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Drachenspiele - Roman

Titel: Drachenspiele - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Blessing <Deutschland>
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erstaunte Gesicht ihres Bruders und wollte sofort wissen, was Paul gesagt hatte; er bedeutete ihr, noch einen Moment Geduld zu haben, er wollte erst Da Longs Antwort hören und dann übersetzen.
    Â»Was hast du gesagt?«, wiederholte sie flüsternd.
    Â»Gleich.«
    Bevor sie insistieren konnte, erwiderte ihr Bruder: »Wenn es dir nicht zu viele Umstände macht, wäre ich dir dafür außerordentlich dankbar. Vier Ohren hören mehr als zwei.«
    Â»Dann bleibe ich gern«, antwortete Paul und wandte sich zu Christine: »Ich habe ihn gefragt, ob es ihm helfen würde, wenn ich am Dienstag hier wäre.«
    Sie schaute verstört zu ihm herüber. »Meinst du das ernst?«
    Â»Ja.«
    Â»Wie kommst du darauf? Ich muss heute zurück nach Hongkong.«
    Â»Ich weiß. Ich bringe dich zum Flughafen und bleibe bei dir, bis du durch die Passkontrolle bist. Keine Sorge.«
    Â»Darum geht es nicht«, antwortete sie empört.

    Â»Worum dann?«
    Â»Dass du so eine Entscheidung triffst, ohne vorher darüber mit mir zu reden.«
    Â»Christine. Die Idee ist mir ganz spontan gekommen. Ich bleibe nicht zu meinem Vergnügen hier. Ich versuche deinem Bruder zu helfen!«
    Â»Das ist mir egal. Wir hätten wenigstens ein paar Minuten auf den Hof gehen können, um darüber zu sprechen. Wie willst du ihm überhaupt helfen? Seit wann verstehst du etwas von Medizin?«
    Er hatte sie noch nie so aufgebracht gesehen. Er wollte ihr von seinen Gesprächen mit Ärzten erzählen, von der Einsamkeit in solchen Momenten, aber in ihrem Blick lagen so viel Ärger und Wut, dass er lieber schwieg. Als wolle sie ihm zu verstehen geben: Das ist nicht mein Bruder, dem du zur Seite stehst. Das ist ein Fremder, mit dem ich zufällig die Eltern teile.
    Die folgenden zwei Stunden waren mühsam. Da Long saß am Bett seiner Frau oder machte sich in der Küche zu schaffen. Yin-Yin bemühte sich umständlich um ein Gespräch mit ihnen. Erzählte ein wenig von ihrer Mutter und deren wunderschöner Stimme, von kleinen Konzerten, die sie zusammen gegeben hatten, von ihrem Studium, von Shanghai. Fragen stellte sie nicht.
    Christine hatte Mühe, ihren Zorn zu unterdrücken. Es war ihr deutlich anzumerken, dass sie sich lieber früher als später auf den Rückweg nach Hongkong machen wollte, und als Yin-Yin ihr anbot, sie zum Flughafen zu begleiten, sie müsse ohnehin heute zurück nach Shanghai, nahm sie dankend an.

    Paul nahm eine Flasche Bier aus der Minibar, trank sie in drei Zügen leer, löschte die Nachttischlampe, legte sich aufs Bett und verschränkte die Arme hinter dem Kopf. Von draußen erhellten Neonlichter in regelmäßigen Abständen das dunkle Zimmer.
    Das Telefon klingelte, es war Christine aus Hongkong. Sie waren pünktlich gelandet, sie sei zu Hause und wolle ihm eine gute Nacht wünschen. Sie habe noch einmal über seine Entscheidung nachgedacht und respektiere sie nun, auch wenn sie nicht wisse, was Paul als medizinischer Laie tun könne. Trotzdem entschuldigte sie sich für ihren Wutausbruch. Eine Überreaktion, keine Frage. Die beiden Tage hatten sie über die Maßen angestrengt, die Aussicht, ohne ihn nach Hongkong fahren zu müssen, hatte ihr gar nicht gefallen. Es tat ihr leid.
    Katzen. Tote Katzen. Wahnsinnig werdende Katzen. Die Erinnerungen kehrten allmählich zurück. Paul setzte sich an den Computer, ohne das Licht anzumachen, der fahle, weißblaue Schein des Bildschirms genügte, um die Tastatur zu beleuchten. Er gab ein Schlagwort von damals ein, gleich der erste Klick führte ihn zu einer nützlichen Webseite, der nächste brachte ihn weiter. Und weiter. Jeder Link nährte seinen Verdacht. Plötzlich war Schluss. Die Webseite der New York Times , in deren Archiv er wollte, war gesperrt. Die der BBC ebenfalls. Er versuchte die Washington Post , vergeblich. Paul überlegte, wie er die chinesische Internetzensur umgehen könnte. Er versuchte es auf Umwegen, die Medienseiten blieben trotzdem gesperrt, die Verbindung brach nun alle paar Minuten zusammen, und dann war der Zugang zum Internet ganz weg. Seine Versuche, ihn wiederaufzubauen, blieben erfolglos.
    Er rief beim Concierge an. Der konnte sich das nicht erklären,
es lägen keine Beschwerden anderer Gäste vor. Der Computer des stellvertretenden Managers stünde wieder zur Verfügung. Paul beschlich ein ungutes

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