Drachenreiter
Professor sie. »Es gibt nur diese eine Geschichte darüber.«
»Und außerdem war es kein Seeungeheuer«, murmelte Fliegenbein. Erschrocken presste er sich die Finger auf den Mund.
Ben wandte sich überrascht zu ihm um. »Was hast du da gerade gesagt?«
»Oh, eh, nichts!«, stammelte Fliegenbein. »Ich meinte bloß, es, ähm, es gibt bestimmt keine Seeungeheuer mehr. Ja, das habe ich gemeint.«
»Nun, da wäre ich mir nicht so sicher«, sagte Barnabas Wiesengrund nachdenklich. »Aber falls euch die Geschichte interessiert, solltet ihr wirklich über Pakistan fliegen und Subaida besuchen. Vielleicht kann sie euch ja auch helfen, den Mond zu überlisten. Wer weiß.«
»Wär nicht schlecht!« Ben setzte Fliegenbein auf den Boden, sprang auf und lief hinaus zu dem Felsen, auf dem er die Karte von Gilbert Grauschwanz ausgebreitet hatte. Sie war wieder ganz trocken und knisterte, als Ben sie vor dem Professor auseinander faltete.
»Können Sie mir zeigen, wo das Fischerdorf liegt, in dem diese Drachenforscherin gerade ist?«, fragte er.
Barnabas Wiesengrund beugte sich staunend über die Karte. »Junger Mann, das ist ja bemerkenswert«, sagte er. »Ein richtiges Kartenkunstwerk, könnte man sagen. Von wem habt ihr die?«
»Von einer Ratte«, antwortete Schwefelfell. »Aber sonderlich viel hat das Ding uns noch nicht genutzt.«»Eine Ratte, so so!«, murmelte der Professor und beugte sich noch etwas tiefer über Gilbert Grauschwanz' Meisterwerk. »Also, von der würde ich mir auch gern mal eine Karte anfertigen lassen. Diese gelb schraffierten Orte zum Beispiel sind sehr interessant. Einige kenne ich. Was bedeutet das Gelb? Aah«, er betrachtete die Legende. »Da steht es ja. Gelb. Unglück, Gefahr. O ja, das kann ich bestätigen. Und seht ihr? Hier«, er legte den Finger auf die Karte. »Hier sind wir. Alles gelb. Eure Karte hätte euch vor der Höhle warnen können.«
»Na ja, eigentlich sollten wir ja überhaupt nicht hier landen, wissen Sie«, sagte Ben. »Der Sturm letzte Nacht hat uns nach Westen abgetrieben. Da, sehen Sie?« Er zeigte auf die goldene Linie, die Gilbert Grauschwanz eingezeichnet hatte, »Diese Route sollten wir eigentlich nehmen. An dem Dorf führt sie nicht vorbei, oder?«Barnabas Wiesengrund schüttelte nachdenklich den Kopf. »Nein, aber ein Abstecher dorthin wäre kein allzu großer Umweg. Ihr müsstet eure Route nur ein paar hundert Kilometer nach Süden verlegen. Das macht nicht viel aus bei der großen Reise, die ihr noch vor euch habt. Allerdings«, der Professor runzelte nachdenklich die Stirn, »wie ich schon sagte, bei eurer Suche nach dem Saum des Himmels wird Subaida euch nicht helfen können. Danach hat sie selbst vergebens gesucht. Nein, bei dieser Suche ...«, Barnabas Wiesengrund schüttelte den Kopf, »... wird euch wohl niemand helfen können. Der Saum des Himmels ist eins der großen Geheimnisse dieser Welt.«
»Tja, wir müssen eben überall suchen«, sagte Ben und faltete die Karte wieder zusammen. »Und wenn wir kreuz und quer über den ganzen Himalaja fliegen.«
»Der Himalaja ist aber sehr groß, mein Junge«, sagte Barnabas Wiesengrund. »Unvorstellbar groß.«
Er strich sich durch das graue Haar und zeichnete mit einem Stöckchen Hieroglyphen in den Staub. Eine sah aus wie ein schmales Auge.
»Was bedeutet die?«, fragte Ben neugierig.
»Diese? Oh, die ...« Der Professor richtete sich mit einem Ruck auf und sah den Drachen an. Verwundert erwiderte Lung seinen Blick. »Was ist?«, fragte Ben.
»Der Dschinn!«, rief der Professor. »Der Dschinn mit den tausend Augen.«
»Tausend?«, murmelte Schwefelfell und schleckte ihre Schüssel aus. »Ich kenn nicht mal jemanden, der drei davon hat.«
»Hört zu!« Der Professor beugte sich aufgeregt vor. »Bisher hat euch die Tatsache, dass ihr andere Fabelwesen anzieht, eher geschadet, nicht wahr? Ihr hattet zumindest keine Vorteile davon, oder?«
Der Drache schüttelte den Kopf.
»Wie wäre es aber«, fuhr der Professor fort, »wenn ihr ein Wesen anziehen würdet, das euch bei eurer Suche helfen kann?«
»Und das wäre dieser Dschinn?«, fragte Ben. »So einer, der in einer Flasche steckt?« Der Professor lachte.
»Asif würde sich kaum in eine Flasche sperren lassen, mein Junge. Er ist ein ziemlich bedeutender Dschinn. Man erzählt sich, dass er groß wie der Mond und klein wie ein Sandkorn werden kann. Seine Haut soll blau sein wie der Abendhimmel. Sie ist bedeckt mit tausend Augen, in denen sich
Weitere Kostenlose Bücher