Drachenritter 02 - Der Drachenritter
Schankwirt geziemte, wenn auch mit offenkundig gespielter Herzlichkeit. Er verhielt sich so, als hätten sie ihn bei der Arbeit gestört und als wäre er sie am liebsten gleich wieder losgeworden, um seine unterbrochene Tätigkeit wieder aufnehmen zu können.
Er geleitete sie zu einem Zimmer im ersten Stock, das nicht ganz so groß wie das im Gebrochenen Anker, dafür aber beinahe ebenso sauber war. Die Schlafstatt war weniger ein Bett als vielmehr eine Plattform von der Größe und Form der mittelalterlichen Betten, wie Jim sie kannte, und stand wie gewöhnlich in einer Ecke des Raums.
Außerdem gab es noch einen Tisch und zwei Stühle. Grollend, wie es Jim schien, schickte der Schankwirt einen seiner Bediensteten ein weiteres Paar Stühle holen, da Brian darauf hinwies, daß sie zu dritt wären und möglicherweise noch mindestens einen Besucher erwarteten. Die Seeleute stellten ihre Lasten ab, die sie hergeschleppt hatten, und ein jeder bekam von Jim zum Abschied ein kleines Trinkgeld ausgehändigt. Jim war mit Trinkgeldern rasch bei der Hand, da er wußte, daß Sir Brian nicht viel oder überhaupt kein Geld hatte, und da Sir Giles zwar davon gesprochen hatte, einen Bediensteten mitzubringen, dieser aber nie in Erscheinung getreten war, vermutete er stark, daß dieser sich in einer ganz ähnlichen Lage befand. Jim bestellte bei der Gelegenheit auch gleich noch Wein.
Der Wein wurde bald darauf gebracht. Krug und Becher waren alles andere als sauber. Jim spülte die Becher unverhohlen mit etwas Wein aus und trocknete sie mit einem Stück Stoff aus seinem Gepäck ab. Dies war nicht das erste Mal, daß er so etwas tat, und Sir Brian und jetzt auch Sir Giles nahmen wohl an, daß es etwas mit Magie zu tun habe.
Der Wein allerdings war eine angenehme Überraschung. Als sie am Tisch Platz nahmen und davon kosteten, stellte Jim zu seiner Verblüffung fest, daß der Wein jedem Vergleich mit den englischen Weinen standhielt. Offenbar war es ein junger Wein von hellroter Farbe und einem frischen Geschmack. Er wollte schon eine Bemerkung machen, doch als er sah, daß weder Brian noch Giles Anstalten machten, sich zu äußern, hielt er es für klüger, den Mund zu halten.
»Da wären wir nun«, sagte Sir Giles und nahm einen kräftigen Schluck, bevor er fortfuhr. »Und was tun wir als nächstes?«
»Wir warten, würde ich meinen«, antwortete Brian.
Beide schauten Jim an. Der hatte sich schon die gleiche Frage gestellt; und auf einmal kam ihm der Gedanke, daß er in dieser Situation den anderen beiden gegenüber möglicherweise den einen oder anderen Vorteil hatte. Es hatte den Anschein, als ob Sir John, zumindest in dieser Welt, die Funktion eines Spionagechefs der Engländer ausübte. Als solcher kam er Jim wie eine Mischung zwischen jemandem vor, der einem Untergebenen einen Auftrag erteilte, ohne ihm detailliert zu erklären, wie dieser ihn ausführen solle, und einem wahrhaft intelligenten, vernünftigen Mann aus Jims Heimatwelt. In gewisser Weise halb mittelalterlich, halb modern.
»Im Moment können wir kaum etwas tun«, sagte Jim. Er sah auf den Ring, der etwas zu locker am Mittelfinger seiner Rechten saß. »Ich werde im Gasthof bleiben und mich mit dem Ring zeigen; dann werden wir schon sehen, was passiert.«
»Pest und Teufel!« meinte Sir Brian. »Ich kann diese Warterei nicht ausstehen.«
»Trotzdem muß es wohl sein«, sagte Jim, ihm und Sir Giles nacheinander in die Augen blickend. »Vergeßt nicht, wir sollen uns ruhig verhalten und möglichst wenig Aufmerksamkeit erregen – was natürlich nicht für unsere Kontaktperson gilt.«
»Wohl wahr«, knurrte Brian, »und ich stelle die Weisheit von Sir Johns Ratschluß auch gar nicht in Frage. Trotzdem fällt das jemandem wie mir nicht leicht!«
»Mir auch nicht!« sagte Sir Giles.
Er und Brian stießen daraufhin feierlich an.
In den folgenden Tagen hatte Brian wahrlich genug Anlaß, sich zu beklagen. Jim konnte ihm deswegen kaum einen Vorwurf machen; er und Giles waren nicht geschaffen für eine Tätigkeit im Untergrund. Ihr angestammtes Betätigungsfeld war das offene Schlachtfeld, wo sie dem Feind Auge in Auge gegenüberstanden. Gleichwohl hielten sie sich gut. Doch da sie nichts weiter zu tun hatten als zu trinken, taten sie für Jims Geschmack vielleicht ein wenig zuviel des Guten und statteten unter anderem den zahlreichen Wirtschaften und Trinkstuben Brests einen Besuch ab.
Am dritten Tag hatten beide Ritter genug vom Trinken.
Dies entsprach
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