Drachenritter 01 - Die Nacht der Drachen
es.«
»Beim Ur-Ei! Vielleicht besteht doch noch Hoffnung für dich. Gut, gut. Was ich wollte, war, dir die Bedeutung deiner Mission vor Augen zu führen, und auch ihre Gefahren. Geh kein Risiko ein, Großneffe. Du bist mein einziger, noch lebender Verwandter; und, ich sage es in aller Freundschaft – trotz all deiner Muskeln –, jeder gepanzerte Georg mit nur ein wenig Erfahrung könnte innerhalb einer Stunde Kleinholz aus dir machen.«
»Glaubst du? Vielleicht sollte ich Wert darauf legen, mich überhaupt nicht sehen zu lassen …«
»Ttt! Kein Grund, den Beleidigten zu spielen. Ja, was ich sagen wollte, versuche, von diesem Georg zu erfahren, woher er kommt. Ich selbst werde weggehen, um ihn nicht übermäßig zu erschrecken. Wenn er nicht reden will, dann laß ihn hier, wo er in Sicherheit ist, und flieg hinüber zu dem Zauberer, der beim Klingelnden Wasser wohnt. Du weißt natürlich, wo das ist, von hier aus genau im Nordwesten. Nimm ihn als Mittelsmann für die Verhandlungen. Sag ihm nur, daß wir diesen Georg haben, wie er aussieht, und daß wir mit den Georgen über die Bedingungen für einen Waffenstillstand reden wollen. Überlaß es ihm, die notwendigen Maßnahmen zu ergreifen. Und was immer du tust…« – Smrgol hielt inne und blickte Jim streng an –, »komm auf keinen Fall noch einmal in die Höhlen hinunter, um mich um Rat zu fragen. Geh einfach. Ich habe genug zu tun, um mit meinem bißchen Ansehen die Dinge hier unter Kontrolle zu behalten. Ich möchte den Eindruck vermitteln, daß du mit deiner Aufgabe ganz allein fertigwerden kannst. Verstanden?«
»Ich habe verstanden«, sagte Jim.
»Gut.« Smrgol watschelte zu dem Höhlenausgang, der ins Freie führte. »Viel Glück, mein Junge!« sagte er und tauchte weg.
Jim hörte seine großen, ledrigen Flügel schlagen, das Geräusch verlor sich nach unten und erstarb in der Ferne. Dann wandte er sich zum Käfig zurück, zog den Gobelin wieder weg und entdeckte Angie, die zusammengekauert an der Rückwand saß, so weit von ihm entfernt, wie sie nur konnte.
»Alles in Ordnung«, sagte er hastig. »Ich bin's nur, Jim…«
Er suchte nach einem Teil des Käfigs, der sich öffnen ließ. Nach einer Sekunde fand er eine Tür mit einem schweren Vorhängeschloß, aber keinen Schlüssel dazu. Versuchsweise hielt er die Tür mit einer seiner großen, klauenbesetzten Pfoten fest, ergriff mit der anderen eine Käfigstange und zog. Das Vorhängeschloß klirrte und ging entzwei, die Käfigstange brach in Stücke, die Tür flog auf.
Angie schrie.
»Ich sag dir doch, ich bin's nur, Angie!« sagte er ärgerlich. »Komm jetzt heraus!«
Angie kam nicht heraus. Sie scharrte sich eines der Bruchstücke der Stange zusammen und hielt es verstohlen wie einen Dolch mit dem scharfen, gesplitterten Ende auf ihn gerichtet.
»Bleib mir vom Leibe, Drache!« sagte sie. »Ich steche dir die Augen aus, wenn du näherkommst.«
»Bist du verrückt, Angie?« schrie Jim. »Ich sage dir doch, ich bin es! Sehe ich für dich wie ein Drache aus?«
»Und wie!« sagte Angie grimmig.
»Wirklich? Aber Grottwold hat doch gesagt…«
In diesem Augenblick schien die Decke herunterzukommen und ihm auf den Kopf zu fallen.
… Er trieb ins Bewußtsein zurück und sah Angies besorgtes Gesicht über sich.
»Was ist passiert?« fragte er zittrig.
»Ich weiß es nicht«, sagte sie. »Du bist plötzlich zusammengebrochen. Jim – bist du es wirklich, Jim?«
»Ja«, sagte er verständnislos.
»…«, sagte Angie.
Er verstand nicht genau, was sie sagte. In seinem Kopf ging etwas Seltsames vor, wie ein geistiges Gegenstück zum Phänomen der Doppelsichtigkeit, das sich manchmal nach einer Gehirnerschütterung einstellt. Er schien mit zwei Gehirnen gleichzeitig zu denken. Er bemühte sich, sich auf ein Gedankensystem zu konzentrieren; und es gelang ihm, sich irgendwie geistig einzustellen. Anscheinend konnte er, wenn er sich anstrengte, eine Spaltung seines Bewußtseins vermeiden.
»Mir ist, als hätte mir einer eine Keule über den Kopf geschlagen«, sagte er.
»Tatsächlich? Aber es ist wirklich nichts geschehen!« Angies Stimme klang bedrückt. »Du bist nur zu Boden gegangen, als wärst du in Ohnmacht gefallen, oder so etwas. Wie fühlst du dich jetzt?«
»Ziemlich wirr im Kopf«, antwortete Jim.
Er hatte den Trieb, gleichzeitig auf zwei Ebenen zu denken, ziemlich gut bezwungen, aber er war sich immer noch bewußt, daß etwas, wie ein separater Teil seines Geistes, mit einbezogen,
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