Drachenruf
Hunger kriegt.« Menolly lächelte über Sebells entsetzte Miene. Sicher war ihm die Szene vom frühen Morgen eingefallen. »Wenigstens musst du kein Futter für sie suchen. Es reicht, wenn du ein paar Fleischbrote in deiner Gürteltasche bereithältst. Außerdem bin ich sicher, dass Camo sogar den Festtagsbraten anschneidet, wenn es darum geht, eine Echse zu versorgen.« Nun musste auch Sebell lachen. »Eines noch - vergiss nicht, täglich ihre Haut zu ölen.«
»Buh -mit dem gleichen duftenden Zeug, das du für deine Echsen benutzt?«
Menolly unterdrückte ein Kichern. »Meister Oldive hatte nichts anderes zur Hand. Im Normalfall schmieren sich die feinen Burgdamen dieses Öl ins Gesicht...«
»Nein!«
»Aber ich bin sicher, er braut dir etwas mit einer herb-männlichen Note zusammen«, neckte ihn Menolly.
Sebell drohte ihr. »Kein schlechter Gedanke! Ich werde ihm den Vorschlag unterbreiten.« Damit verließ er den Tisch.
Piemur stieß sie an. »Pass auf, Menolly«, sagte er. »Ich muss jetzt noch einiges organisieren, aber nach dem Mittagessen machen wir beide einen Bummel über den Festplatz, ja? Ich zeige dir alle Sehenswürdigkeiten.«
Sie nickte und er schoss hinter seinen Freunden her aus dem Speisesaal.
Einige Gesellen saßen noch am ovalen Tisch und tranken Klah, aber die meisten Lehrlinge hatten sich zurückgezogen. Am Rundtisch frühstückte einsam Meister Morshai und warf ihr missgelaunte Blicke zu. Menolly verließ den Speisesaal und ging auf ihr Zimmer.
Ihre Feuerechsen lagen zusammengerollt auf dem Fensterbrett und hatten die Augen geschlossen. Prinzessin schaute kurz auf, als sie hereinkam, zirpte leise und schlief gleich wieder ein.
Von ihrem Aussichtspunkt im zweiten Stock konnte Menolly den Platz jenseits der Harfnerhalle und die breite Straße zur Burg überblicken. Dort herrschte bereits reges Treiben: Lasttiere zogen den Fluss entlang, im lockeren Trab, als spürten sie ihre Packen nicht. In einem großen Karree wurden Buden und Stände errichtet. Rund um die Tanzfläche hatte man bereits Tische und Bänke aufgestellt. Denn bei so vielen Harfnern gab es natürlich Musik genug. Menolly überlegte, ob man hier wohl andere Tänze kannte als in der Burg am Meer. Oh, sie freute sich auf das Fest! Es war ihr erstes seit vielen Planetenumläufen.
Menolly sah, wie die Mädchen aus der Pension kamen, vornehm herausgeputzt, mit zarten Schleiern, die ihre Frisuren vor der leichten Brise schützen sollten. Ah, wie gern sie ihnen die Haare einzeln herausgerissen hätte! Menolly verdrängte die Gedanken, selbst ein wenig erschrocken über ihren Hass. Schließlich hatten die Mädchen ihr Ziel nicht erreicht, Baron Groghe gegen sie aufzuhetzen. Weshalb machte sie sich also Sorgen? Es
gab bessere Dinge, mit denen sie sich beschäftigen konnte. Sie war keine Gastschülerin, sondern Lehrling. Sogar Lehrling des Meisterharfners!
Und sie hatte die Absicht, das zu bleiben. Mehr denn je, seit die Mädchen versuchten, sie von hier zu verdrängen. Sie wollte bleiben, ihnen und ihren Eltern zum Trotz. Sie wollte sich einen festen Platz hier erkämpfen, denn sie gehörte in die Harfnergilde, wie Meister Robinton immer wieder betonte. Hier konnte sie ihre Musikkenntnisse vervollständigen. Hier musste sie nicht nur einspringen, wenn jemand ausfiel, sondern hatte ihren ganz eigenen Aufgabenbereich. Und das ließ sie sich nicht von einer albernen Wherhenne nehmen, die mit irgendeinem reichen oder berühmten Großvater protzte wie etwa diese Pona.
Menolly fragte sich, was Silvina wohl unternommen hatte, um die Gerüchte einzudämmen. Doch dann verscheuchte sie diese Gedanken.War das Gerede wirklich so wichtig? Vor allem da Baron Groghe ihr doch wohlgesonnen schien und sie sogar gebeten hatte, seine Königin Merga abzurichten!
Menolly lachte leise. Wenn die Tratschtanten das erst erfuhren! Sie, die einzige Feuerechsen-Expertin von ganz Pern! In der Harfnerhalle warteten mehr Aufgaben auf sie, als sie gedacht hatte.
Eigentlich schade, die Sache mit den Mädchen. Besonders leid tat ihr, dass Audiva bei den anderen in der Pension wohnte. Mit ihr hätte sie gern näheren Kontakt bekommen. Eine Freundin in der Harfnerhalle - nun ja, sie hatte ja noch Piemur und Sebell.
Menolly trat vom Fenster weg, stimmte ihre Gitarre und begann, Brekkes Lied auszuarbeiten. Sie spielte leise, damit sie den Meisterharfner nicht störte, falls er in seinen Räumen war. Glaubte er ehrlich, dass man so eine kleine Melodie, mehr zum
Weitere Kostenlose Bücher