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Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis

Titel: Drachenschwester 01 - Thubans Vermächtnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Licia Troisi
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alles doppelt zu sehen. Nidhoggr, der Feind, dessen Kräfte sie im Kampf gegen den Jungen gespürt hatte, steckte dort unten in der Tiefe, getrennt durch einige Kilometer Fels. Und doch war er gegenwärtig.
    Lidja begann als Erste den Abstieg, während Sofia noch zaudernd die steile Felswand hinunterblickte. Sie hatte keine Ahnung, wo sie die Füße hinsetzen sollte.
    » Was ist? Worauf wartest du?«
    » Ich bin noch nie geklettert …«, antwortete sie unsicher.
    » Schau einfach, was ich mache, und steig dann hinter mir her. Wenn du Schwierigkeiten hast, kann ich dir gleich helfen.«
    So machten sie es. Sofia bemühte sich, den Blick nicht von der Wand abzuwenden. Der Höhenunterschied war nicht gewaltig, aber dennoch wusste sie nicht, wie sie das Schwindelgefühl beherrschen sollte. Schon nach ein paar Metern hatte sie das Gefühl, dass der Fels unter ihren Fingern bröselig wurde wie altes Brot. Gleich würde er nachgeben und sie würde in die Tiefe stürzen.
    Unverdrossen leitete sie Lidjas Stimme, erklärte ihr, wie sie sicher ihren Weg finden konnte.
    » Nur noch ein kurzes Stück. Dann hast du’s geschafft.«
    Vielleicht war es das trügerische Gefühl, tatsächlich bald am Ziel zu sein, jedenfalls verfehlte Sofia mit der rechten Hand um einige Zentimeter den richtigen Griff. Sofort geriet sie in Panik und rutschte auch mit der anderen Hand ab, sodass sie, wie in einem Albtraum, plötzlich im Leeren baumelte. Sofort erfüllte sie die schreckliche Gewissheit, dass sie im nächsten Augenblick abstürzen und auch Lidja mitreißen würde. Da überschlug sie sich schon, fiel und krachte zu Boden, wo sie reglos zwischen den Felsen liegen blieb. Sie war mit dem Kopf aufgeschlagen, und völlig benommen sah sie, wie Lidja sich mühsam aufrappelte und prüfte, ob sie sich verletzt hatte. Doch zum Glück hatten sie beide, als sie stürzten, den Fuß der Wand schon fast erreicht, sodass sie den Aufprall ohne großen Schaden überstanden hatten.
    » Vielleicht solltest du dich beim Training mal ein wenig mehr anstrengen …«, meinte Lidja vorwurfsvoll, während sie sich den schmerzenden Rücken massierte.
    Sofia versuchte herauszufinden, welche ihrer Knochen tatsächlich gebrochen waren. Alle taten weh. Ohne Ausnahme. Jetzt errötete sie. » Tut mir leid, ich …«
    Lidja reichte ihr die Hand. » Nimm dir nicht immer alles so zu Herzen«, murmelte sie entnervt und zeigte dann in eine Richtung. » Schau mal, immerhin sind wir da.«
    Der Tempel war in einem erbarmungswürdigen Zustand, die Kuppel war teilweise eingestürzt. Sofia hatte ein mulmiges Gefühl, meinte sogar, Geräusche zu hören, so als lauere ihnen zwischen diesen Ruinen etwas auf. Ohne zu zaudern, trat Lidja ein, und um nicht wieder zurückzubleiben, folgte ihr Sofia auf der Stelle.
    Drinnen war es stockfinster. Zum Glück hatten beide die Taschenlampen dabei, die sie zuvor von ihren Taucheranzügen losgebunden hatten. Sie schalteten sie ein, doch bevor Lidja wieder vorausgehen konnte, hielt Sofia sie am Arm fest und warnte sie: » Pass auf, der Boden ist abschüssig.«
    Wieder wunderte sie sich, wie leicht ihr diese Erinnerungen in den Kopf kamen.
    Lidja richtete den Strahl ihrer Taschenlampe nach unten. Es stimmte. Der Fußboden bildete einen spiralförmigen Trichter, der genau in der Mitte der runden Halle zusammenlief. Und dort war etwas. » Die Frucht …«, raunte Lidja.
    Sofia hatte den gleichen Gedanken. Aber sie konnte sich nicht darüber freuen. Sie war unruhig, so als hätten sich die Geräusche, die sie draußen vernommen hatte, in ihrem Gehör festgesetzt. Es drohte Gefahr, das spürte sie überdeutlich. Aber was konnte es sein? Oder war es wieder einmal ihr ängstlicher Charakter, der ihr einen Streich spielte und ihre Fantasie beflügelte?
    Lidja lief bereits die Spirale hinunter und hielt entschlossen auf die tiefste Stelle in der Mitte zu. Sofia beeilte sich, ihr nachzukommen. Unten angelangt erkannten sie eine längliche Platte aus schwarz glänzendem Stein, die keine zehn Zentimeter breit war. Sie knieten nieder und betasteten sie. Warm fühlte sie sich an, sie glühte fast. Doch mehr war nicht zu erkennen.
    Lidja schaute sich suchend um. » Hier muss aber etwas sein. Wir haben es doch beide gespürt.«
    Sofia wusste nicht, was sie sagen sollte. Und ihre Erinnerungen halfen ihr diesmal auch nicht. Lung hatte zwar diese Tempelanlage errichten lassen, doch nun sprachen seine Erinnerungen nicht mehr zu ihr, verrieten ihr nicht, wo die Frucht

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