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Drachenruf

Drachenruf

Titel: Drachenruf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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Naturtalent schleifen und verfeinern und eine schöne, klare Singstimme daraus machen würde.« Der Meister atmete tief aus.
    Jetzt erst, da seine Grimassen sie nicht mehr ablenkten, begriff Menolly den Sinn seiner Worte.
    »Sie meinen - ich kann singen?«
    »Jeder Narr auf Pern kann singen«, wehrte der Meister ab. »Las- sen wir jetzt das viele Reden. Ich bin müde.« Er scheuchte sie mit kleinen Gesten von ihrem Hocker. »Und nimm deine Flattergeister mit den goldenen Kehlen fort! Mir reichen ihre grimmigen Blicke und ihr Gezeter.«
    »Ich werde dafür sorgen, dass sie in Zukunft...«
    »Nicht mehr herkommen? Nein!« Meister Shonagar hob die Augenbrauen. »Bring sie nur mit! Sie lernen durch das Beispiel, wie es scheint. Also wirst du ihnen ein gutes Beispiel geben.« Ein geistesabwesender Blick huschte über sein Gesicht und dann lächelte er ein wenig. »Geh, Menolly! Geh jetzt! All das hat mich unsagbar müde gemacht.«
    Damit lehnte er den Ellbogen schwer auf die Kante des Sandkastens, stützte das Kinn in die Hand und begann zu schnarchen. Menolly konnte sich nicht vorstellen, dass ein Mensch so rasch einschlief, aber sie winkte ihre Echsen zu sich und huschte aus dem Raum.

KAPITEL VIER
    Harfner, dein Lied ist voll Kummer und Schmerz,
Jeden Frohsinn trägt es zu Grab.
Deine Stimme klingt dumpf, es stockt deine Hand,
Und du wendest den Blick von mir ab.
     
    Menolly hätte sich am liebsten irgendwo zusammengerollt und geschlafen, aber Prinzessin begann, leise zu jammern. Da Silvina am Morgen etwas von Resten gesagt hatte, ging Menolly über den Hof zum Kücheneingang. Sie konnte in der hektischen Geschäftigkeit weder Camo noch Silvina erspähen. Dann jedoch kam der Schwachsinnige mit einem großen gelben Käselaib aus der Kühlkammer gewankt. Er bemerkte sie, grinste breit und legte den Käse auf den erstbesten freien Platz an den Arbeitstischen.
    »Camo füttern? Camo schöne kleine Drachen füttern?«
    »Camo, wo bleibt der Käse? Los, Camo, sei ein braver Kerl und bring den Käse!« Menolly erkannte Abuna, die Stellvertreterin von Silvina.
    »Camo futtern...« Und der Mann packte eine Schüssel, kippte den Inhalt einfach aus und marschierte zum Kühlraum.
    »Camo! Camo, komm sofort zurück und bring den Käse her!«
    Menolly tat es leid, dass sie gerade jetzt in die Küche gekommen war, aber da entdeckte Abuna sie schon.

    »Ach, du bist es! Deshalb benimmt er sich so komisch. Na gut! Der gibt ja doch keine Ruhe, bis er deine Echsen gefüttert hat. Aber sorge bitte dafür, dass sie nicht in die Küche fliegen!«
    »Ich werde aufpassen, Abuna. Tut mir leid, dass ich Ihnen zur Last falle...«
    »Das sollte dir auch leidtun, mitten in den Vorbereitungen zum Abendessen, aber...«
    »Camo schöne kleine Drachen füttern? Camo füttern?« Der Knecht schleppte eine übervolle Schüssel aus dem Kühlraum an.
    »Nicht in meiner Küche, Camo! Raus mit dir! Raus jetzt! Und schick ihn zurück, wenn die Echsen satt sind, ja, mein Kind? Er soll noch den Käse aufschneiden - das macht er recht brav.«
    Menolly nickte Abuna zu und zog Camo aus der Küche, die Stufen hinauf. Prinzessin und die anderen kamen sofort herbeigestürzt. Die beiden Tanten und Onkelchen klammerten sich wieder an Camo fest. Das Gesicht des Mannes war glücklich, und er stand stocksteif da, als könne er mit der kleinsten Geste die Tierchen verscheuchen. Prinzessin, Rocky und Taucher ließen sich von Menolly füttern, während die übrigen einfach im Flug nach den Fleischbrocken schnappten. Die Schüssel war bald leer.
    »Camo mehr holen? Camo mehr holen?«
    Menolly nahm ihn am Arm und zwang ihn, sie anzuschauen. »Nein, Camo, sie haben genug. Nichts mehr holen, Camo. Du musst jetzt den Käse schneiden.«
    »Schöne kleine Drachen fort?« Camos Miene spiegelte tiefe Trauer wider, als die Echsen eine nach der anderen zu den Giebeln der Gildehalle hinaufflogen. »Schöne Drachen fort?«
    »Sie möchten in der Sonne schlafen, Camo. Sie sind nicht mehr hungrig. Du schneidest jetzt den Käse, ja?« Sie gab ihm einen sanften Schubs zur Küche hin. Er ging, die Schüssel in beiden Händen, und schaute dabei immer wieder nach den Feuerechsen, bis er gegen den Türrahmen stieß. Geistesabwesend änderte er die Richtung und verschwand in der Küche.

    »Könnte ich vielleicht auch beim Füttern mithelfen? Nur ein einziges Mal?«, fragte eine sehnsüchtige Stimme neben ihr. Verwirrt zuckte Menolly zusammen und erblickte Piemur mit seinem zerzausten Haar und

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