Drachenritter 05 - Der Drache, der Graf und der Troll
schon vorgekommen sei«, fuhr Theoluf fort. »Zu Zeiten, da ich noch als Bewaffneter unter einem anderen Herrn diente.«
Diese Leute - und Brian führte in diesem Fall die Liste an - gaben Jim immer wieder das Gefühl, als sei er erst gestern auf die Welt gekommen. Natürlich hatte Brian mehr als einen Grund, wenigstens einige Durchgänge gegen Sir Harimore zu reiten, damit die Spannung ihren Höhepunkt erreichte. Abgesehen von allem übrigen würde es die Menge für die Ankunft des Schwarzen Ritters in die richtige Stimmung bringen.
»Vielen Dank, Theoluf«, sagte er. Theoluf ging hinaus, und die Lasche schloß sich hinter ihm.
Jim lauschte wieder dem Toben der Menge und dem Klang der Trompete, die die beiden Ritter in den Kampf schickte. Dann kam das Geräusch ihres Zusammenpralls und schließlich eine neuerliche nervtötende Wartezeit, bevor Theoluf abermals den Kopf ins Zelt steckte.
»Wieder beide Lanzen gebrochen, Mylord, ohne Entscheidung«, erklärte er. »Es wird einen dritten Durchgang geben.«
Er hielt inne.
»Mylord wäre vielleicht daran interessiert zu erfahren, daß ich noch nie davon gehört habe, daß drei Durchgänge ohne irgendeine Entscheidung abgehalten worden wären.«
Er ging hinaus.
So, dachte Jim, das war also ein Turnier, wie es im Buche stand. Er erhob sich und ging im Zelt auf und ab. Diesmal sagte ihm die Wartezeit vor dem Getöse der Menge, daß Brian und Sir Harimore aus ihren Zelten geritten waren und nun ihre Lanzen wählten. Während der weiteren Wartezeit, bis die Trompete ihr Signal ertönen ließ, ging Jim weiter auf und ab und kam auch während der unvernünftig langen Wartezeit vor dem letzten lauten Krachen ihres Zusammentreffens nicht zur Ruhe. All das war schon schlimm genug. Aber schlimmer noch klang seinem ungeübten Ohr das Geräusch, als sie dann tatsächlich aufeinanderprallten, ein Geräusch, das härter war als alles, was er an diesem Tag bisher gehört hatte.
Dann folgte ein Augenblick tödlicher Stille und schließlich etwas wie ein Brüllen von Seiten der Menge, das sich zu einem Stöhnen in die Länge zog. Dann herrschte wieder Stille.
Jim ging auf den Eingang des Zelts zu. Zum Teufel mit den anderen, die ihn nicht sehen sollten - wenn das der Grund war, warum Brian ihm Weisung gegeben hatte hierzubleiben. Aber Theoluf kam durch die Zeltbahn, bevor Jim sie erreicht hatte. Sein Knappe hielt ihn auf.
»Es könnte tatsächlich ein dritter Lauf ohne Sieger gewesen sein, Mylord«, sagte Theoluf, »aber etwas an Sir Harimores Sattel ist gebrochen oder aufgesprungen. Es heißt, es sei der Sattelgurt gewesen, aber das sagt man immer, wenn solche Dinge geschehen. Sir Harimore ist nicht gestürzt, aber er mußte sich an den Hals seines Pferdes klammern, um sich aufrecht zu halten, und er hat seine Lanze fallen gelassen. Andererseits waren zu diesem Zeitpunkt, wie schon bei den vorherigen Durchgängen, beide Lanzen gebrochen. Nichtsdestoweniger ist Sir Brian der Sieger des Tages!«
»Wo ist er jetzt?« fragte Jim.
»Er ist in das große Zelt zurückgeritten«, antwortete Theoluf. »Zweifellos wird er in Kürze bei Euch sein. Vielleicht sollte ich ihm schon einmal einen Becher Wein einschenken?«
»Ja.« Jim trommelte ungeduldig mit den Fingernägeln auf die Oberschenkel. »Ja, tut das. Und wenn Ihr die Gelegenheit habt, ein Wort mit ihm zu sprechen, Theoluf, sagt ihm, ich warte hier mit größter Ungeduld auf ihn.«
»Jawohl, Mylord«, sagte Theoluf.
Dann goß der Knappe nicht nur einen vollen Becher für Brian ein, sondern schenkte auch ein klein wenig Wein in Jims Becher. Plötzlich ging Jim auf, was er schon vorher hätte begreifen müssen - daß er mit Brian auf seinen Sieg würde anstoßen müssen, und das bedeutete, daß er einen Becher Wein trinken mußte. Theoluf, der beide Becher nachgeschenkt hatte, ging hinaus.
Aber der nächste, der das Zelt betrat, war nicht Brian. Es war Aragh; und er kroch buchstäblich unter den Zeltbahnen hindurch.
Es verblüffte Jim zu sehen, daß jemand von Araghs ungewöhnlicher Größe unter der straff gespannten Bodenkante eines Zelts hindurchkriechen konnte. Aragh stand auf und schüttelte sich, wobei er Schnee und Schmutz versprühte. Dann sah er Jim an.
»Die Trolle sind näher gekommen«, eröffnete er ihm.
Jim, der immer noch auf und ab lief, blieb jäh stehen.
»Wie nah sind sie?« fragte er.
Aragh lachte lautlos.
»Nicht allzu nah«, sagte er. »Und sie werden auch nicht näher kommen. Sie haben hier bereits
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