Drachenritter 02 - Der Drachenritter
flott!« rief der Kapitän. Er sank auf die Knie nieder, faltete die Hände und hob den Blick gen Himmel. Er bewegte die Lippen, als betete er lautlos.
Einer nach dem anderen folgten die Seeleute seinem Beispiel; und als Jim sich umsah, bemerkte er, daß Brian und Giles ebenfalls knieten.
Verlegen, amüsiert und ohne genau zu wissen, warum er es tat, kniete Jim nun gleichfalls nieder, faltete die Hände und verharrte so, wenn auch ohne zu beten. Gleichwohl hätte er es nicht über sich gebracht, einfach stehen zu bleiben.
Nach einer Weile erhob sich der Schiffsführer, und die anderen taten es ihm nach. Der Kapitän hob die Stimme, und die Seeleute eilten davon, um ihren Pflichten nachzukommen.
Gut zwei Stunden später hatte das Schiff in Brest festgemacht und Jim, Brian, Giles und einige der Seeleute begaben sich über die Gangway in die Stadt.
14
Der Kapitän hatte ihnen den Weg zum Gasthof Zur Grünen Tür beschrieben und ihnen drei Seeleute mitgegeben, die das Gepäck schleppten. Hier in Brest herrschte am Vormittag rege Geschäftigkeit, und es war warm. Die Sonne brannte aus einem wolkenlosen Himmel herab, und die Hitze machte den Gestank im Hafen und auf den Straßen, durch die sie stapften, auch nicht besser.
Er und Angie, überlegte Jim, hatten sich an die Straßen mittelalterlicher Städte erst gewöhnen müssen. Wenn er es recht bedachte, hatte er sich immer noch nicht daran gewöhnt. Seine Gedanken schweiften ab.
Schön und gut, daß die Seeleute ihr Gepäck schleppten; aber wenn sie ihre Habseligkeiten im Gasthof Zur Grünen Tür abgesetzt hätten, würden sie sich davonmachen. Jim wünschte auf einmal, er hätte seinen neuen Knappen Theoluf mitgenommen; das war allerdings nicht möglich gewesen.
Seine und Sir Brians Männer mußten noch auf ein größeres Schiff warten. In der Zwischenzeit mußte jemand das Kommando führen; und das stand in dieser Welt stets dem mit der höchsten gesellschaftlichen Stellung zu. Oder wenn zwei Personen den gleichen Rang hatten, dem Rangältesten.
Bedauerlicherweise war der einzige, der überhaupt über einen Rang verfügte und den sie hatten zurücklassen können, Brians Knappe John Chester gewesen. Als Jim dies klargeworden war, hatte er Bedenken gehabt, einem Sechzehnjährigen mit unschuldigen Augen den Befehl über eine Streitmacht von dreiundachtzig Männern zu überlassen, die allesamt älter waren als John Chester und von denen manche sogar Ende Dreißig waren, über jahrelange Erfahrung im Kriegshandwerk verfügten und ein bewegtes Leben hinter sich hatten.
Seine Proteste hätten nichts genützt, und es konnte auch niemand anders das Kommando übernehmen, wenn er, Brian und Giles zusammenreisen wollten, wie Sir John Chandos es gewünscht hatte. So war es am unauffälligsten. Jim war versucht gewesen, gegen John Chesters Ernennung Einwände zu erheben. Nach fast einjährigem Aufenthalt in dieser Welt hatte er jedoch gelernt, daß es einige Dinge gab, mit denen er sich einfach abfinden mußte.
John Chester war ein Edelmann. Ein sehr junger und unerfahrener Edelmann, aber nichtsdestotrotz ein Edelmann. Es wäre unrecht gewesen, ihn dem Befehl eines Gemeinen zu unterstellen, ganz gleich, wie erfahren dieser Gemeine auch sein mochte. Daher würde John Chester das Befehlen eben lernen müssen, ob er nun dazu befähigt war oder nicht. Jim hatte sich eine Weile über die Situation den Kopf zerbrochen, bis er auf einmal mitbekommen hatte, wie Brian im Schankraum des Gasthofs in Hastings seinen obersten Bewaffneten beiseite nahm und eindringlich auf ihn einredete.
Auf einmal wurde ihm klar, wie man hier mit derlei Dingen umging. Er hielt Ausschau nach Theoluf, und als er ihn nirgends entdeckte, ging er nach oben zu dem Zimmer, das er sich mit Giles und Sir Brian teilte, und traf dort den ehemaligen gemeinen Bewaffneten an. Theoluf erhob sich bei Jims Eintreten.
»Theoluf«, sagte Jim, »stimmt es, daß Ihr in der Rangfolge gleich nach John Chester kommt?«
»So ist es, Mylord«, antwortete Theoluf. »Ich bin jetzt ein Knappe und damit gewöhnlichen Gemeinen wie Tom Seiver, der die Männer von der Burg Smythe befehligt, übergeordnet.«
»Und ich weiß«, fuhr Jim fort, »daß Ihr Euch darauf versteht, einen solchen Haufen bei der Stange zu halten und dorthin zu bringen, wo Ihr ihn haben wollt. Ihr werdet aufpassen, daß sie nicht über die Stränge schlagen, zuviel trinken, zu raufen anfangen oder sich davonmachen.«
»Jawohl, Mylord«, sagte Theoluf
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