Drachenreiter
und jetzt hängt er an Ben wie eine Klette.«
Fliegenbein streckte ihr von Bens Schulter herab die Zunge raus.
»Er ist ein Homunkulus, mein lieber Kobold«, sagte Barnabas Wiesengrund. Er trat auf Ben zu und schüttelte Fliegenbein vorsichtig die kleine Hand. »Sehr erfreut. Dieser Tag ist wirklich voll von höchst bemerkenswerten Begegnungen.« Der Winzling lächelte geschmeichelt.
»Fliegenbein ist mein Name«, sagte er und verbeugte sich vor dem Professor. Aber als Lung den Kopf über Barnabas Wiesengrunds Schulter streckte und ihn ansah, senkte er verlegen den Kopf.
»Was war hier?«, fragte Schwefelfell ungeduldig. »Was hat der Winzling gesagt? Ein Basseltwist?«
»Schschtttt!« Fliegenbein legte den Finger auf die Lippen. »Ein Ba-si-lisk!«, raunte er. »Du solltest seinen Namen nicht zu laut aussprechen, Pelzkopf.«
Schwefelfell krauste die Nase. »Ach, und warum nicht?«
»Ein Basilisk«, hauchte Fliegenbein, »ist der dunkelste Alptraum dieser Erde, der schwarze Schrecken, der in Brunnen und Spalten lauert, bis ihn jemand weckt. Kobolde wie dich tötet er mit einem Krächzen aus seinem krummen Schnabel.«
Ben sah sich beunruhigt um. »Und so was war hier?«, fragte er.
»Ja, so etwas war hier«, seufzte Professor Wiesengrund. »Und ich war glücklicherweise zur Stelle, um deinem Drachenfreund beizustehen. Aber jetzt wird es Zeit, dass ich mich wieder im Lager blicken lasse. Bevor mir womöglich ein Suchtrupp nachgeschickt wird. Ach ja, wann brecht ihr wieder auf?«, fragte er, als er schon im Höhleneingang stand. »Oder wollt ihr hier bleiben?«
»Bleiben? Das fehlt uns noch«, antwortete Schwefelfell. »Nein, wir fliegen weiter, sobald die Sonne untergegangen ist.«
»Dann werde ich kurz vor Anbruch der Dunkelheit noch einmal hier vorbeischauen, wenn es euch recht ist«, meinte der Professor. »Ihr könnt bestimmt ein bisschen Reiseproviant gebrauchen. Außerdem hätte ich da noch ein paar Fragen.«
»Wir freuen uns auf den Besuch«, sagte Lung und stupste Schwefelfell die Schnauze in den Rücken.
»Wir freun uns, klar«, murmelte sie. »Aber kann ich jetzt endlich mein Abenteuer erzählen? Oder interessiert es hier keinen, dass ich fast ausgestopft worden bin?«
PROFESSOR WIESENGRUND ERZÄHLT
Der Himmel färbte sich schon rot, als Barnabas Wiesengrund zurückkehrte, mit einem großen Korb in der einen und einem zerbeulten Topf in der anderen Hand. »Ich dachte mir, ich koche uns etwas«, sagte er. »Zum Abschied. So gut wie meine Frau kann ich es nicht, aber sie hat mir einiges beigebracht. Es ist zu schade, dass sie nicht hier ist und eure Bekanntschaft machen kann. Waldkobolde sind eins ihrer Spezialgebiete.«
»Sie haben eine Frau?«, fragte Ben neugierig. »Haben Sie auch Kinder?«
»O ja«, antwortete der Professor. »Eine Tochter. Guinever. Sie dürfte etwa in deinem Alter sein. Im Moment muss sie leider zur Schule gehen, deshalb konnte sie mich diesmal nicht begleiten, aber die meisten Forschungsreisen unternehmen wir drei gemeinsam. Mein lieber Drache«, er warf eine Hand voll trockener Blätter auf den Höhlenboden, »wärst du so nett, uns etwas von deinem blauen Feuer zu spenden?«
Lung hauchte eine kleine Flammenzunge auf die Blätter. Der Professor legte ein paar Steine um das aufflackernde Feuer und stellte seinen Kochtopf darauf.
»Ich habe eine Suppe vorbereitet«, sagte er. »Eine Kichererbsensuppe mit frischer Minze, wie man sie in dieser Gegend gerne isst. Ich dachte mir, ein Kobold, ein Junge und ein spindeldünner Homunkulus haben sicher nichts gegen eine warme Mahlzeit, bevor es wieder auf die Reise geht. Den Drachen reicht ja das Mondlicht oder bin ich da falsch informiert?«
»Nein.« Lung schüttelte den Kopf, legte die Schnauze auf die Tatzen und blickte ins Feuer. »Das Mondlicht ist alles, was wir brauchen. Unsere Kraft nimmt zu mit dem Mond, aber sie nimmt auch mit ihm ab. In Neumondnächten bin ich oft zu müde, um meine Höhle zu verlassen.«
»Nun, ich hoffe, das wird kein Problem auf eurer Reise«, sagte der Professor und rührte in seinem Topf.
Schwefelfell hockte neben dem Feuer und schnupperte sehnsüchtig. »Also wenn das da nicht gleich fertig ist«, murmelte sie, während ihr Magen laut knurrte, »dann beiß ich in eine von den Stachelpflanzen da, so viel ist sicher.«
»Das solltest du besser lassen«, antwortete Barnabas Wiesengrund. »In manchen Kakteen wohnen Sandmänner. Mit denen ist nicht zu spaßen. Außerdem ...«, er nahm
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