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Drachenritter 06 - Der Drache und der Dschinn

Drachenritter 06 - Der Drache und der Dschinn

Titel: Drachenritter 06 - Der Drache und der Dschinn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon R. Dickson
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hatte es jedoch ihm gegeben, da er gemäß der geltenden Gebräuche der rechtmäßige Empfänger war.
    Jim löste das Messer vom Gürtel und durchtrennte die Nähte, mit denen das Pergament verschlossen war; und tatsächlich ließ es sich zu einem einzigen Blatt mit einem schweren Siegel entfalten, das einem kleineren Pergamentstreifen aufgeprägt war, der unten auf der Seite durch zwei Schlitze geführt war, so daß es an dem Dokument wie ein Schmuckanhänger herunterbaumelte.
    Das Dokument war in kaum lesbarem mittelalterlichem Latein verfaßt, von einem Schreiber ausgeführt im Stil der Zeit, versehen mit zahlreichen Schnörkeln einschließlich der beliebten sogenannten Oberlängen -vertikale Striche an manchen Buchstaben, die nach oben zeigten und sich am Ende verdickten, so daß es aussah, als führten die Worte Speere.
    Er hatte gerade mit einiger Mühe die ersten paar Worte gelesen...
    Edwardus Dei gracia Rex Anglie et Francie et dominus Hibernie omnibus ad quos presentes litere pervenerint saluten...
    ... als ihm das Latein auf einmal vor den Augen verschwamm und sich in Englisch verwandelte. Dies war der allgegenwärtigen Magie zuzuschreiben, von der er seit langem annahm, daß sie ständig nicht nur fremde Sprachen wie zum Beispiel Französisch, sondern auch zahllose unterschiedliche Dialekte und die Sprachen der Wölfe, Seeteufel und anderer Tiere in modernes Englisch übertrug.
    Das Dokument hatte folgenden Wortlaut: >Edward, von Gottes Gnaden König von England und Frankreich und Herrscher über Irland, entbietet allen, die mit der vorliegenden Angelegenheit befaßt sind, seinen Gruß.
    In der Angelegenheit des Robert Falon, Sohn des mittlerweile verschiedenen Ralph Falon, Baron von Chene, wird die Vormundschaft über besagten Robert Falon bis zum Erreichen der Volljährigkeit ...<
    Jim überflog rasch die Seite. Das war genau das, was er und Angie sich erhofft hatten. Die Vormundschaft wurde ihm übertragen; und ganz unten auf der Seite befand sich das königliche Siegel, das ihm auf den ersten Blick ins Auge gefallen war. Wortlos reichte er das Dokument an Angie weiter. Angies Augen füllten sich mit Tränen.
    »Das müssen wir feiern.« Jim wandte sich an Sir John. »Ich weiß gar nicht, wie ich Euch danken soll, Sir John. So rasch haben wir mit einer Antwort gar nicht gerechnet; eigentlich nahm ich an, es könnte Jahre dauern, bis eine Angelegenheit wie diese entschieden ist.«
    »Das kommt bisweilen vor«, entgegnete Sir John. »Allerdings war die nähere Umgebung des Königs der Ansicht, eine rasche Erledigung sei für das Wohlergehen des jungen Robert Falon das beste, so daß die gewöhnliche Vorgehensweise aufgrund eines königlichen Befehls außer Kraft gesetzt wurde. Teilweise habt Ihr das Richard de Bisby zu verdanken, dem ehrwürdigen Bischof von Bath und Wells. Die Gründe, die er bei Hofe für Eure Einsetzung zum Vormund vorgebracht hat, haben Seine Majestät stark beeindruckt, Gott segne ihn.«
    »Amen«, antworteten pflichtschuldigst Jim und Angie. Sir John hatte zuletzt mit keiner Wimper gezuckt. Jim konnte sich gut vorstellen, wie der Bischof auf den König, der mit Staatsgeschäften am liebsten nicht behelligt wurde, lautstark eingeredet hatte.
    »Gegen eine kleine Feier habt Ihr doch bestimmt nichts einzuwenden, auch wenn Ihr morgen wieder aufbrechen müßt?« fragte er Sir John.
    »In diesem Fall gewiß nicht«, antwortete Sir John.
    Und so feierten sie nach Art des Mittelalters mit dem Besten, das Weinkeller und Küche zu bieten hatten, während sich die Neuigkeit auf wundersame Weise beim Burggesinde verbreitete. Infolgedessen liefen alle Bediensteten mit strahlenden Gesichtern umher, ganz so, als wäre die Vormundschaft nicht allein Jim, sondern allen Bewohnern der Burg Malencontri gemeinsam übertragen worden.
    Die allgemeine Freude, die auch Jim und Angie einschloß, dauerte bis zum nächsten Morgen, als sie Sir John Chandos und dessen Gefolge zum Abschied nachwinkten.
    Als sie langsam zur Burg zurückgingen und die Treppe zur Kemenate hochstiegen, verflüchtigte sich das Hochgefühl jedoch. Beide verstummten sie, und das Schweigen dauerte auch noch in der Kemenate eine Weile an, bis Angie schließlich das Wort ergriff, wobei sie nicht Jim ansah, sondern aus dem Fenster schaute.
    »Jetzt steht deiner Abreise also nichts mehr im Wege«, sagte sie leise.
    »Abreise?« wiederholte Jim voller Unbehagen, obwohl er genau wußte, was sie meinte.
    »Du hast mich schon verstanden.«

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