Drachenritter 02 - Der Drachenritter
Zuschauer höchst erschreckend gefunden hätten, während sich die drei Freunde kaum einen schöneren Anblick hätten vorstellen können.
Als die gepanzerte Gestalt ins Wasser glitt, schien ein Wunder zu geschehen. Die Rüstung barst, so wie Jims Rüstung geborsten war, als er sich auf dem Weg zu Carolinus in einen Drachen verwandelt hatte. Diesmal jedoch kam ein grauer Seehund zum Vorschein, der einen Moment lang mit höchst lebendigen Augen zu ihnen hochschaute, bevor er tauchte und für immer im grauen Wasser des Ärmelkanals verschwand. Die drei Männer traten von der Reling zurück.
»Habt Ihr gewußt, daß dies geschehen würde?« wandte sich Brian ehrfurchtsvoll an Jim.
Jim schüttelte lächelnd den Kopf.
»Nein«, antwortete er so leise, daß nur Brian und Dafydd ihn hören konnten, »aber es wundert mich nicht.«
»Wird er von jetzt an als Seehund weiterleben?« fragte Dafydd ebenso leise.
»Ich weiß es nicht«, sagte Jim. »Vielleicht…«
Er schüttelte den Kopf, und die Frage blieb unbeantwortet. Seit dem Abend nach der Schlacht, als er die Revisionsabteilung angerufen und die Anklage gegen Malvinne vorgebracht hatte, hatte er sich unerklärlicherweise niedergeschlagen gefühlt. Bis zu diesem Moment war er sich nicht sicher gewesen, ob sein Verhalten für alle Beteiligten tatsächlich das beste war. Doch nun, da er einen Moment lang die strahlenden Augen des Seehunds hatte aufblitzen sehen, fühlte er sich getröstet.
»Ho, Schiffsführer!« rief Brian dem Kapitän zu, »wir sind soweit. Auf nach England!« Es dauerte noch etwa anderthalb Wochen, bis die drei Gefährten mit den Berittenen und den Bogenschützen im Schlepptau – deren Zahl auf dem Rückweg unerklärlicherweise gewachsen war – sich durch den Wald der Burg Malencontri näherten.
Schließlich waren sie nur noch eine Meile von Jims Zuhause entfernt, und das Wetter war wie bestellt für die Heimkehr. Es war ein wolkenloser, heißer Tag Ende August, und wer eine Rüstung oder schwere Schutzjacken aus Leder trug, wie sie die Bogenschützen und einige der Berittenen bevorzugten, war dankbar für den Schatten des Waldes.
Jim, Brian und Dafydd ritten an der Spitze. Aragh hatte sie gleich nach dem Anlegen verlassen und zuvor gemeint, er habe keine Lust, sich ihrem langsamen Tempo anzupassen. Währenddessen waren auch die letzten Rangunterschiede zwischen den dreien verschwunden, nicht nur aufgrund dessen, was sie durchgemacht hatten, sondern auch wegen des Todes von Sir Giles und dessen Verwandlung im Meer.
Brian hatte stärker um Giles getrauert, als Jim erwartet hatte; allerdings neigte er auch sonst dazu, die Tiefe der Gefühle zu unterschätzen, welche die Menschen, mit denen er nun zusammenlebte, von einem Moment zum anderen entwickeln konnten. Schließlich aber schien sich Brians Trauer ganz verflüchtigt zu haben, gebannt durch Giles Meeresverwandlung und aufgrund der typischen Haltung der Menschen des Mittelalters, sich mit dem Unabänderlichen abzufinden und es zu vergessen.
Nun galt Brians ganze Sorge Malencontri und der Frage, ob seine Liebste noch dort weilte. Dafydd hatte zwar nichts gesagt, doch vermutete Jim, daß der walisische Bogenschütze ebenfalls darauf hoffte, seine Frau bei ihrer Ankunft in Malencontri dort anzutreffen. Offenbar um sich abzulenken, plauderte Dafydd von anderen Dingen.
»Ihr habt von Malvinne nichts mehr gehört, obwohl Ihr über magische Fähigkeiten verfügt«, wandte er sich nun an Jim. »Ist Euch eigentlich aufgefallen, daß er in dem Moment verschwunden ist, als die Drachen auftauchten? Ihr hättet mir schon früher sagen sollen, daß Carolinus Euch davor gewarnt hat, er werde Euch nur vierundzwanzig Stunden lang vor Malvinne schützen können.«
»Das war nicht entscheidend«, antwortete Jim ein wenig geistesabwesend. »Zu diesem Zeitpunkt hatte ich bei der Revisionsabteilung bereits Anklage erhoben.«
»Anklage?« fragte Brian.
Jim nahm sich zusammen. Das betraf allein das Reich der Magier.
»Das ist zu kompliziert, um es zu erklären«, sagte er. »Aber Ihr könnt mir glauben, daß Malvinne für lange Zeit und vielleicht sogar für alle Zukunft niemandem mit seiner Magie wird schaden können.«
»Trotzdem seid Ihr bedrückt«, meinte Dafydd, der neben Jim ritt.
»Ein wenig«, gab er zu.
»Bedrückt?« echote Brian sogleich. »Weswegen, James?«
»Ich glaube, er weiß es nicht«, sagte Dafydd, »aber es liegt immer noch ein schwarzer Schatten über allem. Wo Malvinne sich auch
Weitere Kostenlose Bücher