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Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis

Titel: Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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Lebenskraft des Weltenbaums erfüllt. Ohne es zu merken, hatte Sofia zu weinen begonnen. Lidja neben ihr war ebenfalls gerührt.
    » Du erinnerst dich auch an den prächtigen Marmortempel. An die Rituale vor dem Weltenbaum … Bis er kam und sich alles in einer düsteren grauen Wolke auflöste.«
    Die Stimme, mit der Lidja zu ihr sprach, war nicht mehr ihre eigene, sondern die Rastabans. Und aus Sofia antwortete ihr Thuban und erinnerte sich mit ihr: an den Tod des Freundes, an seine zerfetzten Flügel und sein weit aufgerissenes Maul, wie er um Luft rang für seinen letzten Atemzug.
    » Hier war kein Vulkan«, sagte Sofia. » Hier lag Drakonien. Als sich die Stadt zum Himmel erhob, blieb ein riesiger Krater zurück, der im Laufe der Jahrtausende zum Albaner See wurde.«
    Lidja nickte traurig, während sie sich weiter umblickte. Kein Lüftchen regte sich, um sie herum war nichts als die eintönige Ruhe eines Ortes, der auf geheimnisvolle Weise über Tausende von Jahren unverändert geblieben war, so als habe der Lauf der Zeit ihn nur gestreift, ohne ihm etwas anhaben zu können.
    Sie wischte sich die Tränen von den Wangen. » Es wird Zeit. Wir müssen endlich nach der Frucht suchen.«
    Schlagartig kam Sofia zu sich. Natürlich, sie mussten eine Aufgabe erfüllen. Um trüben Gedanken nachzuhängen, blieb ihnen keine Zeit.
    Sie legten die Helme auf dem Boden ab und machten sich auf den Weg. Mit jedem Schritt kreischten die Metallstiefel auf dem nackten Fels. Es war unglaublich anstrengend, sie überhaupt anzuheben. Eine Weile besann sich Sofia nur auf diesen Laut, bis sie plötzlich stehen blieb.
    » Was ist los?«, fragte Lidja.
    Sofia wusste es nicht. Es war ein eigenartiges Gefühl, einen Missklang, den sie wahrnahm, etwas, was sie nicht in Worte fassen konnte.
    » Ich habe mich wohl getäuscht. Komm, gehen wir weiter«, sagte sie, während sich ein Schatten mit roten Augen flink hinter einen Felsen duckte.

15
    Ein Kompass

    Sofia und Lidja kamen nicht weit. Die Stiefel waren einfach zu schwer. Irgendwann blieb Lidja stehen, zog sie aus und machte Anstalten, sie einfach dort zurückzulassen.
    » Aber die brauchen wir doch, um zum U-Boot zurückzukommen«, wollte Sofia sie zurückhalten.
    » Ja, genau wie die Helme. Aber die klaut uns hier doch keiner. Auf dem Rückweg sammeln wir die Sachen wieder ein.«
    Sofia seufzte, setzte sich auf den Boden und zog auch ihre Stiefel aus. Wahrscheinlich war es nicht sehr viel angenehmer, in Socken über die Felsen zu laufen als mit diesen Folterschuhen. Und da sie nun schon einmal dabei waren, legten sie auch noch ihre Anzüge ab, in denen sie sich beengt fühlten, während sie bei Gefahr rasch und flink handeln mussten. Erleichtert und sicher gingen sie weiter, mussten sich nicht absprechen, in welche Richtung, denn beide wussten, wo ihr Ziel lag. Eine innere Stimme führte sie, also würden sie diesen Ort nur zu gut kennen. Der Weg führte immer steiler bergab und mündete in einer engen Schlucht mit hohen Wänden. Ganz unten erkannten sie ein zerstörtes Gebäude, das wohl einmal ein Tempel gewesen sein musste: Kreisförmig angelegte Säulen, die blendend weiß, aber voller Risse und Löcher waren, trugen einen runden Giebel, der mit rötlichen Ziegeln gedeckt war.
    Verwundert blieb Lidja stehen. » Daran kann ich mich gar nicht erinnern …«
    Sofia schluckte. » Ich schon«, antwortete sie leise. » Der Tempel wurde nach Thubans Tod errichtet, als es keine Drachen mehr gab. Lung ließ ihn bauen.« Sie fragte sich, wieso sie sich an diesen Ort erinnerte, ihre Gefährtin jedoch nicht. Vielleicht waren in ihr nicht nur Thubans Erinnerungen lebendig, sondern auch die von Lung und der vielen Ahnen, die ihr mit den Drachenkräften im Herzen vorangegangen waren.
    » Ich hab so ein seltsames Gefühl, hier gibt es irgendwie bösartige Schwingungen«, bemerkte Lidja.
    » Wir sind genau über Nidhoggr«, antwortete Sofia. Lidja blickte sie fragend an. » Der wurde doch hier irgendwo von Thuban tief unter die Erde verbannt. Sehr tief unten natürlich«, beeilte sie sich hinzuzufügen. » Aber dieser Tempel wurde an der Stelle errichtet, wo der Drache den Zauber sprach. Hier fand der Entscheidungskampf zwischen den beiden mächtigsten Wesen statt.«
    Thubans und Lungs Erinnerungen überfluteten sie und ließen in ihrem Herzen Gefühle aufkommen, die sie mehr und mehr verwirrten. Ihre Kehle war wie ausgetrocknet, ihre Beine wurden schwer, ihr Blick verschleierte sich, und sie begann,

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