Drachenseele (German Edition)
neben Marcus auf das Bett. „Lassen Sie uns bitte vernünftig miteinander umgehen.“
„Kein Problem. Aber es ist mein gutes Recht eine Therapie abzulehnen!“
„Ja, das ist Ihr Recht.“
Dann war doch alles geklärt und er konnte endlich nach Hause.
Dr. Lefrat wandte sich Marcus zu. „Nur fürchten wir, sind Ihnen die Konsequenzen nicht klar.“
„Die Konsequenz daraus ist, dass ich die verbleibenden Monate nicht in einem Krankenhaus verbringen werde“, sagte Marcus mit einem festen Blick zu Dr. Kramer, der sich beruhigt hatte.
„Genau da fängt das Problem an.“ Dr. Lefrat baute sich vor Marcus auf. „In den nächsten Wochen werden sich Ihre Kopfschmerzen weiter verstärken. Übelkeit, Bewegungsausfälle, s o wie Sehstörungen bis hin zur völligen Erblindung werden Sie erwarten. Diese Bewusstseinsstörung, die hinter Ihnen liegt, kann sich jederzeit wiederholen.“ Sie legte ihre Hände auf Marcus Schultern. „Verstehen Sie, Ihre Schmerzen sind nur erträ g lich, weil wir Sie mit einem starken Schmerzmittel versorgt h a ben.“
Marcus spürte, wie er mechanisch den Kopf schüttelte. Das klang nicht danach, sein Leben zu genießen, das hörte sich eher nach einem Horrortrip an.
„Um ehrlich zu sein“, Dr. Kramer kam auf Marcus zu, „sind wir bei der Größe und der Art des Hirntumors nicht davon ausgegangen, dass Sie überhaupt noch mal ansprechbar sein werden. Sie hier recht munter vor uns zu sehen beweist, was für eine Kämpfernatur in Ihnen steckt.“
„Wir versuchen Ihnen nur klar zu machen, wie weit der Tumor Ihr Gehirn und damit Ihr Leben beeinträchtigen wird.“ Die Beruhigungstante nahm ihre Hände von seinen Schultern. „Wenn Sie sich gegen die Bestrahlung entscheiden, ist das Ihr Todesurteil, für das Sie selbst verantwortlich sind.“
Marcus fehlten die Worte. Sein Kopf fühlte sich leer an. Sämtliche Überlegungen schienen an ihm vorbei zu sausen, ohne die Chance, an einem Gedanken festzuhalten. Dr. Kramer kam dicht an ihn heran. „Wir können einer Entlassung nicht zustimmen.“
Marcus hörte die Worte, doch es kam ihm vor, als würden sie nicht ihm gelten.
„Sie selbst dürfen die Verantwortung nur übernehmen, wenn Sie jemanden haben, der Sie rund um die Uhr versorgen und im schlimmsten Fall auch pflegen kann. Sie sollten sich das mit der Bestrahlung gut überlegen. Noch haben Sie eine Chance.“ Dr. Lefrat trat zurück. Dr. Stelzer, die Psychologin, schob die anderen aus dem Zimmer, dann setzte sie sich zu Marcus auf das Bett. „Wir möchten Ihnen helfen, Herr Sonntag. Haben Sie jetzt Schmerzen?“ Marcus verneinte mit einer Kopfbewegung.
„Wir werden uns bemühen, es Ihnen so angenehm wie möglich zu machen, egal, ob Sie sich für eine Bestrahlung entsche i den oder nicht.“
Marcus musste heftig schlucken. Das Ganze konnte nur einer seiner lebhaften Träume sein. Verdammt, er wollte leben! Er wollte nicht sterben und seine Ziele, seine Träume umsonst festgehalten haben. Zu allem Überfluss spürte er wie ihm Tränen kamen, die er dennoch erfolgreich unterdrückte. „Seit ich aus dem Heim in die WG gezogen bin, sehne ich mich nach einer eigenen Wohnung.“ Er konnte nur flüstern, zu groß war der Kloß in seinem Hals. Er drehte die Handfläche nach oben, öffnete seine Faust, um auf den Wohnungsschlüssel zu schauen. „Ich hatte ihn an jenem Abend erhalten. Nicht mal zum Aufschließen bin ich mehr gekommen.“
„Darf ich Sie Marcus nennen?“
Er nickte. Das gefiel ihm ohnehin besser, als Herr Sonntag. Den Namen trug er nur, weil er an einem Sonntag gefunden wurde.
„Wenn du der Bestrahlung zustimmst, werde ich die Getränke für deine Einweihungsparty spendieren.“
Er spürte das Lächeln in seinen Mundwinkeln. „Ich bin nicht bestechlich.“
„Das zeugt von Charakterstärke.“ Sie legte ihre Rechte mit der Handfläche nach oben auf Marcus Schenkel. „Komm schon, Marcus! Sag ja zum Leben.“
Sein Blick wanderte von der Hand zu ihrem Gesicht. Eine innere Stimme sagte nein, das ist der falsche Weg. Sein Hunger nach Leben aber schrie ja. „Ich würde mir das gern durch den Kopf gehen lassen.“
„In Ordnung!“ Sie blickte zur Uhr. „Bis zwölf Uhr bin ich noch im Haus. Dann schaue ich noch mal hier vorbei, ja?“
Marcus antwortete mit einem Nicken
Endlich Ruhe! Niemand, der ihm weitere Hiobsbotschaften übermittelte. Er streifte sich sein T-Shirt über. Die Mediziner hatten tatsächlich solange auf ihn eingeredet, bis er beinah
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