Drachenritter 02 - Der Drachenritter
man mir erzählt. Ich glaube, daß wir mindestens ein halbes Hundert Männer jeglichen Alters und jeglicher Eignung bekommen werden – wieviel wir davon werden verwenden können, weiß ich nicht. Habt Ihr Euch schon weitergehende Gedanken gemacht?«
»Ja«, sagte Jim, »und ich bin gespannt, was Ihr davon haltet. Wir verstecken uns den Nachmittag und den Abend über. Nachts begeben wir uns mit Hilfe von Einheimischen, die sich im Wald auskennen, zur Rückseite der Burg, wo wir unsere Leute im Halbkreis verteilen, so daß sie aus verschiedenen Richtungen gleichzeitig über Malvinnes Männer herfallen können. In der Zwischenzeit finden wir heraus, wie die Pferde festgebunden sind, wenn die Männer tagsüber warten. Vielleicht können wir die Knoten der Stricke irgendwie lockern – ohne daß Malvinnes Männer morgen bemerken, daß ihre Pferde nicht mehr fest angebunden sind.«
»Eine gute Idee«, bemerkte Brian.
»Im Laufe des morgigen Tages«, fuhr Jim fort, »machen wir die festgebundenen Pferde scheu, damit sie sich losreißen. Dann versuchen wir, sie in den Wald zu treiben oder zumindest weg von Malvinnes Männern. Anschließend greifen wir zu Pferd vom Wald aus an.«
»James, das ist ein guter Plan!« sagte Brian. »Wirklich gut. Aber wie wollt Ihr es anstellen, daß die Pferde scheuen und sich losreißen? Habt Ihr vielleicht daran gedacht, Euch in einen Drachen zu verwandeln und plötzlich aus der Luft auf sie herunterzustoßen? Das würde jedes Pferd scheu machen.«
»Ich fürchte, so geht es nicht«, sagte Jim. »Vielleicht habe ich mich nicht klar genug ausgedrückt, aber Malvinne ist nicht der einzige Magier, der nicht mehr zaubern kann. Das gleiche gilt auch für mich. Ich war schließlich bloß ein Magier der vierten Kategorie, mit einem kleinen Guthaben bei der Revisionsabteilung. Das habe ich in Frankreich gleich am Anfang aufgebraucht.«
Brian starrte ihn an. »Aber Eure Zauberei in der Burg… und als Ihr uns später unsichtbar gemacht habt…«
»Das hatte ich Carolinus zu verdanken«, sagte Jim. »Er hat mir gestattet, zeitweise sein Konto zu belasten.«
»Wollt Ihr damit sagen, Ihr könntet überhaupt nicht mehr zaubern, James?«
»Ich kann noch zaubern«, antwortete Jim, »aber es würde nichts mehr passieren, weil mein Konto bei der Revisionsabteilung leer ist. Deshalb ist es im Moment ausgeschlossen, daß ich mich in einen Drachen verwandle. Ich kann nicht mehr tun als jeder andere auch.«
»Ein höchst beklagenswerter Zustand!« meinte Brian nachdenklich, sich die hellbraunen Stoppeln reibend, welche seine untere Gesichtshälfte bedeckten. »Mir fällt wirklich nichts ein, womit wir die Pferde so erschrecken könnten, daß sie sich losreißen.«
»Pferde fürchten sich vor Feuer«, sagte Jim, »zumal dann, wenn sie festgebunden sind und nicht weglaufen können. Wie wäre es, wenn ein paar unserer Männer aus dem Wald galoppiert kämen und brennende Reisigbündel mitten unter sie werfen würden? Wenn sie plötzlich auftauchen, hätten Malvinnes Krieger keine Zeit, sie aufzuhalten. Die brennenden Reisigbündel würden allein schon die Pferde erschrecken, und das Gras steht um diese Jahreszeit hoch und ist verdorrt. Bestimmt würde es Feuer fangen – oder zumindest anfangen zu schwelen. Das würde nicht nur die Pferde scheu machen, sondern auch bei Malvinnes Männern Verwirrung stiften.«
»Beim heiligen Dunstan!« sagte Brian. »Ich glaube, damit könnten wir ein heilloses Durcheinander auslösen, wenn wir angreifen!«
Er blickte kurz zur Sonne hoch.
»Bis Sonnenuntergang sind es noch mindestens drei Stunden«, fuhr er fort. »Ich für meinen Teil kann es gar nicht mehr erwarten, mich hinter Eure Burg zu begeben und nachzuschauen, wo die Pferde festgemacht sind. Aber wir sollten besser solange hier warten, bis die Männer wieder in der Burg verschwunden sind und wir sie gezählt und eingehend begutachtet haben. Aber leicht fällt mir das Warten nicht!«
»Ich für meinen Teil«, sagte Dafydd, »werde mit unseren Bogenschützen und mit denen, die Wat mitbringen wird, genug zu tun haben.«
Zufällig trafen gerade in diesem Moment die Rekruten ein. Wat hatte die Umsicht bewiesen, beim ersten Haltepunkt ein Hauptquartier einzurichten und von dort aus Boten in alle Richtungen auszusenden.
Jim staunte über die Anzahl der Männer, die allmählich eintrudelten. Abermals hatte er etwas über die Welt herausgefunden, die jetzt seine Heimat war, was ihm bisher noch nicht klar gewesen
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