart. Er kniete sich hin, fuhr prüfend mit der Hand über die versteinerten Schuppen und hämmerte los, ganz behutsam, mit kleinen Schlägen, kaum lauter als das Ticken einer Uhr.
    Eine Weile beobachtete Ben den Zwerg bei der Arbeit. Obwohl ihm immer öfter die Augen zufielen. Irgendwann, als die Drachen und die Kobolde längst schliefen und selbst aus Lolas Flugzeug leises Schnarchen drang, schlief auch er ein. Und Fliegenbein tat es ihm nach.
    Ganz still wurde es in der großen Höhle. Nur Kiesbart hämmerte unermüdlich weiter. Ab und zu warf er einen Blick auf die Reste von Nesselbrands Panzer, die im langsam erstarrenden Gold lagen. Dann kicherte er voll Schadenfreude - und machte sich wieder an die Arbeit.

    EIN DRACHE ERWACHT  
     
    Der erste Drache erwachte, als alle noch schliefen.
    Kiesbart hatte einen langen, fadendünnen Riss in die steinerne Hülle geklopft. Als er erneut den Hammer hob um den Spalt noch etwas weiter zu treiben, bebte der Stein unter seinen Füßen, ganz schwach, kaum spürbar. Kiesbart legte das Ohr an den Spalt und lauschte. Ein Rascheln drang heraus, ein Schaben von Schuppen an rauem Gestein. Haarfeine Risse fraßen sich knisternd unter den Füßen des Zwergs hindurch. Mit einem Sprung brachte er sich in Sicherheit. Er landete auf dem weichen Bauch des schlafenden Jungen.
    »Auu!« Erschrocken fuhr Ben hoch. »Was ist los?« Fliegenbein rieb sich verdutzt die Augen.
    »Geschafft!«, rief Kiesbart und tanzte mit seinen dicken Stiefeln auf Bens Bauch herum.
    Fliegenbein drehte sich um zu den versteinerten Drachen.

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