Drachenritter 02 - Der Drachenritter
aufhalten mag, dort ist es am dunkelsten. Ich spüre es auch, aber ich begreife es ebensowenig wie er.«
Jim biß sich auf die Unterlippe und überlegte, ob er versuchen sollte, es zu erklären. Dann entschied er sich dagegen. Es erschien ihm alles zu verworren.
»Dafydd hat recht«, sagte Jim. »Es gibt diesen dunklen Schatten tatsächlich – und ich begreife es nicht. Fragt mich bitte nicht nach dem Grund, Brian. Wenn ich mehr weiß, werde ich es Euch sagen.«
»Wie Ihr wollt, James«, sagte Brian, »aber falls Ihr Hilfe brauchen solltet – dann werdet Ihr mich doch nicht vergessen?«
»Falls ich Hilfe brauchen sollte, Brian«, antwortete Jim, »seid Ihr der letzte, den ich vergessen würde.«
»Dann können wir dem Ungemach getrost entgegensehen«, sagte Brian. »Ungemach ist in der Welt ebenso verbreitet wie Fliegen. Und es ist unmöglich, damit ein für allemal aufzuräumen. Es bleibt einem nichts anderes übrig, als abzuwarten, bis es einen ereilt, und dann damit fertig zu werden.«
Aus irgendeinem Grund fand Jim diese leichthin vorgetragenen Lebensweisheiten tröstlich. Doch den Schatten, den Dafydd mit seiner außergewöhnlichen Feinfühligkeit wahrgenommen hatte, nahmen sie dennoch nicht fort. Irgend etwas stimmte nicht. Er hatte etwas übersehen.
Zum hundertsten Mal vergegenwärtigte er sich die Lage. Theoretisch konnte es gar nicht besser stehen. Er hatte Carolinus Anweisungen erfolgreich ausgeführt. England und Frankreich hatten einen Waffenstillstand geschlossen, mit dem zwar keine Seite so recht glücklich war, den zu brechen es allerdings auch keinen vernünftigen Grund gab.
König Jean war freigelassen worden und hatte einer geheimen Zusatzvereinbarung gemäß wieder seinen Platz auf Frankreichs Thron eingenommen. Jim hatte seinen Paß zurückerhalten.
Überbracht hatte ihn der strahlende Secoh, der sich aus der über dem Schlachtfeld kreisenden Drachenhorde herabgesetzt hatte und gelandet war – wobei er sich von den drei Bogenschützen, die Dafydd rekrutiert hatte, beinahe nicht nur einen, sondern gleich mehrere Pfeile eingefangen hätte.
Lediglich der Tatsache, daß Jim und Dafydd gerade noch rechtzeitig eingegriffen hatten, war es zu verdanken gewesen, daß auf den im Landeanflug befindlichen Secoh nicht geschossen wurde, sonst wäre er wohl mausetot gewesen. Allerdings wäre er auf dem Boden kaum sicherer gewesen als in der Luft. Sämtliche Bewaffnete – was wortwörtlich zu verstehen war –, waren bereit gewesen, seinem Angriff dadurch zuvorzukommen, daß sie ihrerseits angriffen. Dies jedoch hatten Jim und Brian verhindert und damit Secoh das Leben gerettet.
In Anbetracht von Eduards Drohung wurde die Schlacht beendet, ohne daß es einen Sieger gegeben hätte, und Jim hatte den Paß zurückerhalten. Zunächst hatte er Mühe gehabt, sich an die erforderliche Prozedur zum Schrumpfen des Passes zu erinnern, doch schließlich war ihm der Zauber wieder eingefallen, und nach einer Weile hatte er auch das darauffolgende Völlegefühl überwunden. Er war froh, die Verantwortung endlich loszuwerden und den Paß den Klippendrachen zurückzugeben.
Er verspürte immer noch ein Unbehagen, das er nicht genau zu benennen vermochte, eine Vorahnung von Gefahr. Von welcher Seite ihm diese Gefahr drohte, war ihm allerdings schleierhaft. Sollte tatsächlich irgend etwas passieren, so hatte er eine beachtliche Streitmacht von Bewaffneten und Bogenschützen hinter sich. Brian hatte recht. Am besten wartete man ab, bis sich das Ungemach zu erkennen gab, bevor man sich ernsthaft damit befaßte.
Brian stellte Dafydd, der an Jims anderer Seite ritt, soeben eine Frage, so daß er buchstäblich an Jim vorbeiredete.
»Was ich Euch schon immer fragen wollte«, meinte Brian zu dem Bogenschützen. »Ich halte mich in keiner Weise für gutaussehend. Des weiteren kann ich wirklich nicht sagen, ob ein Mann anziehend auf eine Frau wirkt oder nicht, wenngleich ich mir schmeichle, das Aussehen edler Damen und selbst gewöhnlicher Frauen recht gut beurteilen zu können. Aber meine eigene Dame hat mir gegenüber erklärt, Ihr, Dafydd, wirktet auf jede Frau in höchstem Maße attraktiv. Damals, als Melusine plötzlich an allen möglichen Männern Gefallen fand, nachdem sie sich Jim und König Jean hatte aus dem Kopf schlagen müssen, habe ich mich gefragt und tue es heute noch, weshalb sie nicht auf Euch verfallen ist, da Ihr doch dem schönen Geschlecht als so begehrenswert erscheint.«
»Ich glaube, damit ist es
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